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Wie zufrieden sind die Kunden wirklich? Um diese Frage zu beantworten, müssen verlässliche Informationen über die konkreten Kundenerwartungen erhoben werden. Man spricht in diesem Zusammenhang vom erwarteten Leistungsniveau, kurz ELOP (expected level of performance).

Und nun wird es spannend: In ausführlichen Einzelgesprächen stellt sich beispielsweise heraus, dass Kunden von Ihren Lieferanten eine sehr gute Lieferflexibilität benötigen (ELOP = 8). Nicht weil sie damit ihre Lieferanten ärgern wollen, sondern weil es deren Absatzmärkte verlangen. Jeder Automobilzulieferer kann ein Lied davon singen.

Im dargestellten Beispiel ist die Lieferflexibilität des Unternehmens zwar besser als jene des Mitbewerbs, aber nach wie vor deutlich unter den Erwartungen der Kunden.

Abbildung 2: Trotz Wettbewerbsvorsprung liegt die Lieferflexibilität noch immer hinter den Kundenerwartungen.

Für das Unternehmen in unserem Beispiel bedeutet das Ergebnis laut Abbildung 2 nicht nur ein Wettbewerbsvorteil, es ist auch Vorsicht geboten: Werden nämlich keine zusätzlichen Anstrengungen zur Verbesserung der Lieferflexibilität unternommen, läuft das Unternehmen Gefahr Marktanteile zu verlieren. Dann nämlich, wenn es einem anderen Anbieter gelingt, den Erwartungen des Kunden endlich zu entsprechen. Der Absatzmarkt wartet nur darauf. Und früher oder später wird dies der Fall sein.

Im beschriebenen Beispiel ist „Lieferflexibilität“ ein absolut kritischer Erfolgsfaktor mit hohem Differenzierungspotenzial. Die dort eingesetzten Ressourcen und Bemühungen zur laufenden Verbesserung der Performance sind effektiv und äußerst sinnvoll.

Abbildung 3: Zwar ist die Produktverpackung unter dem Niveau des Mitbewerbs, aber die Kundenerwartungen werden genau erfüllt.

Wie sieht es im Vergleich dazu bei der Produktverpackung aus? Mit der Ermittlung des ELOPs aus Abbildung 3 zeigt sich, dass das Unternehmen genau dem aktuellen Erwartungsniveau der Kunden entspricht (ELOP = 6.5). Der Mitbewerb liegt mit 7.6 sogar über den Kundenerwartungen. Was also tun? Reicht es, weiterhin die Kundenerwartungen hinsichtlich Verpackung genau zu erfüllen oder soll versucht werden den Rückstand zum Mitbewerb aufzuholen? Und wie ist es mit der Lieferflexibilität? Macht es hier Sinn die Erwartungen der Kunden zu übertreffen?

Wie begeistert man eigentlich Kunden?

Das Erwartungsniveau besagt, wie gut man sein muss, um den Kunden zufrieden zu stellen. Die so genannte Kano-Methode liefert ergänzend dazu Hinweise, wo es Sinn macht Kundenerwartungen zu übertreffen und wo nicht. Bisherige Studien belegen klar: In vielen Branchen hat die Lieferflexibilität sowohl einen starken Einfluss auf die Unzufriedenheit als auch auf die Zufriedenheit von Kunden. Lieferflexibilität ist somit ein klassisches Leistungskriterium. Die Kundenzufriedenheitsteigt quasi proportional mit zunehmender Performance des Lieferanten – siehe Abbildung 4.

Ein Übertreffen der Kundenerwartungen hinsichtlich Lieferflexibilität wäre also eine sinnvolle Maßnahme zur Kundenbindung. Es bestünde sogar eine reale Chance damit Kunden zu begeistern: welches Unternehmen will das nicht?

Abbildung 4: Je besser die Lieferflexibilität desto höher die Kundenzufriedenheit in diesem Kriterium.

In punkto Verpackung sieht die Sache anders aus – siehe Abbildung 5. Eine schlechte Verpackung führt zwar zu hoher Unzufriedenheit beim Kunden, aber ein Übertreffen der Kundenanforderungen bringt wenig. Erscheint auch logisch – denn eine beschädigte Ware aufgrund mangelnder Verpackung verursacht nicht nur Ärger sondern auch Kosten, hingegen ist es kaum sinnvoll, die vom Kunden vorgegebene Verpackungsspezifikation zu überbieten. Dies kann sogar zu Problemen im Handling der Ware führen. Die Verpackung ist somit ein eindeutiges Basiskriterium: Die Kundenanforderungen müssen erfüllt werden, ein Übertreffen der Anforderungen bewirkt jedoch keinen höheren Kundennutzen.

Abbildung 5: Ein Nicht-Erfüllen der Verpackungsspezifikationen des Kunden verursacht starke Unzufriedenheit. Ein Übertreffen der Anforderungen bewirkt jedoch keine höhere Kundenzufriedenheit.

Fazit:

Eine Wettbewerbsstudie sollte zumindest folgende Fragestellungen verlässlich beantworten können:Sind diese Fragen geklärt, können auch die Sind diese Fragen geklärt, können auch die richtigen Handlungsprioritäten abgeleitet werden. In unserem Beispiel sehen diese folgendermaßen aus:

Priorität 1: Lieferflexibilität

Dieses Kriterium ist ein kritischer Erfolgsfaktor und hat somit absolute Priorität. Das Unternehmen sollte daher nicht nur versuchen den Wettbewerbsvorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern weiter auszubauen. Um Kunden wirklich zu begeistern, müssen Wege gefunden werden deren Erwartungen zu übertreffen. Besonders wichtig ist eine genaue Beobachtung der Wettbewerbsentwicklungen in diesem Bereich.

Priorität 2: Produktverpackung

Das Unternehmen kann zumindest mittelfristig den bestehenden Wettbewerbsrückstand hinnehmen. Die Verpackung entspricht derzeit genau den Kundenanforderungen, es besteht also kein aktueller Handlungsbedarf. Die strategische Zielsetzung für die Produktverpackung: Genaue Erfüllung der Verpackungsspezifikationen. Trotzdem sollte die Wettbewerbsentwicklung im Bereich der Produktverpackung weiterhin beobachtet werden.

Weitere Artikel dieser Serie:

Wettbewerbsanalyse: Wie Wettbewerbsstudien in die Irre führen können (Teil I)

(Bild: © Kerbusch – Fotolia-com)

Michael Radner

Mag. Michael Radner ist selbständiger Markenstratege mit Sitz in Innsbruck (Tirol). Er betreut unter seinem Label brandpi engagierte Unternehmer in der strategischen wie operativen Entwicklung ihrer Unternehmen und Marken. Mehr dazu unter: www.brandpi.at

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