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Soll ich in den Konflikt eingreifen? Das fragen sich Führungskräfte oft, wenn sie erkennen: Zwischen zwei Mitarbeitern herrscht Streit. Und oft sind sie unsicher: Wie soll ich vorgehen? Deshalb hier einige Tipps für eine mögliche Konfliktmoderation und Lösung.

Beispiel: Herr Mayer vs. Frau Schmid – oder: Überstunden vs. Stechuhr

Konflikte gehören zum Leben wie das Salz zur Suppe. Doch was ist überhaupt ein Konflikt und wie kann er zwischen Mitarbeitern entstehen? Ein Beispiel:

Zwei Mitarbeiter arbeiten in einer Abteilung. Herr Mayer macht oft Überstunden bis spät abends, Frau Schmid geht stets um 16 Uhr nach Hause. Dies ist so lange kein Konflikt, wie beide Kollegen dies okay finden. Angenommen nun, auch Herr Mayer möchte früher nach Hause. Er kann dies aber nur, wenn Frau Schmid ihn stärker unterstützt. Darauf angesprochen sagt sie: „Geht leider nicht. Ich muss wegen meiner Tochter um 16.30 Uhr zu Hause sein.“ Auch jetzt besteht noch kein Konflikt, sofern Herr Mayer diese Begründung akzeptiert und seine Interessen zurückstellt.

Erst wenn Herr Mayer denkt „Immer soll ich Rücksicht nehmen. Was ich will, ist dieser Egoistin egal – das mache ich nicht länger mit“, wird der Interessengegensatz zum Konflikt. Denn jetzt beginnt Herr Mayer, Druck auf Frau Schmid auszuüben – ohne den gewünschten Erfolg. Deshalb fühlt er sich und seine Interessen nicht ernst genommen. Er ist verletzt. Die Stimmung sinkt auf den Nullpunkt. Und die Arbeitsergebnisse? Sie verschlechtern sich, weil sie von der Zusammenarbeit der beiden abhängen.

Einen Konflikt kennzeichnen drei Elemente

  1. Nichtbeachtung gegenseitiger Interessen
  2. wechselseitige Abhängigkeit der Beteiligten
  3. Verletzungen auf der Beziehungsebene

4 Fragen, die für eine Konflikt-Analyse wichtig sind

Hier liegt denn auch der Ansatzpunkt für Führungskräfte zur Früh-Erkennung von Konflikten. Zum Beispiel, indem sie analysieren:

  1. Wer ist von wem wie abhängig?
  2. Gibt es Signale für eine mangelnde Wertschätzung?
  3. Wer beachtet die Bedürfnisse einer anderen Person nicht?
  4. Welche Mitarbeiter provozieren vielleicht Streit?

EXTRA: Die totale Diva? 4 Tipps, um schwierige Mitarbeiter zu führen

Konfliktmanagement: Nicht bei jedem Konflikt intervenieren

Doch sollten Führungskräfte bei jedem Konflikt eingreifen? Nein! Denn ihre zentrale Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass ihre Mitarbeiter die geforderte Leistung bringen. Also sollten sie vor allem bei Konflikten intervenieren, die die Leistung schmälern. Aber wie?

Manch (Hobby-)Psychologe behauptet: Wenn die Betroffenen über ihre Gefühle reden, wird alles besser. Das mag für Paarbeziehungen gelten, aber nicht für die meisten Konflikte in Betrieben.

Würde Herr Mayer zu Frau Schmid sagen „Sie sind eine Egoistin. Sie denken nur an sich.“, dann wäre das Tischtuch zwischen ihnen zerschnitten. Und eine Lösung des Konflikts zum Beispiel in der Form, dass Frau Schmid zwar um 16 Uhr geht, aber zu Hause weiterarbeitet, wäre nicht mehr möglich.

