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Um neue, bahnbrechender Ideen zu entfachen, muss man kein Genie sein. Davon war der Erfinder der Glühbirne, Thomas Edison, überzeugt. Viel wichtiger ist ein klares Ziel und ein sehr strukturiertes Vorgehen. Und dieses „Edison-Prinzip“ kann man lernen.

  • Womit verdienen wir künftig unser Geld?
  • Wie können wir günstiger produzieren?
  • Wo gibt’s neue Märkte für unsere Produkte?

Vor solchen Fragen stehen die Verantwortlichen in den Unternehmen oft – gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Und nahezu endlos zermartern sie sich hierüber den Kopf. Denn ihnen fehlt die zündende Idee – selbst nach tagelangem Brainstormen.

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Stellen die Verantwortlichen dies fest, verkrampfen sie oft mehr und mehr. Panisch suchen sie nach einem Strohhalm, der ihnen (scheinbar) die Lösung verspricht – insbesondere, wenn sie zeitgleich zum Beispiel spüren „Die Krise verschärft sich“ und die Fragen, die wir uns stellen, bedürfen immer dringender einer Antwort.

Dabei ist es oft recht einfach, neue Lösungen für Probleme zu finden. Das hat der Erfinder der Glühbirne Thomas Edison (1847 bis 1931) bewiesen. Er war von einem unstillbaren Erfindergeist beseelt. Zugleich ging er jedoch sehr zielgerichtet vor. Denn seine Maxime lautete:

„Was sich nicht verkaufen lässt, das will ich auch nicht erfinden.“

Entsprechend strukturiert war seine Arbeitsweise. Sein Edison-Prinzip gliederte sich in sechs Schritte.

Schritt 1: Erfolgschancen erkennen – sehen, was andere übersehen

Nehmen wir an, du willst ein neues Produkt entwickeln, das dir hohe Umsätze verspricht. Oder du möchtest deine Produktionskosten um 20 Prozent senken. Dann kannst du dich mit KollegInnen zusammen setzen und wild drauflos nach irgendwelchen (verrückten) Ideen suchen. Entsprechend werden die Resultate meist sein: weitgehend unbrauchbar.

Das erkannte Thomas Edison lange bevor es das sogenannte Brainstorming gab. Deshalb reifte in ihm die Erkenntnis: Wenn ich etwas Brauchbares entwickeln möchte, dann benötige ich zunächst einen Ansatzpunkt, an dem ich mit der Ideensuche ansetze. Zum Beispiel ein Problem, mit dem sich viele KundInnen herumschlagen. Oder ein Problem, das MitarbeiterInnen bei der Arbeit oft haben. Erst wenn ich dieses identifiziert und definiert habe, kann ich gezielt nach einer Lösung suchen.

Für das Finden eines solchen Ansatzes gibt es viele Wege – zum Beispiel Kundenbeschwerden, Marktstrukturen oder Abläufe analysieren. Und dieser Prozess lässt sich durchaus systematisieren. Das haben zum Beispiel einige Automobilindustriezulieferer getan. Sie beschäftigen MitarbeiterInnen, deren Aufgaben primär darin bestehen, an den Fertigungsstraßen der Automobilhersteller, also ihrer KundInnen, zu schauen:

  • Wo treten Probleme auf?
  • Welche Teile können die Mechaniker schwer montieren?
  • Wo gibt es Verzögerungen?
  • Wo ist der Verschleiß hoch?

Diese „Probleme“ nutzen die Zulieferer als Ansatzpunkte zum Entwickeln neuer Produkte und Dienstleistungen – oder zum Weiterentwickeln bestehender Produkte.

Ähnlich kannst du vorgehen. Nehmen wir an, du wärst ein Hersteller von Wandfarben und würdest immer wieder registrieren: Den KundInnen bereitet es Probleme, die schweren Farbeimer in ihre Wohnungen zu tragen. Sie empfinden es zudem als lästig, dass sie vor dem Streichen stets die halbe Wohnung leer räumen und außer dem Fußboden auch Türen und Fenster abkleben müssen. Und sie ärgern sich oft darüber, dass sie mal zu viel und mal zu wenig Farbe kaufen. Alle diese Punkte könnten Ansatzpunkte für das Entwickeln neuer Problemlösungen, sprich Produkte sein.

Wichtig ist also, dass du siehst, was andere – zum Beispiel deine MitbewerberInnen – übersehen. Denn hieraus ergeben sich neue Erfolgschancen.

Schritt 2: Denkautobahn verlassen – dem Ideenstau ausweichen

„Millionen Fliegen können sich nicht irren.“

Gemäß dieser Maxime agieren viele Unternehmen – nicht nur beim Ideen-suchen. Das heißt: Sie bewegen sich stets auf denselben ausgetretenen und verstopften Denkautobahnen statt auch mal über Nebenstraßen zu fahren.

