Skip to main content

„Unsere Führungskräfte sollen Coachs ihrer Mitarbeiter sein.“

Diese Aussage steht in den Führungsleitlinien vieler Unternehmen. Doch können Führungskräfte diese Anforderung überhaupt erfüllen? Ja, wenn der Begriff „coachen“ mit „anleiten“ übersetzt und den Führungskräften die nötige Unterstützung gewährt wird.

Was sollen Führungskräfte denn noch alles tun und sein?

  • Sie sollen Entrepreneurs sein, also unternehmerisch denken und handeln.
  • Sie sollen Leader sein, also Leuchttürme, an denen sich ihre Mitarbeiter orientieren können.
  • Und der neueste Schrei: Sie sollen Coachs ihrer Mitarbeiter sein, also diese in ihrer Entwicklung fördern und beim Erbringen ihrer Leistung unterstützen.

Viele Führungskräfte vergessen aufgrund dieser Vielfalt von Rollen und Aufgaben ihre Kernaufgabe. Sie lautet schlicht dafür sorgen, dass ihr Bereich seinen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens leistet. Dieser Aufgabe ordnen sich alle anderen Führungsaufgaben unter – auch das Fördern der Mitarbeiter.

Mitarbeiter sind von ihren Chefs abhängig

Dessen ungeachtet findet man die Aussage „Unsere Führungskräfte sollen Coachs ihrer Mitarbeiter sein“ in den Führungsleitlinien vieler Großunternehmen – unter anderem weil diese oft nicht ausreichend bedenken, dass ihre Führungskräfte auch die disziplinarischen Vorgesetzten ihrer Mitarbeiter sind. Als solche entscheiden sie weitgehend über deren berufliches Fortkommen. Das wissen auch die Mitarbeiter.

Deshalb ist ihr Verhalten gegenüber ihren Vorgesetzten auch von taktischen Erwägungen geprägt. Kaum ein Mitarbeiter würde zum Beispiel, solange er keine Jobalternative in der Tasche hat, offen zu seinem Chef sagen „Meine Arbeit macht mir keinen Spaß“. Oder: „Ich bin überfordert.“ Zurecht, denn zu viel Offenheit schadet dem beruflichen Fortkommen.

Die Beziehung Führungskraft-Mitarbeiter ist primär eine Zweckbeziehung und keine familiäre. Ein Vater fördert seine Kinder, damit aus ihnen Persönlichkeiten werden, die ihr Leben mit Erfolg gestalten. Anders ist dies bei einer  Führungskraft. Sie fördert ihre Mitarbeiter primär, um zu erreichen, dass diese mehr Leistung erbringen.

Das Coachen ist meist ein Anleiten

Dieser Rahmen steckt der Coachingfunktion von Führungskräften enge Grenzen. Sie beschränkt sich weitgehend darauf, die Mitarbeiter bei ihrer Arbeit anzuleiten. Doch genau dies ist in Unternehmen heute vielfach verpönt. Denn Anleiten wird häufig mit Anweisen gleichgesetzt.

Fälschlicherweise, denn Anleiten bedeute nicht, anderen Personen Befehle zu erteilen, sondern ihnen die nötige Hilfestellung zu geben – fachlich und mental.

Hinzu kommt:

Das Anleiten wird weitgehend mit dem Bereich Ausbildung assoziiert. Zu unrecht, denn was tut ein Anleiter? Er kaut seinen Schützlingen nicht die Lösung vor. Er fragt sie vielmehr:

„Wie würden Sie diese Aufgabe angehen?“

Er motiviert sie also, eigene Lösungsvorschläge zu entwerfen. Und wenn er sieht, dass die ihm anvertrauten Personen Unterstützung brauchen, dann gibt er ihnen diese, bevor er sich mit ihnen auf einen Lösungsweg verständigt. Doch damit ist der Job des Anleiters nicht beendet. Ein guter Anleiter fragt beim Umsetzen immer wieder nach

  • „Gibt es Probleme?“,
  • „Was haben Sie zwischenzeitlich erreicht?“,

um bei Bedarf unterstützend einzugreifen. So stellt er sicher, dass seine Schützlinge Lernprozesse durchlaufen und die gewünschten Ergebnisse erzielen.

Auch erfahrene Mitarbeiter brauchen eine solche Anleitung – speziell dann, wenn sie neue Aufgaben übernehmen, mit denen sie noch wenig Erfahrung haben. Denn sonst bleibt es dem Zufall überlassen, welche Arbeitsergebnisse die Mitarbeiter erzielen. Und genau dies soll vermieden werden, wenn gefordert wird: Führungskräfte müssen ihre Mitarbeiter coachen.

