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Führungskräfte sollen Verkäufer coachen

Entsprechend oft betonen die Personalverantwortlichen von Unternehmen im Gespräch: „Unsere Führungskräfte sollen ihre Mitarbeiter coachen“. Die Praxis zeigt jedoch: Viele Führungskräfte im Vertrieb nehmen diese Aufgabe ungenügend wahr. Und: Sie fühlen sich von ihr überfordert. Aus vielerlei Gründen. Die zentrale Ursache ist: Beim Vorbereiten ihrer Führungskräfte auf ihre Coachingaufgabe verfahren die Unternehmen oft wie beim Vorbereiten ihrer Verkäufer auf ihre Verkäuferaufgaben: Sie schicken die Führungskräfte auf ein Seminar. In der zwei, dreitägigen Veranstaltung erfahren sie dann, warum ein Coachen der Mitarbeiter wichtig ist. Außerdem lernen sie die relevanten Coachinginstrumente kennen. Und danach erhalten sie den Auftrag: Coacht fortan eure Mitarbeiter.

Übersehen wird dabei, dass

  • ein erfolgreiches Coachen der Mitarbeiter ein bestimmtes Selbstverständnis der Führungskraft voraussetzt und
  • das Entwickeln der Mitarbeiter ein Prozess und kein punktueller Akt ist, der ebenso professionell gestaltet und gemanagt werden muss wie das Führen von Kunden zur Kaufentscheidung.

Zu wenig beachtet wird bei einem solchen Vorgehen zudem, dass die nötige Kompetenz zum Coachen von Mitarbeitern nicht über Nacht vom Himmel fällt. Sie entwickelt sich allmählich – und zwar in einem längerfristigen Trial-and-Error-Prozess, bei dem das eigene Handeln immer wieder gezielt analysiert und hinterfragt wird.

Auch Coachs entwickeln sich

Das erkennen immer mehr Unternehmen. Deshalb bilden sie ihre Führungskräfte zunehmend berufsbegleitend zu Vertriebs- oder Salescoachs aus. Diese Weiterbildungen verbindet, dass sie sich in der Regel über einen längeren Zeitraum erstrecken – zum Beispiel zwölf oder 15 Monate. Außerdem sind sie modular aufgebaut. Das heißt: Das für das Coachen nötige Wissen wird den Führungskräften in wohldosierten Portionen vermittelt. Ähnlich wie bei einer guten Verkäuferausbildung. Auch dort wird den (angehenden) Verkäufern das erforderliche Know-how nicht in einem ein-, zweiwöchigen Kompaktseminar vermittelt. Vielmehr wird ihnen dieses Know-how in einer Vielzahl von kleinen Schulungseinheiten beigebracht, an die sich jeweils Praxisphasen anschließen, in denen die Verkäufer das Gelernte in ihren Arbeitsalltag übertragen. Und erst wenn sich das bereits Gelernte bei ihnen verankert hat, wird das nächste Thema aufgegriffen.

Ein weiteres Merkmal einer guten Vertriebs- oder Salescoach-Ausbildung ist: Das Lernen erfolgt in den einzelnen Modulen weitgehend anhand von Aufgaben und Fragestellungen aus dem Arbeitsalltag der Teilnehmer. Dies ist gerade bei Mitarbeitern im Vertrieb sehr wichtig – unabhängig davon, ob es sich hierbei um Verkäufer oder Führungskräfte handelt. Denn die Mitarbeiter im Vertrieb sind in der Regel pragmatische Macher. Das heißt: Wenn sie nicht unmittelbar erkennen, „Das ist für meinen Arbeitsalltag wichtig“, haken sie die Inhalte schnell unter der Überschrift „Das ist alles nur theoretisches Geschwätz“ oder „Das funktioniert in der Praxis nicht“ ab. Sie lassen sich also auf das, was ihnen vermittelt werden soll, nicht ein, und sind nicht bereit, ihr bisheriges Verhalten zu hinterfragen und neue Denk- und Verhaltensmuster zu entwickeln.

Selbst- und Führungsverständnis überdenken

Dies ist aber von fundamentaler Bedeutung dafür, dass Führungskräfte im Vertrieb ihre Aufgabe „Mitarbeiter coachen“ mit Überzeugung und professionell wahrnehmen. Deshalb starten die meisten Vertriebs- und Salescoach-Ausbildungen mit einem Baustein, in dem sich die Teilnehmer nochmals gezielt fragen:

  • Welches Selbstverständnis habe ich als Führungskraft?
  • Was ist meine Aufgabe und Funktion in der Organisation? Und:
  • Wie sollte ich mich verhalten sowie meinen Arbeitsalltag gestalten, damit ich meine (Führungs-)Aufgabe erfülle?

Diese Selbstreflexion ist auch nötig, weil die Leistung der Führungskräfte im Vertrieb sehr stark an den erreichten Zahlen gemessen wird. Dem entspricht ihr Verhalten. Auch sie führen ihre Mitarbeiter häufig weitgehend über Zahlen und übersehen dabei, dass die Zahlen das Ergebnis von Prozessen beziehungsweise eines Verhaltens sind, das (sie und) ihre Mitarbeiter in der Vergangenheit zeigten. Sie übersehen im Vertriebsalltag zudem oft, dass es nicht ihr Job als Führungskraft ist, das (Nicht-)Erreichen der gewünschten Zahlen zu konstatieren. Ihre Aufgabe ist es vielmehr, die Prozesse in ihrem Bereich so zu gestalten und ihre Mitarbeiter im Vertriebsalltag so führen, dass die definierten Ziele erreicht werden. Genau hierfür werden sie bezahlt.

Dieses Bewusstsein gilt es, in der Vertriebs- oder Salescoach-Ausbildung bei den Führungskräften zu erzeugen. Denn dann nehmen sie, sofern ihnen im weiteren Verlauf der Ausbildung auch das erforderliche Können zum Coachen der Mitarbeiter vermittelt wird, diese Aufgabe auch in ihrem Arbeitsalltag wahr.

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Klaus Kissel

Klaus Kissel ist einer der beiden Geschäftsführer des ifsm Institut für Salesmanagement, Urbar (Tel.: 0261/962 3641; info@ifsm-online.com), das auch berufsbegleitende Weiterbildungen zum Sales-Coach durchführt.

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