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Im Zusammenhang mit der Markenanmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA), aber auch beim Europäischen Markenamt (HABM), gibt es immer wieder die Situation, dass eine angemeldete Marke vom Prüfer nicht eingetragen wird, da er absolute Schutzhindernisse im Sinne des § 8 Absatz 2 MarkenG sieht, obwohl bei den Recherchen zur Anmeldung ähnlich strukturierte Marken gefunden wurden.

Bei der Argumentation gegenüber dem Amt werden diese dann nicht selten als Anhaltspunkte für die Schutzfähigkeit der Bezeichnung verwendet. Regelmäßig erhält man dann die Antwort, dass das DPMA an frühere Entscheidungen nicht gebunden sei, was für den Anmelder und potentiellen Markeninhaber nicht sehr befriedigend und wenig nachvollziehbar ist.

Das Bundespatentgericht musste sich nun im Rahmen der Beschwerde gegen die Ablehnung der Registrierung von „Schwabenpost“ genau mit dieser Frage ausführlich auseinandersetzen.

Das Gericht hatte das Verfahren ausgesetzt und die Problematik „Bindungswirkung an frühere Entscheidungen des Markenamtes“ dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt, um eine einheitliche europäische Rechtsprechung zu erzielen, die nun auch die anderen Markenämter und das HABM zu berücksichtigen haben.

Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 2. Februar 2009 (verbundene Rechtssachen C-39/08 und C-43/08) folgende Grundsätze formuliert:

1. Keine Bindungswirkung der Behörde an frühere Entscheidungen

„Zudem kann die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats zwar die Eintragung einer mit der angemeldeten Marke identischen Marke für identische Waren oder Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat berücksichtigen, doch ergibt sich daraus nicht, dass sie durch eine solche Entscheidung gebunden wäre, denn die Eintragung einer Marke hängt in jedem Einzelfall von besonderen, im Rahmen ganz bestimmter Umstände anwendbaren Kriterien ab, …“

2. Vorentscheidungen sind aber zu berücksichtigen

„Die für die Eintragung zuständige nationale Behörde muss zwar im Rahmen der Prüfung einer solchen Anmeldung, soweit sie in dieser Hinsicht über Informationen verfügt, die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, doch ist sie keinesfalls an diese Entscheidungen gebunden.“

Klar stellt der Gerichtshof aber auch, dass dies nicht dazu führen darf, dass an sich nicht schutzfähige Bezeichnungen aufgrund früherer fehlerhafter Registrierungen eingetragen werden müssen.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz muss insoweit mit dem Gebot des rechtsmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden. Daraus folgt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen.

Das Bundespatentgericht hat auf Grundlage dieser Vorabentscheidung nun über die Marke „Schwabenpost“ (29 W (pat) 13/06) geurteilt und betont:

„…. bei Prüfung einer Anmeldung, die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen früheren Entscheidungen berücksichtigen muss und dabei besonderes Augenmerk auf die Frage richten muss, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht – auch wenn insoweit keine Bindung an Vorentscheidungen besteht.“

Entscheidend für die Praxis ist, dass diese Abwägungen dem Anmelder bzw. seinem Vertreter mitzuteilen sind. Denn wie bei allen Verwaltungsentscheidungen müssen die Entscheidungsgründe sämtliche Abwägungen, die seitens des Prüfers erfolgten, wiedergeben.

Interessant ist, dass das Gericht dabei auch die internen Prüfungsrichtlinien des DPMA in seinem Urteil bewertet und dabei ausdrücklich feststellt, dass diese in der jetzigen Fassung vom 13. Juni 2005 (vgl. BlPMZ 2005, 245, 252) nicht den Anforderungen der europäischen Rechtsprechung genügen, während dies für eine frühere Fassung aus dem Jahr 1995 der Fall ist.

Hier ist das Bundespatentamt, dessen Präsident an dem Verfahren beteiligt war, aufgefordert, seine Verwaltungspraxis der aktuellen Rechtslage anzupassen.

„Der Richtlinie des Deutschen Patent- und Markenamts von 2005 mangelt es aber insoweit an einer Regelung, als der Gerichtshof nunmehr ausdrücklich verlangt, dass zu ähnlichen Anmeldungen ergangene Entscheidungen berücksichtigt werden müssen und besonderes Augenmerk auf die Frage gerichtet werden muss, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht. Das bedeutet eine Pflicht zum Vergleich, der angemeldeten mit den eingetragenen vergleichbaren Zeichen. Diesen vom Gerichtshof geforderten Vergleich muss das Deutsche Patent- und Markenamt als zuständige nationale Behörde anstellen und gegebenenfalls die Gründe für eine differenzierte Beurteilung angeben, oder aber, wenn es die Voreintragungen für rechtswidrig hält, dies zum Ausdruck bringen.“

In dem zu entscheidenden Fall stellte das Gericht zudem fest, dass die Behörde sich gar nicht mit den zuvor genannten Punkten auseinandergesetzt hat und verwies die Angelegenheit daher zurück zur erneuten Prüfung, insbesondere unter dem Aspekt früherer Entscheidungen.

Wichtig für die praktische Arbeit im Anmeldeverfahren ist, dass das BPatG auf die Mitwirkungspflicht des Anmelders bzw. dessen Vertreter hingewiesen hat. Dieser soll frühzeitig, d.h. bereits nach dem Beanstandungsschreiben des DPMA, auf entsprechende seiner Meinung nach ähnlich gelagerte registrierte Marken hinweisen.

„Die für das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt geltende Amtsermittlungspflicht hat ihre Grenze im Maß des Zumutbaren. Das Amt muss nicht jeder noch so geringfügigen Ähnlichkeit nachgehen. Die immanente Einschränkung der Amtsermittlung liegt nämlich in der materiellen Mitwirkungslast des Anmelders in Bezug auf Tatsachen, die für seinen Anspruch auf Eintragung sprechen …“

Im Ergebnis lohnt sich doch der Blick ins Register, um mögliche Parallelen zu finden und als Argumentationshilfe anzuführen bzw. den Prüfer zum Nachdenken und Abwägen zu bewegen.

(Bild: © iStockphoto.com)

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