Zuweilen können Führungskräfte Konflikte entkräften, indem sie die Abhängigkeit zwischen den Beteiligten lösen. Zum Beispiel, indem sie deren Arbeitsgebiete stärker voneinander abgrenzen. Das ist aber oft nicht möglich. Dann liegt der Königsweg im Auflösen der Blockaden, die die „Kontrahenten“ am Erreichen ihrer Ziele hindern. Bewährt hat sich, im Rahmen einer Konfliktmoderation gemeinsam nach einem Weg zu suchen, wie beide Seiten ihre Interessen weitestgehend verwirklichen können.

Extra: Konfliktmanagement: Bernhard Fanger im Experten-Interview

Doch Vorsicht! Eine Führungskraft kann nicht jeden Konflikt moderieren. Ist sie emotional beteiligt, dann sollte eine neutrale Person die Moderation übernehmen. Dasselbe gilt, wenn sie eine bestimmte Lösung erwartet – zum Beispiel, um gewisse übergeordnete Ziele zu erreichen. Dann ist keine Konfliktmoderation angesagt, sondern ein Anwenden der klassischen Führungsinstrumente wie Anweisung oder Leistungsvereinbarung.

Konfliktmanagement: Ist den Beteiligten der Konflikt bewusst?

Nehmen wir an, du erwägst eine Konfliktmoderation zur Konfliktbewältigung. Dann solltest du vorab das Problembewusstsein der Beteiligten klären. Denn zuweilen reagieren Mitarbeiter verwundert, wenn man sie auf Konflikte anspricht: „Wie kommen Sie darauf?“ Sie negieren den Konflikt und lassen gutgemeinte Bemühungen ins Leere laufen. Also solltest du zunächst klären:

Ist den Beteiligten der Konflikt bewusst?

Und: Ist ihr Leidensdruck so groß, dass sie bereit sind, Zeit und Energie in eine Lösung zu investieren? Hole erst danach die Zustimmung zur Konfliktmoderation ein.

Konfliktbewältigung: Das Vorgehen VOR einer Konfliktmoderation

  1. Lass dir hierfür den Konfliktverlauf schildern – verzichte dabei aber auf jede Wertung. Frage vielmehr nach den Auswirkungen und ob die Situation für die Beteiligten zufriedenstellend ist. Wenn die Konfliktparteien „Natürlich nicht“ antworten, sind sie vermutlich bereit, einen neuen Weg zu gehen. Dann kannst du eine Konfliktmoderation vorschlagen.
  2. Sagen die Beteiligten ja, gilt es einen Moderator zu finden. Stelle es den Konfliktbeteiligten frei, sich den Moderator selbst zu suchen. Biete dich erst als Moderator an, wenn die Mitarbeiter dies wünschen. Und erläutere ihnen, warum du bereit bist, den Konflikt zu moderieren – zum Beispiel weil du möchtest, dass beide wieder in einer entspannten Atmosphäre effektiver arbeiten.
  3. Du solltest zunächst den Ablauf der Moderation schildern – wenn die Beteiligten dich als Moderator wählen. Bitte beide Konfliktparteien außerdem, sich vorab zu überlegen, welche Verhaltensweisen sie sich vom jeweils anderen wünschen, um besser arbeiten zu können.

Konfliktlösung: Der mögliche Ablauf einer Konfliktmoderation

Nachfolgend ein Beispiel für den möglichen Ablauf einer Konfliktmoderation zwischen zwei Parteien in acht Schritten:

  1. Das Ziel klären
  2. Regeln festlegen
  3. Wünsche & Bedürfnisse sammeln
  4. Verständnis klären
  5. Gemeinsam Lösungen suchen
  6. Lösungen bewerten & aushandeln
  7. Absprachen treffen & Protokoll erstellen
  8. Abschließen & Folgetermin vereinbaren

– Klick auf die Headline und springe direkt zum Absatz –

1. Das Ziel klären

Die Parteien kommen meist voller Emotionen zur Konfliktmoderation und zuweilen ist ihnen die Situation peinlich. Sage deshalb zu Beginn einige Worte zum Thema Konflikte. Zum Beispiel, Konflikte gibt es überall. Nicht nur im Betrieb.

Konflikte entstehen stets aufs Neue.

