Skip to main content

Das eigene Buch: Wann lohnt sich das Publizieren im Selbstverlag?Es ist heute einfacher, ein Buch im Selbstverlag zu publizieren, als den Weg über einen renommierten Verlag zu gehen. Stellt sich die Frage: Ist das auch der empfehlenswertere Weg?

Campus, Econ, Gabal, Schäffer-Poeschel – wer träumt nicht davon, ein Buch in einem renommierten Wirtschaftsverlag zu veröffentlichen? Doch der Weg dahin ist steinig. Da steckt man viel Zeit in ein Exposé und Probekapitel, und bekommt dennoch eine Absage. Man verhandelt um Rechte und Honorare, und verpflichtet sich am Ende doch zu einer Eigenabnahme, die in dieser Höhe nicht vorgesehen war. Da versucht man Titel, Cover und Form mitzubestimmen, um dann einsehen zu müssen, dass der Verlag doch das letzte Wort behält. Da stimmt man Kompromissen zu, damit das Buch ins Verlagsprogramm passt – und wird nach Erscheinen das Gefühl nicht los, dass der Verlag das Buch doch nur halbherzig bewirbt.

Muss das sein? Lassen sich Mühsal und Ärger nicht vermeiden, indem man sein Buch im Eigenverlag publiziert? Tatsache ist: Immer mehr Autoren sehen das Publizieren im Selbstverlag als Alternative. Doch trifft das auch für Berater, Trainer oder Interimmanager zu? Was spricht dafür, was dagegen?

Die Vorteile eines renommierten Verlags

Bei allem Frust – ein renommierter Verlag hat Vorteile, die ins Gewicht fallen.

  1. Vorteil: Verlage sind ein guter Filter. Die Programmleiter und Lektoren wissen in der Regel, was am Markt ankommt. Entscheidet sich ein Verlag für ein Buchprojekt, besteht eine gute Chance, dass das Thema die Zielgruppe wirklich interessiert. Höchstwahrscheinlich ist die Idee gut. Nicht zulässig ist jedoch der Umkehrschluss – dass die Idee schlecht ist, weil ein Verlag sie ablehnt. Möglicherweise passt das Projekt nur nicht ins Verlagsprogramm.
  2. Vorteil: Die Veröffentlichung in einem renommierten Verlag gilt als Qualitätsauszeichnung. Ein starkes Argument! Immerhin geht es darum, dass Sie sich als Experte positionieren wollen. Das Renommee des Verlags färbt ab. Es ist schon ein Unterschied, ob Sie bei Campus oder im Selbstverlag publizieren.
  3. Vorteil: Der Verlag hilft bei der Vermarktung. Maßstab ist hier weniger die Auflage – wenn es gut läuft, verkauft sich ein klassisches Fachbuch vielleicht 1500 Mal. Das ist eher dürftig. Interessant sind jedoch einige Nebeneffekte, die durch die Werbung für das Buch entstehen: Der Verlag versendet Pressemitteilungen über einen Presseverteiler, den er in vielen Jahren aufgebaut hat. Auf diese Weise gelangt Ihr Name direkt zu den Redakteuren, die sich speziell für Ihr Thema interessieren. Zudem erscheinen Rezensionen, die Ihren Namen zusammen mit der Botschaft des Buchs verbreiten – in Zeitungen und Zeitschriften ebenso wie auf Onlineplattformen oder bei Amazon. Mit den PR-Aktivitäten, gedacht für den Verkauf des Buchs, schafft der Verlag zahlreiche Gelegenheiten, dass Medien und mögliche Kunden mit Ihnen und Ihrem Thema in Berührung kommen. Im Fahrwasser des Verlags erreichen Sie so einen beachtlichen Bekanntheitsgrad. Beim Selbstverlag hingegen müssten Sie die PR alleine in die Hand nehmen – und würden schnell feststellen, dass das Medieninteresse an einem selbstverlegten Buch nur schwer zu wecken ist.
  4. Vorteil: Die Bücher der renommierten Verlage sind in den Redaktionen präsent. Wirtschaftsredaktionen, aber auch Redaktionen bei Radio und Fernsehen stehen im Kontakt zu Verlagen. Die im Frühjahr und Herbst erscheinenden Verlagsprogramme werden von Redakteuren ausgewertet, interessante Buchthemen aufgegriffen. Recherchiert ein Redakteur zu einem Thema, sucht er unter den Buchautoren nach geeigneten Experten – und da sind die Buchtitel der Verlage eine naheliegende Quelle.

Vier Vorteile, die zu dem Schluss führen: Ein Buch in einem renommierten Verlag stellt eine sehr attraktive Möglichkeit dar, die Bekanntheit zu erhöhen und die Positionierung als Experte zu festigen. Also doch lieber einen Verlag suchen?

