Skip to main content

Verhandlungstechnik: SWOT-Analyse nutzenHeute möchte ich Ihnen ein weiteres erfolgreiches Hilfsmittel vorstellen – die SWOT-Analyse. SWOT ist ein sog. Akronym, ein aus den Anfangsbuchstaben gebildeter künstlicher Begriff. Es wird aus

Strength = Stärke
Weakness = Schwäche
Opportunities = Chancen/ Gelegenheiten und
Threats = Bedrohungen, Risiken

gebildet. Wir bleiben bei den deutschen Begriffen (Stärken, Schwächen Chancen und Risiken), die oft in einer Vier-Felder-Matrix dargestellt werden.

Unternehmen nutzen es als Systematik zur Erstellung einer zeitpunktbezogenen Analyse. Stärken und (hoffentlich schonungslos formulierte) Schwächen sind die internen Faktoren, Chancen und Risiken fließen als externe Einflussgrößen ein.

Angenommen ein aktueller ökonomischer Engpass zwingt Sie, erstmalig nur ein gebrauchtes Kfz kaufen zu können. Sie haben sich bereits umgesehen und finden bei einem außerhalb ansässigen Händler einen seltenen Typ, der Ihnen aber auf den Leib geschneidert scheint. Sie beschließen, Ihre Verhandlungssituation mit dem SWOT-Diagramm zu beschreiben:

a) Stärken:

  • Sie zahlen bar.
  • Sie haben eine offene/freundliche Art.
  • Sie sind hartnäckig.

b) Schwächen:

  • Sie besitzen kein Pokerface – man sieht Ihnen jeden Bluff sofort an.
  • Sie haben keine Verhandlungserfahrung mit dem Typ „Feilschen“.
  • Sie verfügen kaum über technisches Beurteilungsvermögen des KFZ-Zustandes.
  • Sie haben nicht viel Zeit.
  • Sie kennen den Marktwert des Kfz nicht.
  • Sie können den Händler nicht einschätzen.
  • (Sie sind auf dieses Kfz bereits weitgehend festgelegt…nur mal nebenbei!)

c) Chancen:

  • Händler will seltenes Modell möglichst schnell loswerden
  • Wertverlust beim Händler – Wagen steht möglicherweise schon lange
  • Händler vermutlich verhandlungsbereit (kleines Unternehmen, relativ wenige Kfz auf dem Hof)

d) Risiken:

  • Kfz könnte schnell verkauft werden – wenn Sie zu lange warten
  • Kfz könnte einen Altschaden aufweisen
  • Händler erkennt Ihre technische Unkenntnis und verschweigt bekannte negative Merkmale
  • Händler erkennt Ihr Verhandlungsdefizit und nutzt den Vorsprung

Nun ist das gesamte Entscheidungsfeld aufgespannt. Im nächsten Schritt klären wir die Fragen und leiten unsere Schlussfolgerungen ab. Ihre Stärken sind verfügbar – und kaum kurzfristig um relevante Positionen zu ergänzen. An den genannten Schwächen können wir jedoch gut ansetzen. Zunächst ordnen wir die Punkte mit absteigender Relevanz:

  1. Sie kennen den Marktwert des Fahrzeugs nicht.
  2. Sie haben nicht viel Zeit.
  3. Sie verfügen kaum über technisches Beurteilungsvermögen des Fahrzeugzustandes.
  4. Sie haben keine Verhandlungserfahrung mit dem Typ „Feilschen“.
  5. Sie besitzen kein Pokerface – man sieht Ihnen jeden Bluff sofort an.
  6. Sie können den Händler nicht einschätzen.

Nun ist Optionsspürsinn gefragt – was können Sie tun, um die Schwächen zu minimieren oder gar in Stärken zu verwandeln? Gehen Sie möglichst unvoreingenommen an die Geschichte heran; erst mal Ideen notieren, später bewerten und ordnen.

Natürlich können Sie sich in diversen Automärkten im Internet umschauen, damit Sie eine Wertvorstellung für „Ihr“ Modell entwickeln. Soviel Zeit ist immer. Dann hätten Sie die ersten beiden Punkte abgedeckt. Was jedoch, wenn Ihnen der Händler wortreich erklärt, warum gerade dieses Exemplar 1.500,- Euro über dem von Ihnen gebildeten preislichen Mittelwert liegt? Punkt 3 schlägt Ihnen hier in die Hacken, von den Punkten 4 bis 6 nicht zu reden.

