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Die heutige Arbeitswelt verlangt den Akteuren des Wirtschaftssystems ein hohes Maß an Fähigkeiten ab. Durch ein erfolgreiches Selbstmanagement  erhöhen sich die individuellen Handlungsmöglichkeiten – der eigene Horizont erweitert sich. Unternehmer.de sprach mit Management-Berater Ingo A. Hartmann über die Geheimnisse eines effizienten Selbstmanagements.

Herr Hartmann, ist ein effizientes Selbstmanagement für jeden lernbar?

Ingo A. Hartmann: Selbstmanagement – mit der Zielsetzung der eigenständigen Problembewältigung, um unabhängig von externer professioneller Hilfe das Leben in den Griff zu bekommen – kann als „Selbstmanagement-Therapie” im Rahmen einer kognitiven Verhaltenstherapie unter Anleitung erfahrener Therapeuten erlernt werden. In diesem Zusammenhang wurde der Begriff „Selbstmanagement” ursprünglich geprägt und hatte nichts mit „Management” oder dem Wirtschafts- und Geschäftsleben zu tun.

Selbstmanagement als Management der eignen Person bzw. des eignen Handelns, das auf die Entwicklung der Persönlichkeit und langfristigen persönlichen Erfolg zielt, kann eigenständig im Rahmen eines begleitenden Coaching oder mit Hilfe von Selbsthilfe-Ratgebern erlernt werden. Diese Form von Selbstmanagement basiert in ihrer grundsätzlichen Methodik – z. B. Prioritätensetzung, Unterscheidung von Dringlichem und Wichtigem – im Wesentlichen auf dem von Peter F. Drucker in den 1950er Jahren zur Führung von Mitarbeitern eines Unternehmens entwickelten Managementsystem „Mangement by Objectives (MbO)” – Führen durch Zielvereinbarungen.

Grundvoraussetzungen für ein effizientes Selbstmanagement sind die Fähigkeit zu lernen sowie die Bereitschaft, sich auf einen Prozess der Persönlichkeitsentwicklung einzulassen.

Welche Charaktereigenschaften sind einem erfolgreichen Selbstmanagement am dienlichsten?

Ingo A. Hartmann: Auf der Grundlage des Fünf-Faktoren-Modells (Big Five) – einem leistungsfähigen Instrument zur Beschreibung von Persönlichkeitseigenschaften – lassen sich folgende fünf vorteilhafte Eigenschaften für ein erfolgreiches Selbstmanagement nennen:

Erstens emotionale Stabilität: Emotional stabile Menschen sind ruhig, ausgeglichen, sorgenfrei, und geraten auch in Stresssituationen nicht zu leicht aus der Fassung.

Zweitens Introversion – mit einem „Schuss” Extraversion: Introvertierte Menschen sind ausgeglichen, zurückhaltend, konzentriert, gerne allein und unabhängig. Sie bekommen ihre Energie von innen heraus, denken ausgiebig über Dinge nach bevor sie handeln und sind reich an Ideen. In bestimmten Situationen benötigen Menschen als soziale Wesen jedoch auch eine Portion Extraversion. Extravertierte Menschen mögen die Gesellschaft von Menschen, sind selbstsicher, aktiv, gesprächig, energisch, heiter und optimistisch und lieben Aufregungen.

Drittens Offenheit für Erfahrungen: Personen, die sich stark mit neuen Erfahrungen, Erlebnissen und Eindrücken beschäftigen, nehmen ihre eigenen Gefühle, positive wie negative, deutlich wahr, sind wissbegierig, intellektuell, phantasievoll, experimentierfreudig und künstlerisch interessiert. Sie sind eher bereit, bestehende Normen kritisch zu hinterfragen und sich auf neuartige soziale, ethische und politische Wertvorstellungen einzulassen. Sie sind unabhängig in ihrem Urteil, verhalten sich häufig unkonventionell, erproben neue Handlungsweisen und bevorzugen Abwechslung.

Viertens Verträglichkeit: Verträgliche Menschen handeln selbstlos. Sie begegnen anderen mit Verständnis, Wohlwollen und Mitgefühl, sie sind bemüht, anderen zu helfen, und überzeugt, dass diese sich ebenso hilfsbereit verhalten werden. Sie neigen zu zwischenmenschlichem Vertrauen, zur Kooperativität, zur Nachgiebigkeit, und sie haben ein starkes Harmoniebedürfnis. In bestimmten Situationen kann jedoch auch die Fähigkeit kompetitiv für eigene Interessen zu kämpfen hilfreich sein.

Fünftens Gewissenhaftigkeit: Gewissenhafte Menschen handeln organisiert, sorgfältig, planend, effektiv, verantwortlich, zuverlässig und überlegt.

Was sind die häufigsten Fehler beim Selbstmanagement?

Ingo A. Hartmann: Selbstmanagement zielt auf die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und letztlich auf den langfristigen persönlichen Erfolg. Folgende Einstellungen und Verhaltensweisen treten in der Praxis häufig auf und sind erfahrungsgemäß für erfolgreiches Selbstmanagement kontraproduktiv:

Erstens hinderliche Glaubenssätze: Die Verhältnisse sind nicht entscheidend für den persönlichen Erfolg, sondern die individuelle Interpretation dieser Verhältnisse. Menschen erhalten immer das, worauf sie ihre Aufmerksamkeit richten – die sich selbst erfüllende Prophezeiung. Hinderliche Glaubenssätze – also Annahmen über die Realität, Überzeugungen – beeinflussen beispielsweise als Perfektionismus Emotionen und Handlungen. Es ist notwendig diese hinderlichen Annahmen zu erkennen und durch nützliche Glaubenssätze zu ersetzen.

