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VerhandlungenIhr Verhandlungsteam (vgl. Teil X) steht nun fest, alle sind eingeschworen, hoch motiviert und stehen bedingungslos zu Fahne und Ziel. Wunderbar. Im heutigen Teil XI wollen wir uns mit dem weiteren „Fahrplan“ befassen, der eigentlichen Verhandlungsagenda. Oder anders formuliert – was für Einzelthemen möchten Sie Ihrem Partner als Gesprächsvorschlag übermitteln? Generell haben Sie mehr Freiheiten, wenn Sie den ersten Vorschlag machen. Ihr Vorschlag soll zwar aussagekräftig sein, jedoch nicht zu viel verraten. Gliedern Sie deshalb die Agenda nach folgenden Kriterien:

1. Beginnen Sie mit „leichten“ Verhandlungspunkten

Beginnen Sie, sofern möglich, mit relativ „leichten“ Punkten, bei denen Sie eine zügige Einigung erwarten. Dies erhöht Ihre Chancen bei den nachfolgenden Punkten, da das Erledigungsgefühl beider Parteien den Anfangsdruck drastisch vermindert. Außerdem lernen Sie bereits eine ganze Menge über Ihren Verhandlungspartner, dessen Wortwahl, Ansprache, Nervosität, seine körpersprachlichen Signale usw.

2. Setzen sie danach die zu verhandelnde Hauptsache an

Achten Sie darauf, dass Sie den Brocken nicht zu groß schneiden. Aus einem eigenem Erlebnis (anfangs ging es um drei Beträge im Bereich 20 TEuro und dann in der Hauptsache um 220 TEuro) kann ich Ihnen von großen Sprüngen nur abraten. Wenn es irgendwie geht, verkleinern Sie die Verhandlungssumme der Hauptsache, indem Sie sie sinnvoll (z.B. fertiggestellt/offen oder unstrittig/strittig oder anderweit plausibel abgrenzbar) schneiden. Bei zu großen Stücken besteht ansonsten die Gefahr, dass beide Partner dieses als Alles-oder-Nichts-Situation wahrnehmen und (zu) verbissen loslegen. Offenbar einigt man sich leichter über 80+40+30 als über 150.

Geht es in der Hauptsache mehr um eine gemeinsame Suche nach Lösungsoptionen, beginnen Sie immer mit Ihrer drittbesten Option und steigern sich dann. Wie bekannt, bleiben die erste und die letzte Nennung (Ihre beste Option!) stark haften. Außerdem hat ja die andere Seite vielleicht weitere Optionen im Sack, über die gesprochen werden muss. Legitimieren Sie Ihre beste Option, indem Sie die Optionen der anderen Seite nicht nur dankbar anerkennen, sondern auch durch Nachfragen und Ausloten gut kennenlernen. Nehmen Sie die Vorschläge aktiv auf, idealerweise auf einem Flipchart visualisiert. Erst wenn man sich verstanden fühlt, wird man auch Ihre Option verstehen wollen und können.

Das ist genau die Kunst – die andere Position wertschätzen, ohne deren Meinung zu sein. Außerdem könnte es ja sein, dass SIE auf eine Option gestoßen werden, die erkennbar vorteilhafter ist, als Ihre letzte (unveröffentlichte) Option. Dann hat sich die andere Seite eben auch gut vorbereitet – und das Schönste, Sie haben nur einen Vorteil davon!

Achten Sie auf klare Äußerungen

Achten Sie auch in diesem Zusammenhang darauf, dass man Ihre Äußerungen nicht missversteht. Nicken oder ein schlichtes „Ja“ könnte die andere Seite fälschlicherweise als inhaltliche Zustimmung deuten. Besser ist es, das eigene Mitdenken durch wertfreie und eindeutige Äußerungen („Ist mir klar geworden!“, „Hab ich verstanden!“) zu begleiten und zunächst keinerlei Wertung abzugeben oder unklar zu kommunizieren.

