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Vertragsverhandlung: Verhandlungsspielräume des Partners ermitteln

Zu Beginn einer Verhandlung beschnuppern sich die Partner in der Regel zunächst gegenseitig. Sie versuchen durch ein wechselseitiges Frage- und Antwortspiel auszuloten, welche Interessen die jeweils andere Seite hat.

Außerdem: Wie groß sind ihre Verhandlungsspielräume und was ist ihr besonders wichtig? Entsprechend wichtig ist es in dieser Phase, die oft noch den Charakter eines scheinbar unverbindlichen Smalltalks hat, dem Gegenüber genau zuzuhören und darauf zu achten, was dieser zwischen den Zeilen sagt.

zum 1. Teil des Artikels

Dabei gilt: Auch das Sich-Beschnuppern ist bereits durch ein Geben und Nehmen geprägt. Verhält sich ein Partner extrem zugeknöpft, offenbart sich auch der andere nicht. Entsprechend schnell gerät das Gespräch in eine Sackgasse. Also sollten Sie versuchen, eine harmonische und von einer relativen Offenheit geprägte Gesprächsatmosphäre zu schaffen. Zum Beispiel, indem Sie Ihren Verhandlungspartner loben. Oder indem Sie ihm Zustimmung signalisieren: „Ich bin wie Sie der Auffassung, dass ….“ Oder indem Sie durch Rückfragen klären, warum dem Partner bestimmte Dinge wichtig sind.

Haben die Partner ihre jeweiligen Interessen geklärt, beginnt die nächste Phase der Verhandlung. Nun gilt es, Signale für die eigene Verhandlungsbereitschaft bezüglich einzelner Verhandlungspunkte, die auf der Tagesordnung stehen, auszusenden und die eigenen Antennen für entsprechende Signale des Partners auszufahren. Solche Signale sind zum Beispiel Sätze wie „Normalerweise zählt dies nicht zu unserem Leistungspaket“ (… aber unter bestimmten Umständen wären wir bereit, …). Oder: „Ich kann Ihre Forderung so nicht akzeptieren“ (… aber vielleicht, wenn Sie deren Form ändern).

Zuweilen begehen Verhandler in dieser Phase den Fehler, Signale des Partners bewusst zu ignorieren. „Lass’ den mal zappeln. Dann wird er weich“. Meist rächt sich dies, denn hierdurch wird die Gesprächsbasis zerstört. Denn der Partner wagt sich, wenn er ein Signal für seine Verhandlungsbereitschaft aussendet, aus seinem Schneckenhaus hervor. Wird er hierfür nicht gelobt und mit Gegen-Signalen belohnt, zieht er sich wieder zurück. Die Folge: Die Verhandlung zieht sich entweder in die Länge oder gerät in eine Sackgasse.

Vertragsverhandlung: Die (Kompromiss-)Angebote an Bedingungen knüpfen

Haben die Partner sich wechselseitig Signale ihrer Verhandlungsbereitschaft gesandt, beginnt die Vorschlagsphase. Nun unterbreiten sich die Partner wechselseitig zunächst bezogen auf einzelne Verhandlungsgegenstände Vorschläge zum Beispiel in folgender Form:

  • „Ich könnte mir vorstellen, dass wir künftig neben den Sensoren auch die Dichtungen bei Ihnen ordern, wenn Sie …“ Oder:
  • „Eine mögliche Alternative wäre, dass wir nach dem Installieren der Anlage auch Ihre Maschinenführer schulen, wenn Sie ….“

Das heißt, ein Vorschlag besteht stets aus zwei Elementen: einer Bedingung und einem Angebot.

Beim Formulieren der Vorschläge gilt: Legen Sie nie sogleich alle Verhandlungsgegenstände, die Sie noch in die Waagschale werfen könnten, auf den Tisch. Und nennen Sie, wenn es um solche Verhandlungsgegenstände wie Preis, Menge oder Vertragslaufzeiten geht, nie sogleich „das letzte Angebot“, das Sie im Vorfeld für sich definiert haben. Denn dann haben Sie keine Asse zum Pokern mehr im Ärmel. Außerdem: Erklären Sie Ihren Vorschlag, nachdem Sie ihn formuliert haben, nicht lang und breit. Zunächst sollte Ihr Partner hierauf reagieren. Zum Beispiel, indem er

  • sich nach den genauen Bedingungen erkundigt,
  • Ihnen seine Bedenken erläutert oder
  • Ihnen einen Gegenvorschlag unterbreitet.