Solche Nebenstraßen kannst du mit sogenannten assoziativen Fragen leicht ermitteln. Hierfür ein Beispiel. Nehmen wir an, bei Projekten von dir sind häufig zahlreiche Nachbesserungen nötig – was deine KundInnen verärgert und deine Gewinnmarge auffrisst. Dann könntest du auf einem Blatt Papier folgendes Ziel formulieren: „Projektplanung optimieren“.

Notiere darunter oder darum herum alles, was dir hierzu einfällt. Diese Punkte kannst du danach in eine Tabelle übertragen und daraus konkrete Fragen ableiten. Ein Beispiel. Du hast die Assoziation „Unvorhergesehene Ereignisse.“. Dann kann die Frage lauten: „Wie können wir Unvorhergesehenes besser einplanen?“.

Oder eine Assoziation lautet „Missverständnisse“. Dann kann die Frage lauten: „Wie können wir eindeutiger kommunizieren?“ Wenn du so vorgehst, hast du im Handumdrehen zahlreiche Ansatzpunkte, um das Problem zu lösen.

Assoziationen -> Fragen

  • Unvorhergesehenes: Wie können wir Unvorhergesehenes besser einplanen?
  • Panik: Wie können wir unseren KundInnen die Angst vor Notfällen nehmen?
  • Notruf: Wie können wir einen Notruf einrichten?
  • Verärgerung: Wie können wir dafür sorgen, dass unsere KundInnen nicht verärgert werden?
  • Informationsverlust: Wie können wir „stille Post“ verhindern?
  • Missverständnisse: Wie können wir eindeutiger kommunizieren?

Oft hilft auch ein Perspektivenwechsel weiter. Frage dich zum Beispiel: Wann würden die KundInnen sagen „Die haben ein 1A-Projektmanagement?“ und „Was können wir tun, um …?“

Oder analysiere, wie andere Berufsgruppen oder Branchen Projekte managen. Zum Beispiel Architekten oder Spezialmaschinenbauer. Auch so eröffnen sich dir neue Wege.

Schritt 3: Inspiration suchen – kreatives Neuland betreten

Um zu neuen Lösungsansätzen zu gelangen, sammelte Edison gezielt Inspirationen – also Impulse sowie Anregungen aus völlig unterschiedlichen Wissens- und Anwendungsgebieten. Diese kombinierte er miteinander, um auf neue Einfälle und Ideen zu kommen. Das ist ein weiterer Schritt im Edison-Prinzip.

Viele neue Geschäfts-, Produkt- und Problemlösungsideen entstehen, indem bereits Bekanntes neu verknüpft wird. Was steckt zum Beispiel hinter der Geschäftsidee, schwarze Socken im Abonnement zu verkaufen? Die Idee, das Abokonzept der Zeitschriftenverlage auf den Vertrieb von Socken via Internet zu übertragen.

Und was tat Apple-Chef Steve Jobs, bevor er den ersten iMac in einem transparenten, farbigen Gehäuse auf den Markt brachte? Er kombinierte das innovative Gehäuse mit den Farben von Gummibärchen.

Der berühmte Blick über den Tellerrand hinaus lohnt sich aber meist nur, wenn er gezielt erfolgt. Das heißt, du solltest vorab wissen, wonach du suchst und worauf du deshalb deinen Blick richten solltest. Damit dein Blick nicht ziellos durch die Gegend schweift, solltest du, wenn du zum Beispiel in anderen Branchen oder fremden Disziplinen nach Lösungsansätzen suchst, wie folgt vorgehen:

  • Stelle dir zunächst eine Ausgangsfrage, die dein Problem umreißt (zum Beispiel: Wie kann man mehrere Farbeimer zugleich problemlos tragen?).
  • Leite aus dieser Frage eine allgemeine ab (zum Beispiel: Wie kann man schwere und sperrige Güter so verpacken, dass sie leicht transportierbar sind?)
  • Suche dann gezielt nach Lösungswegen (mögliche Frage: Wie werden in anderen Branchen Güter so verpackt, dass sie leicht tragbar sind?).

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Schritt 4: Spannung erzeugen – wenn Geistesblitze zum kreativen Gewitter werden

Ein Geschäftsfreund sagte bewundernd über Thomas Edison:

„Er dreht den Kopf und die Dinge kommen aus ihm wie bei einem Kaleidoskop in den verschiedensten Kombinationen heraus – und die meisten davon sind patentierbar.“

Das heißt, Thomas Edison fügte vorhandene Einzelteile, ähnlich wie beim Puzzeln, immer wieder neu zusammen, bis er die gewünschte Lösung oder gar mehrere gefunden hatte. Und mit der Zeit entwickelte er darin eine gewisse Expertise und Routine. Das kannst du auch machen, wenn du zum Beispiel aufgrund deiner assoziativen Fragen oder des gezielten Perspektivenwechsels, die nötigen Einzelteile zusammengetragen hast. Dann musst du diese nur noch kombinieren – um zum Beispiel als Farbenhersteller auf die Idee zu kommen, für KundInnen, die nur eine kleine Fläche streichen möchten, ein „Zwei-Quadratmeter-Set“ zu entwickeln.

