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Vier-Augen-Gespräch mit dem Mitarbeiter: Für jeden die richtigen Worte finden (Teil II)Das Wertesystem des Partners ermitteln: Bei dieser Vor-Entscheidung hilft oft, dass in den meisten Berufen bestimmte Typen überproportional häufig vertreten sind. So spielt zum Beispiel im Wertesystem der meisten Beamten das Thema Sicherheit eine große Rolle, und dies spiegelt sich in ihrem Denk- und Kommunikationsstil wider.

Überraschend ist dies nicht. Denn die mit dem Wert Sicherheit verbundenen Eigenschaften sind in ihrem Beruf gefragt. Ebenso verhält es sich mit den Personen, die bestimmte Positionen in Unternehmen innehaben. Vertriebsleiter haben in der Regel ein anderes Wertesystem und einen anderen Denk- und Kommunikationsstil als die Leiter der Forschungsabteilungen.

Ebenfalls ein Indiz für das Wertesystem unserer Gesprächspartner kann sein, wie deren Büros eingerichtet und gestaltet sind. Stehen im Büro zum Beispiel viele Pflanzen und hängen dort zahlreiche Bilder von geliebten Menschen, ist alles eher in warmen Farben, dann spricht dies dafür: Der „Bewohner“ ist ein beziehungsorientierter Typ.

Stellen im Büro hingegen nur einige, außergewöhnliche Designermöbel und hängen an den Wänden nur originelle Zeichnungen, dann liegt nahe: Der „Bewohner“ ist eher ein experimenteller Typ. Ein Indikator für das Wertesystem unseres Partners ist neben der genutzte Sprache auch die Art, wie er die Begrüßung gestaltet: Erhebt er sich vom Schreibtisch und kommt er auf uns zu oder ….? Kommt er gleich zur Sache oder ….?

Anhand solcher Faktoren können wir eine erste Einschätzung vornehmen. Doch Vorsicht! Stecken Sie eine Person nie vorschnell in eine Schublade, aus der es kein Entrinnen gibt. Aus folgenden Gründen: Mehr als Indizien liefern uns die genannten Elemente nicht. Und was noch wichtiger ist: Untersuchungen zeigen: Nur vier Prozent aller Menschen lassen sich genau ein Denkstil zuordnen.

Bei den meisten sind zwei oder gar mehr Stile überproportional stark ausgeprägt. Letztlich lautet die Frage, die wir uns stellen sollten, also nicht: Welchen Denk- und Kommunikationsstil hat unser Gegenüber? Sondern: Welche Denk- und Kommunikationsstile sind bei ihm überproportional stark ausgeprägt? Welche Stile dominieren sozusagen die anderen.

Argumentation und Sprachstil anpassen

Wissen wir dies, können wir daraus ableiten, was unserem Gegenüber besonders wichtig ist. Also können wir auch entscheiden, welche Kernbotschaften im Zentrum unserer Rede oder Argumentation stehen sollten, weil sie unserem Gegenüber aus seiner Warte den größten Nutzen bieten und bei ihm die meisten positiven Gefühle auslösen.

Dies setzt voraus, dass wir im Vorfeld die für die verschiedenen Typen relevanten Kernbotschaften ermittelt haben. Bei einer Person, für die der materielle Gewinn besonders wichtig ist, kann dies zum Beispiel die durch eine Lösung erzielte Zeit- und Kostenersparnis sein. Und bei einer Person, die auf Sicherheit großen Wert legt, kann die Argumentation darauf abzielen, wie fehlerfrei eine Maschine arbeitet und wie gering der Wartungsbedarf ist.

