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In Teil I haben Sie bereits erfahren, welche Fehler von persönlichen Dienstleistern bei der Außendarstellung ihrer Leistungen oft gemacht werden. Erfahren Sie nun am Beispiel zweier junger Unternehmerinnen wie ein zielorientiertes Unternehmensprofil erstellt und geschärft werden kann.

Auch Berater brauchen zuweilen Berater

An diesem Punkt scheitern viele Berater aus denen Unternehmer werden. Deshalb sollten auch Bildungs- und Beratungsanbieter ihr Angebot und die Art, wie sie versuchen, dieses zu vermarkten, ab und an von Beratern, die ihren Markt kennen, kritisch durchleuchten lassen. Wie zielführend eine solche Beratung zuweilen ist, sei am Beispiel zweier junger Frauen beschrieben, die vor fünf Jahren ein eigenes Sprachinstitut gründeten, nachdem sie zuvor jahrelang als freie Trainerinnen für andere Institute gearbeitet hatten. Doch irgendwann fragten sie sich: „Wollen wir Honorarkräfte oder Unternehmerinnen sein?“ Ihre Antwort lautete: „Wir wollen selbstständige Unternehmerinnen mit eigenen Kunden sein.“ Also gründeten Heike Riegel und Freya Schadeli ein eigenes Institut; ein Institut, das sich darauf spezialisiert hat, „ausländischen Fach- und Führungskräften, die in Deutschland arbeiten, die deutsche Sprache zu vermitteln“.

Erste Kunden fanden die Jungunternehmerinnen aufgrund ihrer Kontakte aus den vorangegangenen Tätigkeiten schnell. Probleme bereitete ihnen aber die Neukundenakquise; die Akquise von Kunden also, die noch keine Trainingserfahrung mit ihnen gesammelt hatten. Hier sahen sie sich einer übermächtigen Konkurrenz in Form der großen Sprachschulen gegenüber.

Deshalb analysierten Heike Riegel und Freya Schadel nach einiger Zeit mit einem Berater ihr Unternehmen sowie dessen Markt und Umfeld. Dabei stellten die Institutsinhaberinnen zunächst fest: Wir wollen kein möglichst großes Unternehmen aufbauen; wir möchten auch künftig nur regional tätig sein. Wir möchten aber eine Unternehmensgröße erreichen, die uns einerseits ermöglicht, uns zeitweilig für Planungsprozesse zurückzuziehen, bei der wir andererseits aber auch weiterhin als Trainerinnen arbeiten können. Eine reine Managementfunktion reizt uns nicht.

Aus den Unternehmensmerkmalen Stärken ableiten

Nachdem die Inhaberinnen so ihr persönliches Ziel definiert hatten, stellten sie bei der weiteren Analyse fest: Die meisten großen Sprachschulen beschäftigen nur Honorarkräfte als Trainer. Diesen zahlen sie relativ niedrige Stunden-/Tagessätze. Deshalb ist die Mitarbeiterfluktuation hoch, weshalb die Kunden oft über eine geringe Kontinuität in der „Lehrer-Lerner-Beziehung“ und über Qualitätsschwankungen klagen. Außerdem stellten sie fest: Die meisten Mitbewerber arbeiten fast ausschließlich mit standardisierten Trainingskonzepten, weshalb viele Kunden eine ungenügende Orientierung an ihrem Bedarf beklagen. Daraus leiteten die Institutsinhaberinnen zwei Stärken für ihr Unternehmen ab:

  • Wir arbeiten nur mit festangestelltem, studiertem Personal mit mindestens fünf Jahren Berufserfahrung. Dadurch garantieren wir unseren Kunden Kontinuität in der „Lehrer-Lerner-Beziehung“ und eine gleichbleibende Qualität auf hohem Niveau;
  • wir arbeiten ohne standardisierte Trainingskonzepte und -unterlagen. Wir entwickeln sie stets entsprechend dem Bedarf des Kunden.

