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Arbeitszeugnis: Ärger beim Austritt vermeiden

Vorherrschende Probleme in der Praxis

Für den Arbeitgeber hat das Arbeitszeugnis in der Praxis einen geringen Nutzen, bereitet aber viel Ärger und Arbeit. Der Nutzen ist gering, da der Arbeitgeber in rechtlicher Hinsicht zur Erstellung eines wohlwollenden Arbeitszeugnisses verpflichtet ist. Dies hat in der Praxis dazu geführt, dass die meisten Arbeitnehmer mit “gut” bewertet werden, um Ärger vor dem Arbeitsgericht zu vermeiden.

Häufig ist unbekannt, dass eine wohlwollende Bewertung nicht gleichbedeutend ist mit einer guten Bewertung.

Da aber die meisten Arbeitgeber Streit über das Arbeitszeugnis vermeiden wollen, wird eine schlechte Note in der Praxis nur selten vergeben. Die Konsequenz ist, dass man einem guten Arbeitszeugnis nur wenig Glauben schenken kann.

Trotzdem sollte man es sich bei der Erstellung eines Arbeitszeugnisses nicht zu leicht machen. Der Arbeitgeber hat eine Wahrheitspflicht.

Gefälligkeitszeugnisse sind rechtlich nicht zulässig.

Die Konsequenzen eines Verstoßes gegen die Wahrheitspflicht zeigten sich auf besonders drastische Weise am Fall Niels Högel: Hierbei handelt es sich um einen Altenpfleger aus Niedersachsen, der in mehreren Kliniken aus niederen Beweggründen Menschen tötete. Herr Högel hatte ein Arbeitszeugnis mit der Note gut erhalten, obwohl es Hinweise auf seine Taten gab.

Daher sollte in der Regel die Note befriedigend vergeben werden, wenn man mit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht zufrieden war. Begehrt der Arbeitnehmer eine bessere Note, muss er dies vor dem Arbeitsgericht beweisen, was relativ schwierig ist.

Bei der Erstellung eines Arbeitszeugnisses kann der Arbeitgeber – teilweise unbeabsichtigt – viel falsch machen. Erhält der Arbeitnehmer ein Zwischenzeugnis oder nach Ausscheiden sein Endzeugnis, können zumindest Formfehler leicht vermieden werden. Schwieriger zu vermeiden sind Fehler bei der Bewertung, da die Zeugnissprache und ihre Tücken nicht immer bekannt sind.

In der Praxis werden die Noten mangelhaft und ausreichend nur selten vergeben, da den Arbeitgeber in diesem Fall die Beweislast im Prozess trifft. Die Noten sehr gut und gut sind hingegen vom Arbeitnehmer darzulegen. Vorsicht ist auch geboten bei der Bewertung mit sehr gut: Diese Note ist häufig mit der Wahrheitspflicht des Arbeitgebers nicht vereinbar, weil der Arbeitnehmer dann durchgehend Topleistungen erbringen muss. In der Regel sollte diese Note also mit Vorsicht vergeben werden. Dies ist auch im Interesse des Arbeitnehmers, da viele Personaler sonst von einer Gefälligkeitsnote ausgehen.

Arbeitszeugnis: Formelle Vorgaben

Das Arbeitszeugnis ist schriftlich auf einem Firmenbriefbogen zu erstellen. Das Ausstellungsdatum muss mit dem letzten Tag des Arbeitsverhältnisses identisch sein. Grammatik und Rechtschreibung müssen einwandfrei sein.

Jedes Arbeitszeugnis muss kompetenzgerecht unterschrieben sein. Unzulässig ist die Unterschrift einer Person auf derselben betrieblichen Hierarchieebene wie der Ausscheidende. Im Zweifel wird das Arbeitszeugnis von der Geschäftsführung unterschrieben. Geschrieben werden muss das Zeugnis in deutscher Sprache. Englisch ist in der Regel auch dann unzulässig, wenn dies die Konzernsprache ist.

Knicke, Risse und Fettflecken sind zu vermeiden. Ein Knicken des Arbeitszeugnisses beim Versenden ist in der Regel zulässig. Häufig unbekannt: Das Arbeitszeugnis ist eine Holschuld. Der Arbeitgeber ist rechtlich gar nicht zum Versand verpflichtet. Vielmehr muss der Arbeitnehmer das Arbeitszeugnis beim Arbeitgeber abholen.

“Tricks” bei den formellen Vorgaben sollten vermieden werden, weil das Arbeitszeugnis dann nicht mehr wohlwollend ist. Rechtschreibfehler können eine negative Bewertung zum Ausdruck bringen. Dasselbe gilt für auffällige Formatierungen. Eine Unterzeichnung mittels Bleistift ist mangels Üblichkeit in der Praxis unzulässig.

Was hat der Arbeitnehmer im Unternehmen gemacht?

Das Unternehmen selbst sollte in zwei bis drei Sätzen dargestellt werden, damit die Tätigkeit des Arbeitnehmers besser nachvollzogen werden kann. Hierbei kann auf den Gegenstand des Unternehmens, die Anzahl der Mitarbeiter und ggf. den Umsatz eingegangen werden. Ein­tritts- und Austrittsdatum müssen korrekt wiedergegeben werden. Dasselbe gilt für Name, Geburtsdatum und Geburtsort des Arbeitnehmers.