Über Vorschläge kann und sollte man debattieren. Denn dann wird schnell klar, was den Beteiligten besonders wichtig ist. Zum Beispiel: ein „guter“ Preis, mehr Sicherheit, weniger Arbeit, mehr Anerkennung, mehr Komfort, gute Zahlungsbedingungen. Das erleichtert es Ihnen, zu einem späteren Zeitpunkt Angebotspakete zu schnüren, die auch für Ihren Partner attraktiv sind.

Vertragsverhandlung: Angebotspakete schnüren und eine Vereinbarung erzielen

Ist klar, welche Interessen die Partner haben und an welchen Punkten, bei ihnen Verhandlungsbereitschaft besteht, können die ersten Versuche unternommen werden, Angebotspakete zu schnüren, die auf ein Agreement über eine Vielzahl der Verhandlungspunkte abzielen.

Ein entsprechender Vorstoß kann zum Beispiel lauten: „Wenn Sie außer den Sensoren auch die Dichtungen bei uns kaufen würden und wir künftig statt einem Werk beide Werke von Ihnen beliefern würden und die Vertragslaufszeit von zwei auf drei Jahre verlängert würde, dann könnten wir Ihnen eventuell einen Preisnachlass von fünf Prozent gewähren und auf eine sofortige Bezahlung nach Lieferung verzichten.“ Auch beim Schüren von Angebotspaketen sollten Sie jedoch beachten: Diese haben nur Vorschlagscharakter. Das heißt, auch sie sind an Bedingungen geknüpft. Und nur wenn der Partner diese erfüllt, bleibt das Angebot gültig.

Ist eine weitgehende Einigung erzielt und zeichnet sich die konkrete Lösung ab, beginnt die Phase der Abmachung. Nun gilt es, eine konkrete Vereinbarung zu erzielen. Hierfür müssen zunächst bezogen auf die einzelnen Verhandlungsgegenstände Teilübereinkünfte erzielt werden. Dabei sollten Sie keine Konzessionen ohne Gegenleistung machen. Außerdem muss stets deutlich bleiben: Alle Verhandlungsgegenstände sind miteinander verknüpft und nichts ist vereinbart, solange nicht alles vereinbart ist.

Das ist wichtig! Denn unfaire Verhandlungspartner versuchen oft, erzielte Teilübereinkünfte, die ihnen entgegenkommen, bereits als bindend zu erklären, wenn andere Verhandlungsgegenstände noch offen sind. Für unfaire Verhandlungspartner typische Formulierungen sind: „Aber wir waren uns doch einig, dass …“ Zuweilen bluffen sie auch mit einem „letzten Angebot“ oder drohen mit dem Abbruch der Verhandlung. Deshalb ist es wichtig festzuhalten: keine Zugeständnisse ohne Gegenleistung.

Ist die letzte Hürde überwunden, gilt es, das Vereinbarte festzuhalten – und zwar in allen Einzelheiten. Dieser Punkt wird oft vernachlässigt. Die Folge: Häufig gerät eine Teilvereinbarung (beim Ausformulieren des Vertrags) in Vergessenheit, was meist zu einer ersten „Eintrübung der harmonischen Zusammenarbeit“ führt. Und erweist sich eine Seite als extrem „vergesslich“? Dann ist der Abbruch der angestrebten langfristigen Geschäftsbeziehung meist vorprogrammiert.

Weitere Artikel dieser Serie:

Vertragsverhandlungen: Mehr als nur ein Feilschen um den Preis! (Teil I)

(Bild: © drizzd – Fotolia.com)

Christian Herlan

Christian Herlan ist einer der drei Geschäftsführer der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal (Tel. 07251/989034; E-Mail: christian.herlan@kraus-und-partner.de), für die 45 Berater und Trainer arbeiten.

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2 Comments

  • Thomas sagt:

    Wie heißt es doch so schön.

    Im Einkauf werden die Preise gemacht. Etwas ungewohnt ist es schon, stark die Preise zu drücken oder auch nur die Frage danach zu stellen. Notwendig für jeden Geschäftsmann, der es ernst meint ist es aber auf jeden Fall.

  • Thomas sagt:

    Der Artikel gibt einen guten Überblick über die „Regeln“ des Verhandelns. Ich kann aus der Praxis eigentlich nur bestätigen. Wichtig ist darüber hinaus noch zu wissen, dass es Persönlichkeiten gibt, denen das ganze liegt und gegenteilig auch solche, denen das Verhandeln absolut nicht liegt. Verhandlungen (etwa im Einkauf) können anstrengend sein und erfordern stets konzetriertes Vorgehen. Daher sollte man in diese Positionen auch nur Leute stellen, die sichtlich Freude daran haben. So stellt sich der Erfolg auch eher ein.

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