Eine Klippe ist noch da – der sogenannte gesunde Menschenverstand! Er wird oftmals durch das Adjektiv „vernünftig“ eingebracht. Als a priori vernunftbegabte Wesen kommen viele mit einer Ablehnung von etwas „Vernünftigem“ schwer klar. Verhandlungen sind immer auch Stresssituationen und wenn die andere Seite einen vernünftigen Vorschlag macht, können Sie das ruhig zugeben und auch nach außen kommunizieren. Das schließt nicht aus, dass es im Wettstreit um die beste Lösung für beide Seiten nicht noch etwas Besseres gibt – und das haben natürlich SIE in der Tasche! Idealerweise natürlich als vorbereitetes Flipchart!

In diesem Sinne werden Vorschläge niemals abgelehnt (und damit negative Begleiterscheinungen vermieden), sondern immer nur durch etwas Besseres ersetzt. Muten Sie sich und Anderen nicht zu viel zu. Zu Beginn ist der Druck ohnehin groß – es erscheint nicht klug, diesen Druck noch mit einer überladenen Agenda zu steigern und zum Schluss mit einer Erledigungsquote von 30% da zu stehen.

Verraten Sie keine Lösungsvorschläge oder Einigungsbandbreiten

Weiter oben habe ich die Gefahr des „… nicht zu viel verraten.“ genannt. Nennen Sie deshalb niemals Lösungsvorschläge oder gar Einigungsbandbreiten in der Agenda. Die andere Seite könnte daraus unangenehme Rückschlüsse ziehen („ Na wenn er schon so weit geht, dann ist doch sicher noch mehr drin!“) Außerdem könnte die andere Seite Rückschlüsse über Ihre Verhandlungsstrategie anstellen und es als „Friedensangebot“ deuten.

In der kommenden Folge werden wir uns deshalb mit dem Thema „Verhandlungsstrategie“ auseinandersetzen. Zur Erläuterung sei nachgeschoben, dass sich die hier genannten bestimmenden Merkmale der Agenda im Rahmen einer integrativen Strategie bewegen. Auf die restlichen Strategien (maßlos nur zum Zweck des mentalen Anfütterns übertrieben und mit Anschmeichler, Angsthase und Schützenkönig benannt) dürfen Sie sich im Teil XII gefasst machen.

Weitere Artikel dieser Serie:

Verhandlungstechnik (Teil I): Ordnen Sie Ihre inneren Stimmen!
Verhandlungstechnik (Teil II): Ihr Selbstbewusstsein als Erfolgsfaktor!
Verhandlungstechnik (Teil III): Stärken Sie Ihre Verhandlungsmacht!
Verhandlungstechnik (Teil IV): Nutzen Sie Ihre Verhaltensautomatismen!
Verhandlungstechnik (Teil V): Innere Barrieren abbauen!
Verhandlungstechnik (Teil VI): Gliedern Sie erfolgsorientiert!
Verhandlungstechnik (Teil VII): Ihre Vorbereitung ist das A und O!
Verhandlungstechnik (Teil VIII): Nutzen Sie die SWOT-Analyse!
Verhandlungstechnik (Teil IX): So sind Sie optimal vorbereitet!
Verhandlungstechnik (Teil X): So treten Sie gewinnend auf!
Verhandlungstechnik (Teil XII): Strategie – aber bitte die richtige!
Verhandlungstechnik (Teil XIII): Welche Strategie ist die richtige für Sie?
Verhandlungstechnik (Teil XIV): Der Kompromiss – Fluch oder Segen?
Verhandlungstechnik (Teil XV): So gelingt Ihr Verhandlungsstart!

(Bild: © iStockphoto.com)

Peter Ackermann

Der Unternehmensberater Peter Ackermann vertritt das Spezialgebiet "Verhandlungstechnik". Dabei wird das in 20 Jahren als Projektleiter im Anlagenbau erworbene Wissen dem Markt in Form von Verhandlungskonzepten, Strategieansätzen bis hin zur Ausbildung und Betreuung der Verhandlungsteams zur Verfügung gestellt. Eine handwerkliche Ausbildung sowie die über den zweiten Bildungsweg erworbenen technischen und kaufmännischen Diplome sichern dabei das Verständnis für die konkrete Situation des Auftraggebers ab.

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