Zweitens gute Vorsätze ohne Handlung: Menschen, die nur reden oder planen, werden keinen Erfolg erzielen. Sie werden aufhören an sich zu glauben. Und wenn sie nicht mehr an sich glauben, wird es auch kein anderer tun. Oft ist es hilfreich, den nächsten Schritt zu definieren und ihn so bald wie möglich zu gehen. Ein Weg entsteht, wenn man ihn geht, und immer mit dem ersten Schritt.

Drittens Vernachlässigung wichtiger Lebensbereiche: Langfristiger persönlicher Erfolg lässt sich nicht einseitig durch kurzfristige berufliche bzw. geschäftliche Erfolge zu Lasten anderer wichtiger Lebensbereiche erzielen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die verschiedenen Lebensbereiche einzuteilen. Entscheidend ist nicht so sehr die theoretische Basis, sondern insbesondere die Zweckmäßigkeit. Vier Lebensbereiche lassen sich schneller, acht differenzierter planen.

Viertens das „Hamsterrad-Syndrom”: Täglich stürzt eine Fülle von Anforderungen auf uns ein und wir haben das Gefühl, jeder will uns für seine Ziele einspannen. Das wichtigste und zugleich schwierigste Wort, um langfristig erfolgreich zu sein, ist „Nein”. Wer es schafft, den Blick aufs Wesentliche zu richten, Prioritäten zu setzen, die wichtigen Dinge zuerst zu erledigen bzw. die Erledigung zu delegieren, ist klar im Vorteil.

Fünftens ineffektive Effizienz: Zeit sparen bzw. Zeitverschwendung vermeiden ist zwar effizient, führt jedoch nicht zwingend zum Ziel. Primär geht es darum, die vorhandene Zeit optimal – also effizient – für die zielführenden Aktivitäten – also effektiv – zu verwenden. Albert Einstein stellte in diesem Zusammenhang fest: ‚Wir leben in einer Zeit vollkommener Mittel und verworrener Ziele.‘

Welche Aspekte sollten beim Selbstmanagement die höchste Priorität haben?

Ingo A. Hartmann: Selbstmanagement ist kein Selbstzweck. Letztlich zielt erfolgreiches Selbstmanagement immer auf ein positives Resultat persönlichen Handelns, auf persönlichen langfristigen Erfolg. Um wirklich erfolgreich zu sein, sind drei Aspekte entscheidend:

Ausrichtung auf eine klaren, sinnvollen und nutzenorientierten Lebenstraum, der begeistert. Menschen, die einen Lebenstraum in sich tragen, der sich an lebenswerten Wertvorstellungen orientiert, tun voller Energie und beharrlich das, was notwendig ist, um den Weg zur Realisierung ihres Lebenstraums zu gestalten. Eigener Erfolg auf Kosten anderer ist meist begrenzt und von kurzer Dauer. Langfristiger Erfolg basiert nicht auf individueller Nutzenmaximierung, sondern auf konsequenter Nutzenorientierung. Weil man dem Anderen viel mehr nutzen kann als sich selbst, führt der Umweg über den Nutzen des Anderen letztlich zum eigenen Erfolg. Wer sich klare messbare Ziele setzt und dabei seine Mitmenschen bestmöglich fördert und ihnen den größtmöglichen Nutzen bietet, wird langfristig erfolgreich sein.

Veränderung beginnt immer mit der Entwicklung der eigenen Person. Wer die Welt verändern will, sollte bei sich selbst beginnen. Wer sein Leben erfolgreich verändern will, sollte seine Einstellungen, Werthaltungen, Stärken, Fähigkeiten, Vorlieben auf den Prüfstand stellen und in Übereinstimmung mit seinem Lebenstraum bringen. Wichtige Erfolgsfaktoren sind die Bereitschaft (Selbst-)Verantwortung zu übernehmen, und das eigene Handeln bzw. Unterlassen als Ursache für Erfolg zu erkennen.

Konsequente Umsetzung: Persönlicher Erfolg ist nicht allein vom Wollen abhängig, sondern vor allem davon, dass man das was man sich vorgenommen hat, auch tut – beharrlich und konsequent. Um langfristig erfolgreich zu sein, kommt es darauf an, möglichst viel Zeit für die richtigen – wichtigen – Aktivitäten zu verwenden und möglichst wenig Zeit für die falschen zu verschwenden. Möglichkeiten für Ablenkungen, Verzettelung, Ausreden oder Passivität sollten bedacht und, wenn sie sich nicht vermeiden lassen, systematisch in den Alltag integriert werden. Beispielsweise indem man Prioritäten setzt und Wichtiges dringlich macht, indem man einen Anderen (z. B. einen Coach) damit beauftragt, regelmäßig nachzufragen, ob der nächste Schritt auf dem Weg zum Ziel erledigt ist. In schweren Fällen kann man auch unangenehme Konsequenzen für nicht erledigte Aufgaben vereinbaren.

Herr Hartmann, wir bedanken uns für dieses Gespräch!

Hartmann + Hartmann – Sozietät beratender Betriebswirte GbR

(Bild: © aldegonde le compte – Fotolia.de)

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