In einem weiteren Schritt analysierten Heike Riegel und Freya Schadel ihre Kundenstruktur. Sie stellten fest: Mehr als 90 Prozent unserer Kunden kommen aus dem Dienstleistungssektor (unter anderem Versicherungen, Banken, Werbeagenturen). Zudem nehmen sie in ihren Unternehmen eine Funktion wahr, bei der die „Kommunikation ein wesentliches Element der Leistungserbringung“ ist (zum Beispiel Verkäufer, Kundenbetreuer). Daraufhin beschlossen sie, sich künftig als „Spezialist für beratungsintensive Branchen und Berufe“ zu begreifen und ihr Institut so nach außen zu präsentieren.

Über die Analyse ihres Unternehmens und dessen Umfeld entwickelten die Institutsinhaberinnen so ein Unternehmensprofil, das sich von dem anderer Sprachschulen unterscheidet; ein Profil, das ihr, so Heike Riegel, „Sicherheit im Verkauf und im Umgang mit potenziellen Kunden gibt“. Denn sie weiß zum einen, auf welche Zielgruppen sie ihr Marketing konzentrieren muss, zum anderen kann sie im Gespräch mit Neukunden klar die Stärken ihres Unternehmens und den damit verbundenen Kundennutzen darstellen. Hierüber kann sie sogar höhere Preise rechtfertigen. Heike Riegel weiß aufgrund der Analyse aber auch, welche Interessenten sie besser an andere Sprachinstitute verweist. Diese erlebt sie ohnehin nicht mehr als Mitbewerber; sie weiß, diese operieren in einem anderen Marktsegment.

Nischenstrategie hat sehr viele Vorteile

Kennzeichnend für das Konzept der beiden Institutsinhaberinnen ist, dass sie das Profil ihres Unternehmen mehrdimensional bestimmen. Entsprechendes gilt für die Zielgruppe. Auch sie wird über mehrere Dimensionen (unter anderem Region, Branche/Beruf, Problem, Nutzen/Ziel) definiert. Das Institut beschreitet somit den umgekehrten Weg, den die meisten Trainings- und Beratungsanbieter gehen. Es verengt seinen Markt gezielt auf eine relativ geringe Zahl von Nachfragern, die sich durch mehrere gemeinsame Merkmale auszeichnen. Es ist also eher bestrebt, ein Teilsegment des Marktes zu durchdringen als den gesamten Markt zu bedienen.

Eine entsprechende Strategie sollten alle kleinen Bildungs- und Beratungsanbieter verfolgen – speziell Newcomer. Sie müssen alles tun, um ihren Markt überschaubar zu machen, damit sie ihre Kunden möglichst genau beobachten können, denn nur dann können sie ihnen einen größeren Nutzen als ihre etablierte Konkurrenz bieten. Haben sie dann den Markteintritt geschafft, können sie ihren Markt immer noch auf verwandte Zielgruppen ausdehnen.

Eine solche Nischenstrategie hat nicht nur den Vorteil, dass der Markt transparent wird. Aus der Überschaubarkeit des Marktes und der begrenzten Zahl potenzieller Kunden ergeben sich weitere Vorteile. Der Anbieter kann

  • relativ einfach einen intensiven Kontakt zu seinen potenziellen Kunden aufbauen,
  • sich schnell ein positives Image aufbauen,
  • über sein Spezialwissen höhere Preise rechtfertigen,
  • über seine intime Marktkenntnis und eine darauf aufbauende Produktentwicklung Marktbarrieren für eventuelle Mitbewerber aufbauen und seinen Marktvorsprung ausbauen.

Hinzu kommt ein weiterer Vorteil: Er kann seine Marketing- und Werbekosten, weil geringe Streuverluste entstehen, minimieren.

Weitere Artikel dieser Serie:

Sich positionieren heißt Position beziehen (Teil I)
Sich positionieren heißt Position beziehen (Teil III)

(Bild: © Dmytro Pyatkovka – Fotolia.com)

Bernhard Kuntz

Bernhard Kuntz (geb. 1958) ist Inhaber des PR-und Redaktionsbüros Die ProfilBerater. Er ist auf die Themen Marketing und Verkauf sowie Personal- und Unternehmensführung spezialisiert. Er ist Autor der Bildungs- und Beratungsmarketing-Fachbücher „Die Katze im Sack verkaufen“ (2005) und „Fette Beute für Trainer und Berater“ (2006). Außerdem veröffentlichte er die PR-Ratgeber für Dienstleister und Berater „Warum kennt den jeder?" (2008) und "Mit PR auf Kundenfang" (2010).

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