Zum Beispiel, weil sich die Anforderungen ändern, müssen neue Problemlösungen gefunden werden. Deshalb sind Konflikte oft wichtige Auslöser für Innovationen.

Erkläre den Konfliktparteien nochmals, worum es bei der Konfliktmoderation geht: um ein Lösen des Konflikts. Jedoch nicht in der Form, dass wie in einer Therapie alle Emotionen und Erfahrungen in der Vergangenheit aufgearbeitet werden.

Auch nicht in der Form, dass wie in Betrieben oft üblich, der Konflikt ignoriert oder durch formale Regelungen zugedeckt wird. Nein, die Arbeitsbeziehung soll neu ausgehandelt und so geregelt werden, dass beide Mitarbeiter gut damit leben und ihren Job besser machen können. Dabei lautet die Maxime: Kein Beteiligter muss einer Lösung zustimmen, die ihn zum Verlierer macht. Ziel ist es, den Konflikt zur Zufriedenheit beider zu lösen.

Extra: Konflikte im Team? So verbesserst du die Zusammenarbeit [+Video]

2. Regeln festlegen

Definiere mit den Konfliktpartnern Regeln für die Moderation. Zum Beispiel:

  • Beide stellen Forderungen an das Verhalten des jeweils anderen.
  • Diese werden nach dem Prinzip „Geben und Nehmen“ ausgehandelt.
  • Die Absprachen werden schriftlich fixiert.

Vereinbare mit den Konfliktpartnern auch, worüber Vertraulichkeit gewahrt und worüber mit Dritten gesprochen werden darf. Kläre zudem deine Aufgaben als Moderator. Zum Beispiel:

  • Ich verhalte mich neutral und achte auf das Einhalten der Regeln.
  • Ich sichere ab, dass die geplanten Schritte des Konfliktgesprächs eingehalten werden.
  • Ich schreite ein, wenn einer dem anderen „schlechte“ Absichten unterstellt.
  • Ich verhindere, dass über Undiskutierbares, also zum Beispiel die Unternehmensziele, verhandelt wird.
  • Ich achte darauf, dass keine Vereinbarungen zu Lasten Dritter getroffen werden.

3. Wünsche & Bedürfnisse sammeln

Sind die Formalien geklärt, kannst du die Beteiligten zum Beispiel bitten, auf einem Formblatt folgende Fragen zu beantworten:

  • „Es würde mir helfen, effektiver zu arbeiten, wenn du folgendes häufiger/anders tun würdest: …. weil…“
  • „Es würde mir helfen, effektiver zu arbeiten, wenn du folgendes seltener/nicht mehr tun würdest: ….weil…“
  • „Behalte folgende Aktivitäten bei, die mir helfen, effektiv zu arbeiten: ….“

4. Verständnis klären

Die ausgefüllten Formblätter kannst du entweder kopieren oder so aufhängen, dass sie jeder lesen kann. Bitte die Konfliktpartner, die Forderungen/Wünsche des jeweils anderen mit eigenen Worten laut zu formulieren.

„Du willst, dass ich …“

Der andere soll die Aussage entweder bestätigen oder korrigieren. Bitte als Moderator, sofern nötig, um Beispiele für das gewünschte Verhalten, um das Verständnis sicherzustellen.

5. Gemeinsam Lösungen suchen

Hier ist das Brainstorming die Technik der Wahl, denn sie ermöglicht es allen Beteiligten, optimal zur Lösung beizutragen. Zudem sollte das Suchen und Sammeln der möglichen Elemente einer Lösung frei von (vorschnellen) Bewertungen erfolgen.

Extra: Sachlich bleiben: 5 Tipps, um Konflikte zu lösen

6. Lösungen bewerten & aushandeln

Nach dem Sammeln können beide Konfliktparteien anhand ihrer Forderungen die Lösungsvorschläge markieren, die ihnen am ehesten geeignet erscheinen. Bitte die Konfliktparteien anschließend, sich wechselseitig Angebote zu machen. Zum Beispiel:

„Wenn du mich detaillierter informierst, würde ich ….“

Achte als Moderator darauf, dass das Aushandeln ein wirkliches Geben und Nehmen ist. Die Erfahrung zeigt: Oft gehen die so ausgehandelten Lösungen weit über die vorangegangen Streitpunkte hinaus und schaffen so eine Win-Win-Situation.