Das Arbeitszeugnis muss darüber hinaus eine wertungsfreie, aber korrekte Beschreibung von Aufgaben, Werdegang im Unternehmen und ggf. Führungsverantwor­tung enthalten.
Der Grund für das Ausscheiden darf nicht ohne Zustimmung des Arbeitnehmers aufgenommen werden. Eine Kündigung durch den Arbeitgeber sollte nur bei betriebsbedingten Gründen angegeben werden. Es versteht sich von selbst, dass verhaltens- und personenbedingte Gründe nicht zu erwähnen sind. Um Ärger mit dem Arbeitnehmer zu vermeiden, sollte das Arbeitszeugnis im Zweifel zum Grund des Ausscheidens schweigen.

Arbeitszeugnis: Bewertung der Arbeitsleistung

Die Bewertung des Arbeitnehmers erstreckt sich auf Leistung und Sozialverhalten. Die Leistung wird je nach Tätigkeit unterschiedlich gegliedert und beschäftigt sich insbesondere mit folgenden Fragen:

  • Welches Fachwissen hat der Arbeitnehmer?
  • Welche Auffassungsgabe hat er?
  • Wird auch in stressigen Situationen effektiv für den Arbeitgeber gearbeitet?
  • Auch das Maß der Arbeitsbereitschaft ist zu bewerten.

Ein Schwerpunkt ist die Bewertung von Arbeitsweise und Arbeitsergebnissen. Zur Arbeitsweise gehören Sorgfalt, Teamfähigkeit und Zielorientierung. Zum Thema Arbeitsergebnisse gehören Qualität und Verwertbarkeit der Arbeit, Tempo und soweit vereinbart auch das Erreichen von Umsatzzielen.

Wenn der Arbeitnehmer Führungsverantwortung hatte, muss das Arbeitszeugnis auch hierzu eine Bewertung enthalten. Hier kommt es nicht nur auf die Leistung des jeweiligen Arbeitnehmers an, son­dern auch auf die erreichten Arbeitsergebnisse des geführten Teams.

Schließlich muss das Arbeitszeugnis eine zusammenfassende Bewertung der Leistungen beinhalten. Einzelbewertungen und zusammenfassende Gesamtbewertung müssen passen. Sind alle Einzelbewertungen gut, muss auch die Gesamtbewertung gut sein.

Folgende Formulierungen sind in der Praxis üblich:

Note Sehr gut: stets, jederzeit oder immer zu unserer vollsten Zufriedenheit

Not Gut: zu unserer vollsten (= stets zu unserer vollen) Zufriedenheit

Note Befriedigend: zu unserer vollen Zufriedenheit (= stets zu unserer Zufriedenheit)

Note Ausreichend: zu unserer Zufriedenheit

Note Mangelhaft: insgesamt zu unserer Zufriedenheit

Note ungenügend: der AN hat sich bemüht, der AN hat die ihm übertragenen Aufgaben mit großem Fleiß und Interesse durchgeführt

Auch das Sozialverhalten muss beschrieben und bewerten werden. Die Notenstufen werden in der Regel im Arbeitszeugnis mit folgenden Formulierungen beschrieben: Ihr Verhalten zu Vorgesetzten, Arbeitskollegen, Mitarbeitern und Kunden war

  • stets vorbildlich: sehr gut
  • vorbildlich oder stets einwandfrei: gut
  • einwandfrei: befriedigend
  • ohne Tadel: unterdurchschnittlich

Der Arbeitgeber hat bei der Bewertung einen gewissen Beurteilungsspielraum, der vor Gericht kaum angreifbar ist. Möchte man eine realistische Bewertung des Arbeitnehmers abgeben, wird in der Regel die Note gut oder befriedigend angemessen sein.

Schlussformel als abschließende Zusammenfassung

Neben der Leistungsbeurteilung ist eine weitere Bewertung in der Praxis üblich, die in der abschließenden Bedauerns-, Dankes- und Wunschformel zum Ausdruck gebracht wird. Ein Indiz für die Note “gut” ist z.B. die folgende Formulierung:

„Wir danken Herrn Maier für seine wertvolle Mitarbeit und bedauern es, ihn als Mitarbeiter zu verlieren. Für seinen weiteren Berufs- und Lebensweg wünschen wir ihm alles Gute und auch weiterhin viel Erfolg.“

Ein Rechtsanspruch auf eine Schlussformel besteht nicht.

Hier ist das BAG ausnahmsweise sehr streng gegenüber Arbeitnehmern. Möchte man also den Arbeitnehmer beim Ausscheiden “ärgern”, verzichtet man als Arbeitgeber auf eine Schlussformel. Zu diesem Mittel sollte man aber nur greifen, wenn man mit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers überhaupt nicht zufrieden war. Ein Zeugnis ohne Schlussformel ist für Bewerbungszwecke nicht geeignet und faktisch mit einer mangelhaften Bewertung gleichzusetzen.

Dr. Ulrich Hallermann

Dr. Ulrich Hallermann wurde 1978 in Trier geboren, hat Jura in Mannheim studiert und sein Referendariat in Frankenthal gemacht. In seiner 2009 gegründeten Kanzlei in Worms-Herrnsheim betreut er Kunden im Mietrecht, Arbeitsrecht und Immobilienrecht.

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