Wichtig ist aber nicht nur, dass wir an unsere Partner die richtigen Botschaften senden. Wir sollten sie auch so verpacken, dass sie ankommen. Denn richtig verpackt kann ein- und dasselbe Nutzenargument dazu führen, dass alle Partner sagen: Ja, das will ich haben. Hierfür ein Beispiel. Nehmen wir an, Sie möchten Ihre Kollegen davon überzeugen, dass eine bestimmte Maschine angeschafft wird. Dann kann Ihre Argumentation bei einem eher logischen Denker lauten: „Diese Maschine verringert die Ausfallzeiten um 80 Prozent. Dadurch steigt unsere Produktivität um fünf Prozent. Hierdurch erhöht sich unser Ertrag um 20.000 Euro.“

Bei einem experimentellen Typ könnte die Argumentation lauten: „Stellen Sie sich eine Produktion vor, die völlig pannenfrei läuft. Dieser Vision nähern wir uns mit dieser Maschine, denn sie ….“ Bei Personen mit einem strukturierten Denkstil: „Mit dieser Maschine sinkt das Risiko eines Produktionsausfalls um 20 Prozent – das garantiert der Hersteller. Deshalb können wir auch unseren Kunden zusichern, dass ….“

Und bei einem eher gefühlvollen Typ: „Zu dieser Maschine kann ich mit ganzem Herzen ja sagen, denn mich überzeugt auch der Service des Anbieters. Außerdem entstehen weniger Störungen und somit Stresssituationen in der Produktion. Das wirkt sich auch positiv auf das Betriebsklima aus.“ Bei einer so typgerechten Argumentation ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Ihre Botschaften bei Ihren Kollegen ankommen und diese Ihre Vorschläge zumindest wohlwollend prüfen.

Im Gespräch sollten Sie jedoch stets prüfen: War meine Einschätzung des Gegenübers richtig? Deutlich merken Sie dies an den Einwänden. Sagt ein Gesprächspartner: „Das wird aber teuer“, dann können sie ziemlich sicher sein: Diese Person hat einen logischen Denkstil. Ebenso ist es, wenn ein Gesprächspartner fragt: „Kommen unsere Mitarbeiter mit der Maschine auch zurecht?“ Dann können sie relativ sicher sein: Ihr Gegenüber ist ein gefühlvoller Typ, dem das Thema Beziehungen sehr wichtig ist.

Das Wertesystem Ihrer Gesprächspartner können Sie auch ermitteln, indem Sie diese zum Beispiel direkt fragen:

  • „Welche Anforderungen müsste eine solche Maschine aus Ihrer Warte erfüllen?“
  • Oder: „Unter welchen Voraussetzungen würden Sie dem Kauf einer solchen Maschine zustimmen?“

In beiden Fällen nennen Ihnen Ihre Partner ihre wichtigsten Entscheidungskriterien, und Sie können Ihre Argumentation und Ihren Kommunikationsstil anpassen, was Ihre Erfolgsaussicht erhöht.

Einige Leser mögen nun denken: Ich habe doch auch eine Persönlichkeit. Wenn ich eher ein logisch-rationaler Typ bin, dann wirkt es doch unglaubwürdig, wenn ich mich plötzlich als Visionär präsentiere. Stimmt! Sie sollen sich ja auch nicht verbiegen. Sie sollten aber versuchen, Ihren Partner zu verstehen, und zwei, drei Schritte auf ihn zuzugehen.

Wenn Sie dies tun, werden Sie merken: Auch er bewegt sich auf Sie zu und eine echte Kommunikation entsteht. Und noch etwas werden Sie merken: Je häufiger Sie dies tun, umso variabler wird Ihr Gesprächsverhalten und umso leichter fällt es Ihnen, den gewünschten Draht zu Gesprächspartnern aufzubauen. Denn letztlich stecken in jedem Menschen alle vier Denk- und Kommunikationsstile. Sie sind nur verschieden stark ausgeprägt … und trainiert.

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Vier-Augen-Gespräch mit dem Mitarbeiter: Für jeden die richtigen Worte finden (Teil I)

(Bild: © ioannis kounadeas – Fotolia.de)

Anita Hermann-Ruess

Anita Hermann-Ruess, aus Ravensburg, ist Kommunikationstrainerin. Sie ist unter anderem Autorin der Bücher „Speak Limbic - Das Ideenbuch für wirkungsvolle Präsentationen“ und "Sell Limbic - Einfach verkaufen!".

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