Sie könnten sich der Hilfe eines TÜV-Experten bedienen, der ein Wertgutachten erstellt – damit wären dann die Punkte 1-3 abgedeckt. Für die Punkte 4-5 könnten Sie sich einen Verhandlungsberater nehmen – aber der ist auch auf einen Wert von Ihnen angewiesen, erwartet etwas Spielraum und kostet etwas. Vielleicht besteht über Freunde/Bekannte/Verwandte/Kollegen die Möglichkeit, auf einen vertrauenswürdigen Autohändler/begeisterten Bastler/geübten Altautoverhandler zuzugreifen. Lagern Sie die Punkte aus! Zusammen mit der Internetrecherche und der Einschätzung Ihres Agenten wären Sie schon ein ganzes Stück weiter.

Hauptsache, es geht einigermaßen zügig voran. Ihre Risiken sind ja auch noch da. Ihre geordnete Risikoliste könnte so aussehen:

  1. Wagen könnte einen Altschaden aufweisen
  2. Händler erkennt Ihre technische Unkenntnis und verschweigt bekannte negative Merkmale
  3. Händler erkennt Ihr Verhandlungsdefizit und nutzt den Vorsprung
  4. Wagen könnte schnell verkauft werden – wenn Sie zu lange warten

Wie durch Zauberhand erscheinen die notierten Risiken plötzlich halb so wild. Unerwartet entfällt ein Zeitfresser und Schwächepunkt 2 rutscht nach unten. Sie beschließen daraufhin, sich erst einmal auf dem Hof des Händlers blicken zu lassen, mal was zu fragen, Umgebung und Typus aufzunehmen, keinesfalls Interesse zu signalisieren, mal zuzuhören wie Andere vorgehen und der Händler reagiert. Die Schwächenliste steuert damit Ihr taktisches Vorgehen.

In der nächsten Folge werden wir dann die SWOT-Vorgehensweise verallgemeinern.

Weitere Artikel dieser Serie:

Verhandlungstechnik (Teil I): Ordnen Sie Ihre inneren Stimmen!
Verhandlungstechnik (Teil II): Ihr Selbstbewusstsein als Erfolgsfaktor!
Verhandlungstechnik (Teil III): Stärken Sie Ihre Verhandlungsmacht!
Verhandlungstechnik (Teil IV): Nutzen Sie Ihre Verhaltensautomatismen!
Verhandlungstechnik (Teil V): Innere Barrieren abbauen!
Verhandlungstechnik (Teil VI): Gliedern Sie erfolgsorientiert!
Verhandlungstechnik (Teil VII): Ihre Vorbereitung ist das A und O!
Verhandlungstechnik (Teil IX): So sind Sie optimal vorbereitet!
Verhandlungstechnik (Teil X): So treten Sie gewinnend auf!
Verhandlungstechnik (Teil XI): Ihre Agenda ist der Weg!
Verhandlungstechnik (Teil XII): Strategie – aber bitte die richtige!
Verhandlungstechnik (Teil XIII): Welche Strategie ist die richtige für Sie?
Verhandlungstechnik (Teil XIV): Der Kompromiss – Fluch oder Segen?
Verhandlungstechnik (Teil XV): So gelingt Ihr Verhandlungsstart!

(Bild: © Akhilesh Sharma – Fotolia.de)

Peter Ackermann

Der Unternehmensberater Peter Ackermann vertritt das Spezialgebiet "Verhandlungstechnik". Dabei wird das in 20 Jahren als Projektleiter im Anlagenbau erworbene Wissen dem Markt in Form von Verhandlungskonzepten, Strategieansätzen bis hin zur Ausbildung und Betreuung der Verhandlungsteams zur Verfügung gestellt. Eine handwerkliche Ausbildung sowie die über den zweiten Bildungsweg erworbenen technischen und kaufmännischen Diplome sichern dabei das Verständnis für die konkrete Situation des Auftraggebers ab.

Der Artikel hat dir gefallen? Gib uns einen Kaffee aus!

Leave a Reply