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Krankenhäuser und Pflegeheime in Deutschland müssen umdenken. Nur wenn sie ihre Attraktivität als Arbeitgeber endlich deutlich steigern, werden sie dem Fachkräftemangel in der Pflege in Zukunft noch begegnen können.

Wer in Deutschland eine freie Pflegestelle besetzen will, hat ein Problem: Mit 130 Tagen ist die durchschnittliche Vakanzzeit (Bundesagentur für Arbeit, 2016) vor allem in der Altenpflege gewaltig höher als in den meisten anderen Berufen. Zudem geht es dabei um Menschen, die tägliche Hilfe brauchen, nicht nur um verlorenes Geschäft.

Die Gründe fasst eine aktuelle Studie der TU Berlin zusammen: geringes Gehalt, wenig Anerkennung, zu viele Patienten pro Mitarbeiter und meist nur mittelmäßige Ausstattung der Arbeitsplätze. In Folge sieht sich ein knappes Drittel der Pflegekräfte als emotional erschöpft und Burnout-gefährdet an – eine Gefahr auch für die Patienten.

Arbeitgeberattraktivität muss nicht teuer sein

Für die Unternehmen – Kliniken, Heime sowie ambulante Dienste – steht oft der Kostendruck an erster Stelle. Dabei ist vielen gar nicht bewusst, wie günstig sie Image und Arbeitgeberattraktivität verbessern könnten. So ermöglichen es zuschüsse für Essen, Tanken, Mobiltelefon, Kindergarten oder ein Gesundheitsprogramm geldwerte Zusatzleistungen zum Gehalt effizient, ohne Steuern oder Nebenkosten. Je nach wirtschaftlicher Lage des Betriebs kann der Arbeitgeber sie auch unter Freiwilligkeitsvorbehalt gewähren und folglich im ungünstigsten Fall zurücknehmen.

Kosten und Risiko sind also minimal. Gleichzeitig werden diese Sonderleistungen von den Mitarbeitern als „Extra“ wahrgenommen und stärken die Motivation und Laune am Arbeitsplatz. Vor allem moderne, frei konvertierbare Gutscheine haben diesen Effekt, da der Empfänger sie ganz nach Geschmack bei einer Akzeptanzstelle seiner Wahl einlösen kann.

Verbindlicher, doch ebenfalls sehr wirksam für Arbeitgeberimage und Mitarbeiterbindung sind Direktversicherungen: Wer die aktuelle Rentendiskussion kennt, weiß, dass mit der gesetzlichen Normalrente in Zukunft kaum noch jemand auskommen wird.

Freiräume und Teamgeist machen Laune

Neben den genannten materiellen Extras gibt es weitere Stellschrauben. In einer Grundlagenstudie hat die FOM in Essen 2014 diese Faktoren der Arbeitgeberattraktivität untersucht: Work-Life-Balance, Unternehmensreputation und -kultur sowie Arbeitsinhalte.

Als Beleg für eine gute Work-Life-Balance betrachten Mitarbeiter vor allem vorteilhafte Teilzeitreglungen und die Möglichkeit eines Sabbaticals. Die Reputation gilt als gut, wenn sie Lebenslauf und Karrierechancen verbessert. Unternehmenskultur wird besonders hoch eingestuft, wenn der Zusammenhalt im Team stimmt. Arbeitsinhalte schließlich zahlen aufs Employer Branding ein, wenn Selbstständigkeit, Kreativität und Abwechslung bei den Aufgaben geboten werden.

In der Praxis sind z. B. eine Auswahl von Teilzeitmodellen und eine Förderung des Teamgeists leicht und notfalls auch in kleinen Schritten umsetzbar, bedeuten aber bereits einen Quantensprung. Arbeitsinhalte lassen sich in der Pflege durch Rotation, Fortbildung und durch selbst gestaltete Freiräume in der Patientenbetreuung verbessern. Die Reputation schließlich kann, wo solche Programme erst einmal existieren, durch begleitende Öffentlichkeitsarbeit gestärkt werden. So gibt es für jeden Pflegebetrieb genügend praktische Ansatzpunkte, seine Attraktivität zu steigern, qualifizierte Kräfte zu halten und bei talentierten Bewerbern zu punkten.

Stefan Bauer

Stefan Bauer lebt in Hamburg und hat in seiner Karriere eine Reihe renommierter Wirtschaftsunternehmen durchlaufen, bis er sich entschloss, als selbständiger Unternehmensberater und freier Autor tätig zu werden.

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