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Car glossy iconEs scheint, dass fast alles, was zum Verkauf ansteht, mittlerweile im Netz ist, so Prof. Ferdinand Dudenhöffer vom Center of Automotive Research (CAR) in Gelsenkirchen. Seinen Schätzungen zufolge sind rund 85% aller angebotenen Gebrauchtfahrzeuge in Online-Marktplätzen zu finden. Das Internet hat sich inzwischen als bedeutsamer, fast schon unverzichtbarer Bestandteil des Automobilhandels etabliert.

Aber wie sollte dieses neue Medium genutzt werden und welche Bedeutung kommt dabei den Online-Automobilbörsen zu? Es gilt, Informationsquellen der Konsumenten während der Kaufanbahnung zielgerichtet zum eigenen Vorteil zu nutzen.

Händler versprechen sich vor allem neue Möglichkeiten als verkaufsförderndes Informations- und Unterstützungsmedium, welches das Verkaufsgebiet erweitert, den Abverkauf von Problemautos erleichtert und kapitalbindende Standzeiten reduziert. Wer das Internet vernachlässigt, verspielt leichtfertig Potenziale. Doch wo sich Chancen auftun, sind auch Risiken nicht weit: Zunehmende Markttransparenz und Informationsverfügbarkeit für den Kunden erhöhen den Wettbewerbsdruck.

Bedeutung von Informationsmedien beim Autokauf

Im Jahr 2008 ist die Internetnutzung laut der ACTA (Allensbacher Computer- und Technik-Analyse) auf rund 76 Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland angestiegen. Die Branche muss sich an den Bedürfnissen derjenigen orientieren, die eine Autoanschaffung planen und in zunehmendem Maße im Internet aktiv sind.

Dabei hat das Internet die lange Zeit dominierenden Tageszeitungen abgelöst. Weniger als die Hälfte derjenigen, die einen Autokauf vorbereiten, nutzt noch regionale Printmedien. Laut einer Studie von tns infratest vom August 2005 ist das World Wide Web mit 56% aller Nennungen gegenüber nur noch 45% bei Zeitungen nunmehr die wichtigste Informationsquelle, wenn es darum geht, sich einen Überblick über aktuelle Angebote zu verschaffen. Dies trifft insbesondere auf die Zielgruppe der Männer mit überdurchschnittlichem Haushaltsnettoeinkommen ab 2.500 Euro zu.

Kraftfahrzeuge sind der drittbeliebteste Themenkreis im Internet überhaupt – nach Reisen und Büchern, konstatiert die jüngste Allensbacher Analyse. Erstaunlich daran ist, dass die Affinität der Internetnutzer zu diesem Thema – entgegen aller Intuition – deutlich höher ausfällt als etwa zu Computer, Technik und auch Telekommunikation.

Insgesamt muss also von einem enormen Marktpotenzial ausgegangen werden, welches zurzeit längst noch nicht ausgeschöpft wird. Die Attraktivität der Onliner für die Kfz-Branche liegt auch darin begründet, dass 88% der Internetnutzer Autofahrer sind und im direkten Vergleich mit Offlinern erheblich höheres Interesse sowie Entscheidungskompetenz beim Autokauf aufweisen. Sie sind Vielfahrer, kaufen häufiger neue Pkws und fahren erheblich häufiger neuere Fahrzeuge als Nichtnutzer des Internets.

Autokauf: Stellung von Online-Börsen im Marktgeschehen

Aus Konsumentensicht ist die Fahrzeuganzahl das wichtigste Kriterium für die Wahl einer bestimmten Online-Börse. Hinter dieser Präferenz steht der Wunsch, durch eine möglichst große Auswahl eine erhöhte Markttransparenz und Vergleichsmöglichkeiten zu realisieren. Die Wahrscheinlichkeit steigt, spezifische gewünschte Ausstattungsmerkmale zum günstigsten Preis zu finden. Im Jahr 2000 lagen die heutigen Marktführer bei nur 200.000 Angeboten. 2005 verzeichnete AutoScout24 schon mehr als 1,8 Millionen angebotene Fahrzeuge und mobile.de über eine Million.

