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„Darum soll sich der Müller kümmern.“ Gemäß dieser Maxime werden in mittelständischen Unternehmen oft Projekte gestartet. Das heißt, ganz unverhofft geraten Führungskräfte in die Situation, dass sie Projekte managen müssen, deren Auswirkungen auf die Gesamtorganisation sie nur bedingt einschätzen können. Entsprechend groß ist die Gefahr, dass sie sich „die Finger verbrennen“ – sofern sie sich nicht die nötige Unterstützung organisieren.

„Au Backe, was habe ich mir da aufgehalst.“ Das denken Führungskräfte in mittelständischen Unternehmen oft, wenn sie in einer ruhigen Stunde über eine Aufgabe nachdenken, die ihnen von der Firmenleitung übertragen wurde. Denn häufig wird ihnen erst nach einiger Zeit bewusst, dass es sich bei der Aufgabe faktisch um ein Projekt handelt – ein komplexes Projekt zudem, weil heute die meisten Betriebe so strukturiert sind, dass (fast) alles mit allem verbunden ist.

Ein Beispiel. Angenommen die Leitung eines Unternehmens erkennt: Wir haben ein Problem mit der Kundenbetreuung und dies schlägt sich in unserem Auftragseingang nieder. Dann finden zu diesem Thema in der Regel zunächst mehrere Meetings auf der Top-Ebene statt, bevor schließlich beispielsweise die Entscheidung fällt „Lasst uns ein neues CRM-System einführen“. Und wem erteilt die Firmenleitung den Auftrag, sich hierum zu kümmern? Zum Beispiel dem IT- oder Vertriebsleiter. Für die Geschäftsleitung ist das Thema damit zumindest vorläufig erledigt. Denn auf ihrer Agenda stehen noch viele andere Themen.

Komplexität von Projekten wird oft unterschätzt

Und IT-Leiter Mayer oder Vertriebsleiter Müller? Er hat plötzlich, salopp formuliert, neben seiner Alltagsarbeit ein Projekt an der Backe, dessen Implikationen er zum Zeitpunkt der Auftragserteilung noch gar nicht abschätzen kann. Doch dann macht er sich in einer ruhigen Stunde hin erste Gedanken über das Projekt. Er spricht zudem mit einigen Anbietern von CRM-Systemen; des Weiteren eventuell mit ein, zwei Berufkollegen, die in anderen Unternehmen bereits ähnliche Projekte durchführt haben. Und zunehmend wird ihm klar: Diese Aufgabe wird, wenn wir sie professionell anpacken möchten, ein Riesenprojekt.

Denn wenn wir ein neues CRM-System einführen, sind davon außer dem Vertrieb, auch alle anderen Bereiche betroffen. Zudem beschränkt sich das Einführen des Systems nicht darauf, dass wir die Software in unsere IT integrieren. Vielmehr müssen wir auch viele Arbeitsprozesse und -abläufe neu definieren. Und für die Mitarbeiter? Für sie ändern sich teilweise die Arbeitsbeziehungen und -inhalte. Deshalb wird das Projekt nicht bei allen Mitarbeitern auf Zuspruch stoßen.

Und auch deren Vorgesetzte, die Abteilungsleiter, deren Unterstützung ich brauche, werden nicht laut hurra schreien, wenn ich bei ihnen vorstellig werde. Im Gegenteil, einige werden zumindest innerlich murren. Denn auch auf sie kommt durch das Projekt Mehrarbeit zu. Außerdem werden sie beziehungsweise ihre Bereiche aufgrund der mit der Einführung des Systems verbundenen stärkeren Vernetzung einen Teil ihrer Autarkie verlieren. Auch dies wird einigen nicht schmecken.

Kurz, erst allmählich wird dem Changeleader, also dem Abteilungs- oder Bereichsleiter, der mit dem Projekt beauftragt wurde, klar, wie viele Aspekte mit Projekt verbunden sind; des Weiteren, dass er bei dem Projekt nicht automatisch mit Unterstützung seitens aller Betroffenen rechnen kann. Im Gegenteil! Vermutlich werden sogar einige versuchen, das Projekt zu boykottieren.

Change-Profis in der Organisation fehlen

Solche Prozesse beobachtet man immer wieder in mittelständischen Unternehmen. Vor allem aus folgendem Grund: Anders als in Großunternehmen gibt es ihnen meist keine Stabsabteilungen, die die Entwicklung des Unternehmens und die damit verbundenen Innovations- sowie Changeprojekte und -prozesse von langer Hand planen. Vielmehr wird in ihnen meist relativ ad hoc entschieden: Wir machen das!

Anders als in Konzernen gibt es in ihnen zudem zumeist keine professionellen Organisationsentwickler, die sich tagein, tagaus mit Changeprojekten befassen und deshalb wissen, wo bei ihnen die Fallstricke liegen. In mittelständischen Betrieben werden vielmehr – auch mangels Alternative – solche Projekte meist den Leitern von Fachabteilungen übertragen, die in erster Linie Spezialisten in ihrem Fachgebiet sind. Sie sollen die Aufgabe zusätzlich zu ihrer Alltagsarbeit erledigen. Entsprechend schnell schlägt bei ihnen das „Gefordert-sein“ in ein „Überfordert-sein“ um – sofern sie keine professionelle Unterstützung von außen erfahren.

Wie eine solche Unterstützung aussehen kann, sei erneut anhand eines Beispiels beschrieben. Nehmen wir an, die Geschäftsleitung eines Unternehmens erteilt dessen Vertriebsleiter den Auftrag, ein CRM-System einzuführen. Und dabei ist ihr selbst noch nicht bewusst, dass es hierbei um ein Projekt handelt, das auch kulturverändernde Elemente hat. Des Weiteren: Auch dem Changeleader, also dem Projektbeauftragten, wird dies erst allmählich klar. Dann sollte dieser, sobald ihm dies bewusst wird, einen externen Spezialisten oder Coach kontaktieren, der Erfahrung mit dem Managen von solchen Projekten hat, um mit ihm unter anderem zu analysieren:

  • Vor welche Herausforderungen stellt das Projekt die Organisation?
  • Was sind die Erfolgsfaktoren dieses Veränderungsprozesses?
  • Wer ist von der Veränderung betroffen?
  • Mit welchen Schwierigkeiten, aus denen Probleme erwachsen könnten, muss ich rechnen? Und:
  • Welche Unterstützung benötige ich, damit ich dieses Projekt zum Erfolg führen kann?

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Sich als Changemanager die nötige Unterstützung organisieren (Teil II)
Sich als Changemanager die nötige Unterstützung organisieren (Teil III)

(Bild: © Marem – Fotolia.com)

Stefan Bald

Stefan Bald ist Geschäftsführer der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal, für die fast 50 Trainer, Berater und Coachs arbeiten (Tel. 07251/989034; Mail: s.bald@kraus-und-partner.de).

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