Die Vorteile des Selbstverlags

Ein Buch im Selbstverlag oder „Book on Demand“ hat gegenüber einem etablierten Verlag vor allem einen großen Vorzug: Sie haben den gesamten Herstellungsprozess unter Kontrolle. Inhalt und Form können sich strikt an Ihren eigenen Interessen, also vor allem an Ihrer Positionierung und emotionalen Botschaft ausrichten. Nicht der Verlag legt Farben, Cover, Layout und Schriften fest, sondern allein Sie. Während Sie beim Buchverlag auf dessen Standardformate angewiesen sind, können Sie als Selbstverleger entscheiden, ob Sie hochglanz-vierfarbig drucken und ein edles Cover mit Prägung, angepasst an die Farbe Ihrer Firma einsetzen möchten.

Ein weiterer Vorteil: Auch kleinere Umfänge sind möglich. Kein Fachbuchverlag druckt ein „Büchlein“ von 60 Seiten. Für das Marketing eines Beraters kann das aber eine schöne Option sein. Ein kleines „Werk“ erfordert weit weniger Schreibaufwand als ein klassisches Fachbuch von 260 Seiten, lässt sich aber genauso gut im Vertrieb einsetzen. Zum Beispiel können Sie das Büchlein im Nachgang einer Messe an die neu geknüpften Kontakte schicken. Oder Sie bieten bei einem Vortrag an, es gegen Visitenkarte zuzusenden.

Nur eine bessere Broschüre?

Eine interessante Option kann darin liegen, eine kleine Reihe im Selbstverlag herauszugeben. Angenommen Ihr Unternehmen beschäftigt mehrere Berater, die auf eigene Themen spezialisiert sind und immer wieder einmal einen Vortrag halten: Warum sollte man diese ohnehin erarbeiteten Inhalte nicht nutzen, um zum Beispiel jedes halbe Jahr ein kleines Buch daraus zu machen?

Sicher: Wer ein selbstverlegtes Büchlein etwas despektierlich als „bessere Broschüre“ bezeichnet, hat damit nicht ganz unrecht. Das Buch im Eigenverlag ist dann aber eben doch die bessere Broschüre – weil es über eine längere Textstrecke fundiertes Wissen vermittelt und durch seine Form Seriosität ausstrahlt.

Fazit: Es kommt darauf an

Um sich mit einem komplexen Thema als Experte zu positionieren, bleibt das 260-seitige Werk in einem renommierten Verlag das Mittel der Wahl. Damit profitieren Sie vom Namen und Qualitätsanspruch des Verlags, sind bei den Medien präsent und haben eine gute Chance, Ihre Bekanntheit beträchtlich zu erhöhen. Bezogen auf seinen Beitrag zur Positionierung verdient das Buch im renommierten Verlag nach wie vor den Titel als Königsdisziplin des Beratermarketings.

Möchten Sie das Buch dagegen vor allem im Vertrieb einsetzen, um den Kontakt zu Kunden und Interessenten zu pflegen, ist die Veröffentlichung im Selbstverlag eine gute Alternative. Ein selbstverlegtes Buch lässt sich nutzen, um mit Interessenten ins Gespräch zu kommen oder im Gespräch zu bleiben. Es bietet die Möglichkeit, sich auf intelligente Weise in Erinnerung zu rufen. Das Buch im Selbstverlag ist hier einer Broschüre überlegen, ohne dabei gleich den Aufwand eines „richtigen“ Buchs zu erfordern.

Giso Weyand

Giso Weyand begleitet mit seinem Team seit 1997 Berater bei deren Strategie, Marketing, PR und Vertrieb. Mit 11 Büchern, 100 Publikationen, 850 begleiteten Beratern und 5500 Workshopteilnehmern ist er Deutschlands Berater-Berater. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt: „Beratung ist sein Leben“.

Der Artikel hat dir gefallen? Gib uns einen Kaffee aus!

One Comment

  • Ute Flockenhaus sagt:

    Danke, Herr Weyand, ein schöner Beitrag, der die Vor- und Nachteile aufgreift. Selfpublishing oder Verlag ist für viele Erstautoren in der Tat eine aktuelle Frage, da Selfpublishing immer leichter und via diverser Plattformen auch immer komfortabler wird. Vielleicht darf ich dennoch einige wichtige Unterschiede ergänzen?
    – Ein Verlag sorgt dafür, dass das Buch flächendeckend im gesamten Online- und stationären Buchhandel verfügbar ist.
    – Die Kosten für diese Leistung, aber auch für die gesamte Produktion liegen allein beim Verlag. Deswegen heißt er so, er „legt vor“.
    – Als Verlag produzieren wir nicht nur ein Buch, sondern in der Regel auch das E-Book, das Hörbuch und das MP3.
    – Lizenzveröffentlichungen im Ausland gehören zu der Wertschöpfungskette von Verlagen, sind für Selfpublisher nur schwer bis gar nicht zu realisieren.
    – Der Herstellungsprozess im Verlag vom Lektorat über den Satz bis zum Cover und den Klappentexten sind professionell. Der Selfpublisher muss auch hierfür tief ins Portemonnaie greifen, wenn er professionelle Hilfe hinzuziehen will.
    Ich möchte den Rahmen nicht sprengen, aber es gäbe noch einige Punkte, die ebenfalls bedacht werden sollten, wenn man für sich die Publikationsfrage entscheiden möchte. Mit bestem Gruß, Ute Flockenhaus, GABAL Verlag

Leave a Reply