Für dieses Kombinieren gibt es eine Reihe erprobter Methoden. Eine ist die morphologische Matrix. Das Vorgehen sei an einem Beispiel erklärt. Nehmen wir an, du willst Wandfarbe so verpacken, dass sie leicht trag- und transportierbar ist. Dann solltest du in eine Tabelle zunächst die verschiedenen Elemente schreiben, die eine Verpackung auszeichnen – zum Beispiel

  • Verpackungsarten
  • Verpackungsmaterialien
  • Verpackungsgrößen
  • Trage-/Transporthilfen

Unter diese Oberbegriffe kannst du dann die verschiedenen „Lösungen’“ schreiben – unter Trage-/Transporthilfen zum Beispiel: „Griffe, Henkel, Laschen, Rollen, usw.“.

Wenn du dies gemacht hast, kannst du die Begriffe, die unter den Oberbegriffen stehen, beliebig kombinieren und sich anschließend fragen: Welche Vor- und Nachteile hat diese Kombination?

Vielleicht zeigt sich bei dieser Analyse, dass es für gewisse Kundengruppen sinnvoll wäre, die Farbe wie flüssiges Waschmittel in Plastikflaschen mit integriertem Griff abzufüllen.

Schritt 5: Ordnen und optimieren – einen Goldriecher entwickeln

Oft werden gute Grundideen für neue Produkte oder Problemlösungen vorschnell verworfen, weil die ExpertInnen sagen: Das funktioniert nicht. Dabei könnten sie vielfach funktionieren, wenn…

Eine Ursache hierfür ist: Gerade „alten Hasen“ fällt es oft schwer, gewohnte Denk- und Lösungspfade zu verlassen. Deshalb machte Thomas Edison, wenn er eine Idee hatte, zunächst unzählige Skizzen. Du solltest ihm vor Augen führen, wie das Ergebnis aussehen könnte, wenn…

Erst wenn er die verschiedenen Umsetzungsmöglichkeiten genau vor sich sah und all ihre Variationen durchdacht hatte, entschied er sich für oder gegen eine Idee. Ähnlich solltest du vorgehen.

Frage dich, wenn du eine mögliche Problemlösung identifiziert hast:

  • Unter welchen Voraussetzungen wäre diese Idee (doch) realisierbar?
  • Was hindert uns daran, diese Idee zu realisieren?

So stellst du sicher, dass gute Ideen nicht vorschnell verworfen werden.

In einem zweiten Schritt solltest du dich selbstverständlich auch fragen:

  • Könnten wir mit der angedachten Lösung unsere Ziele überhaupt erreichen? Zum Beispiel ein neues Marktsegment besetzen? Oder die Kosten um 20 Prozent senken?
  • Würde diese Lösung mit anderen Zielen kollidieren, die wir erreichen möchten? Zum Beispiel, dass unsere KundInnen sehr zufrieden sind? Oder dass wir eine Rendite von 20 Prozent erzielen?

So wird schnell klar, welche Ideen wirklich erfolgversprechend sind, und an welchen Ecken und Kanten du noch feilen musst, damit aus der guten Idee eine Top-Lösung wird.

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Schritt 6: Nutzen maximieren – zum Ideenverkäufer werden

Die beste Idee nützt dir wenig, wenn du diese nicht erfolgreich verkaufen oder vermarkten kannst – zum Beispiel als ProjektmanagerIn deinen KollegInnen. Oder als Unternehmen den HändlerInnen, die für du das Produkt vertreiben willst.

Weil Edison dies wusste, erfand er nicht nur die Glühbirne. Er überlegte sich zugleich: Was ist nötig, damit diese auch (wirtschaftlich) ein Erfolg wird? Und danach entwickelte er das gesamte Umfeld, das für den Einsatz von Glühbirnen benötigt wird mit – inklusive Kraftwerken, Leitungen und Messgeräten. Doch nicht nur dies! Er konzipierte zudem Marketing- und PR-Kampagnen, um seine Idee und die daraus resultierenden Produkte zu vermarkten. Damit vervollständigte er das Edison-Prinzip.

Entsprechend solltest du vorgehen. Überlege dir, wenn du die Idee gefunden haben, zum Beispiel:

  • Wen brauche ich als UnterstützerIn, um meine Idee zu realisieren?
  • Mit welchen Argumenten kann ich diese Person oder Organisation für meine Idee begeistern und als MitstreiterIn gewinnen?

Entwickele also, analog dem Edison-Prinzip, eine Strategie, um deine Idee zu vermarkten. Denn auch die beste Idee ist nur eine Idee, solange sie nicht realisiert wird. Erst nach ihrer Umsetzung kannst du die Früchte deiner Arbeit ernten.

Dr. Jens-Uwe Meyer

Dr. Jens-Uwe Meyer ist Geschäftsführer der Innolytics GmbH, Buchautor und Keynote Speaker. Als Unternehmer entwickelt er Software für Unternehmens- und Organisationsentwicklung. Er ist Autor von 11 Büchern zum Thema Innovation. Sein Buch „Digitale Gewinner“ erschien 2019 im Verlag BusinessVillage.

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