7. Absprachen treffen & Protokoll erstellen

Notiere alle getroffenen Absprachen. Dass beim Aushandeln der künftigen Arbeitsbeziehung auch mal die Emotionen hochkochen und schmerzhafte Erlebnisse aus der Vergangenheit geschildert werden, ist denkbar. Das solltest du zulassen, damit der Druck aus dem Kessel weicht.

Dabei musst du aber Fingerspitzengefühl zeigen und darauf achten, dass sich kein Druck aufbaut. Konstatiere nach dem Gefühlsausbruch zum Beispiel ruhig, dass dieser zeigt, wie viel Emotionen im Spiel sind und dass solche Verletzungen sicher auf beiden Seiten existieren. Und schlage danach vor:

„Lasst uns jetzt wieder zu den Verhaltensweisen zurückkehren, die ihr euch künftig wünscht.“

8. Abschließen & Folgetermin vereinbaren

Die bei Konfliktmoderationen getroffenen Vereinbarungen erscheinen Außenstehenden oft unbedeutend. Für die Beteiligten sind sie aber wichtig, weil Emotionen daran hängen. Folglich muss die Umsetzung der Abmachungen auch nachhaltig sichergestellt werden, damit alte Wunden nicht erneut aufgerissen werden.

Vereinbart werden sollte auch, was geschieht, wenn Absprachen nicht eingehalten werden. Dies müssen keine Sanktionen sein. Eine solche Vereinbarung kann lauten:

„Dann sprechen wir uns künftig darauf an – statt den Ärger hinunterzuschlucken.“

Vereinbare aber auf alle Fälle einen gemeinsamen Folgetermin, um zu überprüfen, ob die Absprachen eingehalten wurden und eventuell neue Konfliktpunkte entstanden sind.

So geht’s nach einem Konfliktgespräch weiter

Teambuilding: Vom Kollegen-Haufen zum Dream-Team

Agile Teamarbeit: Erfolge teamisieren

(Zu den Autoren: Vera Petersen und Reiner Voss arbeiten als Trainer für das Trainings- und Beratungsunternehmen Voss+Partner, Hamburg, das unter anderem ein Konfliktmanagement-Seminar anbietet, in dem auch das Thema Konfliktmoderation behandelt wird.)

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Vera Petersen

Vera Petersen arbeitet als Trainerin für das Trainings- und Beratungsunternehmen Voss+Partner, Hamburg, das unter anderem ein Konfliktmanagement-Seminar anbietet, in dem auch das Thema Konfliktmoderation behandelt wird.

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One Comment

  • ProfD.M. sagt:

    Merkwürdig, dass die Verfasserin vertritt, Mitarbeiter sollten in einem Konflikt nicht über ihre Gefühle reden und abwertend meint, dass würden nur Hobby-Psychologen behaupten. In einem beruflichen Konflikt geht es immer auch um verletzte Gefühle, z.B. fühlt sich ein Mitarbeiter ausgenutzt, wenn er immer länger arbeiten muß während der Kollege pünktlich nach Hause geht, oder ein Kollege fühlt sich von einem anderen nicht ernst genommen. Diese Unzufriedenheit führt dann zu Mißverständnissen und das Arbeitsklima leidet. Es ist gerade wichtig, dass diese verletzten Gefühle in einer Konfliktmoderation aufgedeckt werden, dies sollte in der Ich-Form geschehen: ich fühle mich ausgenutzt weil……wenn Sie immer……und hat nichts damit zu tun den Kollegen – wie als Beispiel angeführt – als Egoisten zu titulieren. Die Verfasserin scheint nicht viel von Gefühlen zu verstehen……etwas mehr Beschäftigung mit Psychologie wäre für ihren Job sinnvoll.

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