Dann heißt dies übersetzt:

‚Führungskräfte, bietet euren Mitarbeitern die Unterstützung, die sie zum Erfüllen ihrer Aufgaben brauchen – zum Beispiel, indem ihr ihnen das noch fehlende Know-how vermittelt’.

Führungskräfte zu „Trainern“ ausbilden

Für diese Aufgabe müssen die Führungskräfte qualifiziert werden, denn sie sind in der Regel keine Pädagogen. Das erkennen immer mehr Unternehmen. Deshalb bilden sie ihre Führungskräfte zunehmend zu Coachs, sprich Anleitern und Trainern, ihrer Mitarbeiter aus. Darauf reagieren die Bildungsanbieter. Sie haben zunehmend entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen im Programm.

Anke Hofmann

Anke Hofmann arbeitet als PR-Journalistin für das Büro Bildung & Kommunikation, Darmstadt, das Bildungs- und Beratungsunternehmen beim Vermarkten ihrer „Produkte“ sowie bei der Pressearbeit unterstützt. Die Germanistin und Dipl.-Psychologin ist auf Personalführungs- und Personalentwicklungsthemen spezialisiert.

Der Artikel hat dir gefallen? Gib uns einen Kaffee aus!

One Comment

  • Robert Knitt sagt:

    Vor einigen Jahren gab es schon einmal einen Beratungstrend. Dieser nannte sich „Empowerment“ von Mitarbeitern. Der Mitarbeiter ist das wichtigste Kapital des Unternehmens und gehört auch als Persönlichkeit gefördert, war die Kernaussage. Zur Veranschaulichung: Wie werden nicht so leicht nachahmbare Wettbewerbsvorteile, Alleinstellungsmerkmale, USP, für ein Unternehmen generiert? Durch das Denken und Handeln der Mitarbeiter!

    Welches Unternehmen ist voraussichtlicher erfolgreicher? Unternehmen A erwartet Dienst nach Vorschrift und erteilt Befehl. Unternehmen B schafft durch ein gemeinsames Ziel (Vision) die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen und fördert sie zu Mitdenkern, Vorausdenkern und Querdenkern?

    Noch deutlicher? Welches Unternehmen wurde mit einem herausragenden Chef und einer Ansammlung unfähiger Mitarbeiter nachhaltig erfolgreich?

    Motivation ist aus. Motivieren muss ich Menschen die nicht wollen. Inspirierte Menschen tun es von selbst. Ein schönes Beispiel sind die vielen Mannschaftssportvereine.

    Viele Chefs motivieren, sinnbildlich gesprochen, den Esel vor dem Karren mit der Karotte an der Leine. Doch was passiert, wenn der Esel satt ist? Warum werden die Incentives in den Unternehmen immer teurer und die Gewöhnung daran immer schneller?

    Wirkliches Führen ist etwas ganz anderes. Wer führt geht voraus, ist Vormacher und Vorbild. Im Gegensatz zum Vorgesetzten inspirieren Führungskräfte zum Mitmachen. Sie verstehen es Aufgaben zu schaffen, die einen Sinn vermitteln. Und der anspruchsvollere Teil der Mitarbeiter erwartet außer Geld einfach mehr, denn wer macht schon gerne Tag für Tag etwas Sinnloses? Und wer es macht, der weiß meist auch, wo das hinführt. Genau, zu Dienst nach Vorschrift und dann tschüss.

    Die Ansprüche an die Führungskräfte sind gestiegen und viele von ihnen wollen diese Tatsache nicht wahr haben. Es ist beliebt die Realität zu leugnen, doch wenn es regnet wird man nass, auch wenn man es ignoriert.

    Viele Erkenntnisse aus dem Sport können hervorragend auch auf Unternehmen übertragen werde: Es geht auch im Unternehmen um einen Wettbewerb. Es geht darum die richtigen Menschen zu gewinnen und sie entsprechend ihrer Talente und Neigungen auf den passenden Positionen zielgerichtet einzusetzen. Es geht um ein gemeinsames Ziel, das alle Mitspieler kennen und das sie vereint. Es geht um eine ehrgeizige und zielgerichtete Einstellung. So feuert man sich gegenseitig an und lernt auch mit Misserfolgen umzugehen. Die Stimmung ist am besten, wenn sich alle gegenseitig ermuntern und ermutigen. Leistung wird gesehen und anerkannt. Der Libero ist Vorbild und der Coach gibt Tipps aus seiner Sicht vom Spielfeldrand. Der Gegenspieler sorgt dafür, dass man nicht rostet sondern wächst. Selten ist bei Fußballspiel ein Spieler dabei, der lieber Golf spielen würde.

    Und genau das brauchen wir auch in den Unternehmen. – Ihr Robert Knitt von der IMBEMA Consult

Leave a Reply