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two 3d humans give their hand for handshakeImmer wieder im Lauf meiner Vertriebskarriere habe ich diese Plattitüde gehört. Oft habe ich mich gefragt: „Wenn der Kollege erst jetzt zu verkaufen beginnt, was hat er denn vorher gemacht?“

Ich vermute, den üblichen Fehler. Er hat den Kunden gleich zu Beginn des (Verkaufs)Gespräches wortreich zu überreden versucht, denn „überzeugend reden“ kann er ja. Er hat aber nicht überzeugt und muss jetzt, da der Kunde „Nein“ gesagt hat, nachbessern.

Das ist die Stunde der Einwandbehandlung. Ein beliebtes Thema in Seminaren sowie in vielen Ratgebern und Fachbüchern.

Sehen wir uns zunächst an, wie Einwände entstehen

Kunden äußern Einwände, wenn sie für die angebotene Lösung keinen Bedarf erkennen, oder der Lösung keinen Wert beimessen. Verkäufer, die zu rasch mit ihren vorgefertigten Lösungen bei der Hand sind, oder den Kunden mit einer Aufzählung vermeintlicher Vorteile überschütten, provozieren also selbst die Einwände des Kunden, die sie dann mühsam „behandeln“ wollen.

Mit diesem Verhalten wird auch der Nr. 1 Hit unter den Einwänden provoziert: „zu teuer“! Beliebte Einwandbehandlung hier: „Herr Kunde, im Vergleich zu was?“

Diese und ähnliche Standardphrasen beleidigen den Intellekt des Kunden!

Der Verkäufer „alter Schule“ weiß, was er verkaufen will. Er kennt sein Produkt und dessen Vorteile. Diese Informationen stülpt er nun, rhetorisch geschult und unter Verwendung aller bekannten Präsentationstechniken, dem Kunden solange über, bis dieser nachgibt und kauft. Oder “Nein“ sagt. Dann wird es schwer!

Sehen wir uns nun einmal ein alternatives Paradigma an, das Einwände vermeidet

Auch der „zeitgemäße“ Verkäufer kennt sein Produkt. Er geht aber nicht von sich und seinem Produkt aus. Nicht was er zu verkaufen hat steht im Mittelpunkt, sondern das, was der Kunde kaufen möchte. Was das ist weiß der Verkäufer aber zu Anfang des Verkaufsgespräches noch nicht.

Deshalb beginnt er Fragen zu stellen. Der kundenorientierte Verkäufer lässt zu Beginn des Gespräches den Kunden reden. Er fragt nach und wird gut zuhören. Zuhören und verstehen. In einem solchen Gesprächsverlauf gibt es keinen Ansatzpunkt für Einwände, es sei denn, der Kunde wollte sich selbst widersprechen.

Im nächsten Schritt sichert der Verkäufer ab, ob er den Kunden wirklich verstanden hat. Hier könnte es nun zu Einwänden kommen, indem der Kunde die Zusammenfassung korrigiert. Solche Einwände sind nützlich, da sie weitere wertvolle Informationen zum Verständnis liefern. Hier muss nichts „behandelt“ werden.

Wenn dieser Prozess des Verstehens abgeschlossen ist, hat der Verkäufer zusätzlich zu seinen vorherigen Informationen über das Produkt auch die neuen und individuellen Informationen über die Situation und den Bedarf des Kunden.

Anschließend gleicht der Verkäufer alle vorhandenen Informationen gedanklich ab. Aus der Vielzahl von Eigenschaften und Vorteilen seiner Lösung wählt er nun nur die auf den Kunden passenden aus und präsentiert lediglich diese. Dabei nimmt er immer wieder Bezug auf die Kundenwünsche und erläutert, wie und warum seine Lösung diese Wünsche erfüllt. Hat er vom Kunden Informationen zu finanziellen Aspekten erhalten, wird er im B2B Umfeld auch die mit dem Kunden erarbeiteten Profitsteigerungen in das Lösungsangebot aufnehmen.

In dieser Phase des Dialogs spricht nun erstmals hauptsächlich der Verkäufer. An dieser Stelle kann und sollte er sein gesamtes Repertoire an Kommunikations- und Präsentationstechniken nutzen, damit er auch optimal verstanden wird. Auch hier sind „behandlungsbedürftige“ Einwände unwahrscheinlich.

Gute Passgenauigkeit von Angebot und Kundenwunsch vorausgesetzt, wird der Kunde – wenn die Lösungspräsentation für Ihn verständlich war – kaufen wollen. Ein Griff in die Trickkiste der Verkäufer „alter Schule“ , in die Schublade für Abschlusstechniken, ist hier nicht nötig.

An die Stelle des Verkaufens (mit allen negativen Assoziationen die Verkaufen in vielen von uns wachruft) ist Kaufen getreten. Und Kaufen beginnt, wenn der Kunde spricht und nicht der Verkäufer!

(Bild: © ioannis kounadeas – Fotolia.de)

Bernd Haller

Nach jahrzehntelanger Praxis im Investitionsgütervertrieb gibt Bernd Haller heute sein Wissen als Vertriebstrainer weiter. Selbst technisch ausgebildet, konzentriert er sich dabei auf technische Vertriebe. Hier hilft er Vertriebsleitern bei der besseren Planbarkeit von Projekten, Key Account Teams beim systematischen Vorgehen und Vertriebsbeauftragten mit erfolgreichen Konzepten.

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