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In Teil I haben Sie bereits erfahren wie wichtig eine geordnete Mitarbeiterkommunikation bei Unternehmensfusionen ist. Lesen Sie nun welche weiteren Aspekte im Hinblick auf die Mitarbeiter beachtet werden sollten.

Kulturelle Unterschiede analysieren

Jedes Unternehmen hat seine eigene Geschichte und Kultur. Fusionieren zwei Unternehmen, entbrennt meist eine Kampf um das neue Leitbild. Diesen gewinnt, sofern dieser Prozess nicht gesteuert wird, in der Regel das übernehmende Unternehmen, selbst wenn offiziell eine „Hochzeit unter gleichen“ verkündet wird. Der „Übernehmer“ dominiert also das übernommene Unternehmen. Dies verstärkt die Ressentiments von dessen Mitarbeitern, was zu unnötigen Widerständen führt. Daher empfiehlt es sich, bei Fusionen eine Analyse durchzuführen, welche Elemente in den Kulturen der beiden Unternehmen die Zielerreichung fördern und deshalb in die neue Kultur einfließen sollten.

Beim Versuch, eine Unternehmenskultur zu verändern, spielt das obere Management eine Schlüsselrolle. Es muss die neue Kultur vorleben. Jeder Versuch, Kulturveränderungen ausschließlich über das mittlere Management herbeizuführen, scheitert. Unterschätzt werden darf auch nicht die Langwierigkeit von kulturellen Veränderungsprozessen. Sie dauern in der Regel mindestens drei Jahre.

Trauer respektieren

Jedes größere Unternehmen investiert viel Zeit und Geld in den Aufbau einer Corporate Identity, also einer Firmenkultur. Die Mitarbeiter sollen stolz auf „ihr Unternehmen“ sein und sich mit ihm identifizieren. Bei einer Fusion bricht – speziell beim übernommenen Unternehmen – diese Identität weg. Vielen Mitarbeitern, insbesondere denen, die sich stark mit ihm identifizieren, fällt es schwer, sich vom bisherigen Unternehmen mit all seinen Gepflogenheiten und Ritualen zu verabschieden. Sie trauern. Im Privatleben gehen wir selbstverständlich davon aus: Ein „Abschiednehmen“ erfordert Zeit erfordert und kann kaum forciert werden. Im Unternehmenskontext existiert hierfür meist kein Verständnis. Ein vorübergehend lethargisches und manchmal sogar aggressives Verhalten wird oft nicht als Ausdruck von Trauer interpretiert und respektiert.

Menschen können zumeist erst wieder eine neue Bindung eingehen können, wenn die alte „verdaut“ ist. Dies gilt es auch beim Planen von Integrationsprozessen zu bedenken.

Die vorhandene Energien kanalisieren

Bei Fusionen leben die Mitarbeiter bis zum Übergang in die neue Struktur oft in einem „Schwebezustand“. Wie geht es weiter? Was wird aus mir? Gibt es meinen Job nachher noch? Solche Fragen bewegen sie. In dieser Situation zeigen Mitarbeiter oft folgende Verhaltensmuster:
Winterschlaf: Sie identifizieren sich nicht mehr mit dem Unternehmen, machen nur noch Dienst nach Vorschrift, folgen nur noch bedingt den Anweisungen ihrer Vorgesetzten usw..
Operative Hektik: Sie verfallen in Aktionismus. Es werden zahllose Projekte generiert. Die Mitarbeiter wollen überall mitmischen, um in einem guten Licht zu erscheinen. Nicht die Qualität der Arbeit, die „Show nach oben“ zählt.

Deshalb ist es wichtig, dass die Unternehmensführer den Führungskräften in ihrer Organisation und deren Mitarbeitern in der Übergangszeit eine Orientierung bieten, damit diese wissen, wie sie sich verhalten sollen. Ansonsten verpufft viel Energie wirkungslos.

Eine gewisse „Überparteilichkeit“ wahren

Bei Fusionen werden oft in sehr kurzer Zeit folgenschwere Entscheidungen getroffen – unter anderem über IT-Systeme, Stellenbesetzungen, Markt- und Produktstrategien. Häufig setzt sich dabei nicht das bessere, sondern das Konzept des Übernehmers durch. Felder werden besetzt und Territorien neu verteilt, wobei auch Eigeninteressen eine große Rolle spielen. Deshalb sollten die Unternehmenslenker auf eine gewisse „Überparteilichkeit“ achten, damit insbesondere im übernommenen Unternehmen keine überflüssigen „Verlierer“ produziert werden, die den Prozess blockieren.

Fusionen sind ein schwieriges Geschäft – auch, weil die eigentliche Arbeit erst nach Vertragsabschluss und dem Verkünden der Fusion beginnt. Unternehmensführer sollten sich bewusst sein: Eine gelungene Integration gibt es nicht zum Nulltarif. In den Monaten und Jahren nach dem Verkünden der Fusion muss das Unternehmen viel Energie in das Gestalten dieses Prozesses investieren. Zudem sollte dieser Prozess professionell gesteuert und durch externe Experten begleitet werden – unter anderem um sicher zu stellen, dass bei den (Folge-)Entscheidungen stets die drei Aspekte „Strategie“, „Struktur“ und „Kultur“ beachtet werden, die sich wechselseitig beeinflussen.

Weitere Artikel dieser Serie:

Wenn zwei Unternehmen fusionieren (Teil I)

(Bild: © pressmaster – Fotolia.com)

Dr. Georg Kraus

Dr. Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal, für die fast 50 Trainer, Berater und Coachs arbeiten. Der diplomierte Wirtschaftsingenieur promovierte an der TH Karlsruhe zum Thema Projektmanagement. Er ist Autor des Change Management Handbuch sowie zahlreicher Projektmanagement-Bücher. Seit 1994 ist er zudem Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-provence und der technischen Universität Clausthal.

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