Dabei ist die Bedeutung der unabhängigen Webseiten im Gegensatz zu Herstellerseiten ungebrochen. Befragt danach, welche Internetangebote sie für den Autokauf nutzen würden, gaben bei einer ungestützten Studie 42% die Seiten von AutoScout24.de an, wohingegen nur 10 % insgesamt konkrete Internetbörsen der Automobilhersteller nannten.

Bei einer gestützten Befragung (Aided Recall) gaben sogar 70% bzw. 52% der Befragten an, AutoScout24.de oder mobile.de für ihren Autokauf nutzen zu wollen. Die Erfolgsstory der Online-Automobilbörsen geht weiter, so die Prognose von Prof. Dudenhöffer. Er begründet dies vor allem mit der Erweiterung des Marktgebiets.

Noch vor einigen Jahren umfasste das Haupteinzugsgebiet eines Händlers durchschnittlich ca. 50 km. Heutzutage hat sich die Bereitschaft der Kunden, einen weiteren Weg nach erfolgter Internet-Recherche zurückzulegen, beträchtlich erhöht: Nach einer Studie des CAR sind zwei Drittel der Käufer zu einer Anreise von über 50 km und knapp 30% sogar von mehr als 250 km bereit.

Mittel- und langfristige Tendenzen im Automobilmarkt

Die Kfz-Zulassungszahlen von Deutschland haben im internationalen Vergleich bereits ein sehr hohes Niveau erreicht, sodass zukünftig nur von einem verhaltenen Bestandswachstum auszugehen ist. Zudem wurden dank der Abwrackprämie im März 2009 40% mehr Neuzulassungen registriert als im Vorjahresmonat. Die Prämie und die damit verbundenen jetzt getätigten Käufe lassen einen Rückgang der Neuzulassungen nach Ablauf der Abwrackprämie erwarten.

Der stationäre Autohandel wird wohl von diesem Wachstum nur unterdurchschnittlich profitieren, während der Handel über das Internet wachsende Bedeutung erlangt. Ein besonders hohes Potenzial dürfte im Gebrauchtwagensegment liegen, wohingegen der Neuwagenhandel weniger attraktiv für den Onlinehandel ist und vermutlich nur im unteren Preissegment in größerem Maße erfolgreich sein wird.

Auch hinsichtlich des Markts der Online-Automobilbörsen ist ein Konzentrationsprozess zu beobachten, der sich in letzter Zeit deutlich von einem Oligopol mit mehreren Anbietern in Richtung Duopol zwischen AutoScout24 und mobile.de entwickelt hat. Ein Duopol-Gleichgewicht ist wenig stabil und kehrt bei einer Verletzung seines Gleichgewichts in aller Regel nicht in seine alte Ausgangslage zurück, gibt Professor Dudenhöffer zu bedenken. Er zeigt auf, dass bei einer Verletzung des Kräfte- und Preisverhältnisses entweder ein Monopol entstehen könnte oder beide Anbieter in eine ruinöse Konkurrenz zueinander eintreten könnten.

Wer Wettbewerbsvorsprünge realisieren möchte, muss vor allem einen hohen Kundennutzen aufweisen. AutoScout24 bietet seinen Nutzern beispielsweise ein umfassendes Serviceportal mit Autotests, Versicherungsvergleichen oder einem Neuwagen-Konfigurator. Auch angemessene Angebotspreise für bestimmte Autotypen können von einem entsprechenden Tool vorgeschlagen werden. Die zukünftige Entwicklung verspricht also spannend zu bleiben.

Gleichwohl ist eines sicher: Das Internet ist aus dem Automobilhandel nicht mehr wegzudenken.

(Bild: © Vanessa – Fotolia.com)

Sonja Rodenkirchen

Dipl.-Kff. Sonja Rodenkirchen ist Projektmanagerin beim ECC Handel Institut für Handelsforschung (ECC Handel) in Köln.

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