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Der Mittelstand hat häufig flache Strukturen und kurze Entscheidungswege. Daher bietet er interessante Karrieremöglichkeiten und gute Aufstiegschancen. Ein junger Ingenieur kann bereits nach zwei bis drei Jahren in einem KMU schnell zum Team- oder Abteilungsleiter befördert werden. Immerhin ist er fachlich zu 100% fit und kennt das Geschäft.

Die notwendigen Führungsqualitäten erlernt und vertieft er vorab in Seminaren – und dann kann es auch schon losgehen: Aufgaben verteilen, kontrollieren und die Mitarbeiter motivieren – das kann ja nicht so schwer sein.

In der Praxis sieht es aber häufig anders aus. Hier sind Zeitdruck und Projektverzögerungen an der Tagesordnung. Zusätzlich möchte man den hohen Erwartungen des eigenen Vorgesetzten gerecht werden. Als Führungskraft lässt man sich häufig dazu verleiten, sich in die Projekte der Mitarbeiter aktiv einzumischen. Schließlich handelt man ja im Sinne des Unternehmens, wenn Probleme schnell gelöst werden.

Macht das wirtschaftlich überhaupt Sinn?

Wenn der Chef selbst eingreift, wird das Problem zwar schneller gelöst, zieht jedoch direkt ein weiteres mit sich: Die Kosten für die Lösung steigen extrem an.

Stichwort: Opportunitätskosten. Sollte z.B. der Chef eines Autohauses in der Werkstatt mit anpacken, wenn ein Mechaniker nicht weiterkommt? Arbeitet der Chef mit, steigen automatisch die Kosten. Damit werden vor allem knapp kalkulierte Geschäfte zum Verlustbringer.

Alternativ dazu könnte der Chef draußen mit dem Kunden sprechen, damit dieser sich über die Betreuung „vom Chef“ freut und zum Stammkunden wird.

Praxistipp: Brich in jedem Falle deinen Unternehmerlohn auf eine Stunde herunter und schätze so in einer „Quick & Dirty“-Kalkulation, ob ein Eingreifen wirtschaftlich sinnvoll ist.

Leider neigen junge Führungskräfte häufig dazu, sich direkt mit an die Arbeit zu machen und vergessen dabei ihre eigentlichen Aufgaben.

Die Hauptaufgabe eines Vorgesetzten sollte darin bestehen, Ziele zu setzen und Aufgaben an die Mitarbeiter zu delegieren sowie die Ressourcen und Rahmenbedingungen für das eigene Team bereitzustellen. Kurz und knapp:

Ein guter Chef sollte niemals MIT seinem Team, sondern FÜR sein Team arbeiten.

Was ist also für den Chef zu tun?

Es geht darum, ein Gespür zu entwickeln: Wann ist es notwendig, einzugreifen und wann ist es besser, eine Situation kontrolliert laufen zu lassen? Um sich als Führungskraft professionell und wirtschaftlich zu verhalten, kannst du dich auf folgende Aspekte fokussieren, wenn du merkst, dass es im Team gerade nicht so optimal läuft:

1. Die Situation beurteilen

  • Dringlichkeit klären: Kann man den Termin oder die Abgabefrist vielleicht nach hinten verschieben und sich (bzw. den Mitarbeitern) auf diesem Wege etwas mehr Zeit für eine Lösungsfindung verschaffen?
  • Kreatives Potenzial: Ist die Aufgabe durch Kreativität zu lösen? Sind Fehlschläge erlaubt und vielleicht sogar hilfreich, um neue (bzw. bessere) Lösungen für die Zukunft zu entwickeln?

Praxistipp: Kalkuliere gegenüber dem Chef oder Kunden generell einen kleinen Sicherheitspuffer bei Kosten & Zeit. Das bringt dir  selbst in schwierigeren Situationen die notwendige Ruhe, um stets einen klaren Kopf zu bewahren.

EXTRA: Produktivitätskiller: Kaum Zeit für richtige Arbeit [Studie]

2. Den Mitarbeiter einschätzen

  • Fachkompetenz und Erfahrung: Wird der Mitarbeiter das Problem auch alleine lösen und sich im besten Falle sogar noch weiterentwickeln können?
  • Benötigte Maßnahmen: Braucht er mehr Zeit, neue Ideen oder konkrete Hilfestellung, weil er bereits am Leistungslimit ist?

Praxistipp: Bleibe am Puls des Unternehmens und sprich täglich mit deinen Mitarbeitern. Smalltalk ist hierbei ausdrücklich erwünscht! Das hebt die Stimmung und schafft eine kollegiale Atmosphäre. Ein toller Nebeneffekt: Du lernst deine Mitarbeiter besser kennen und einzuschätzen. So bekommst du schneller mit, ob ein Mitarbeiter unterfordert ist, an einer Aufgabe verzweifelt oder noch immer hochmotiviert nach eigenen Lösungen sucht.

Eingreifen – aber richtig!

Auch wenn es schwerfällt, ist eine Situation so brenzlig, dass du eingreifen musst: Gehe weiterhin wertschätzend mit der bisherigen Leistung des Mitarbeiters um. Versuchen Sie, Ihre Bedenken positiv zu formulieren, z.B.: “Ich sehe, du hast schon einige Lösungen ausprobiert, das gefällt mir. Der Jochen kennt sich damit auch gut aus … ich schicke ihn dir mal zur Unterstützung, in Ordnung?“ Wer hingegen wie die Axt im Walde vorgeht, verärgert seine Mitarbeiter und darf sich nicht über mangelnde Motivation oder gar schlechte Stimmung im Team wundern.

EXTRA: Der Motivationsfaktor Nr. 1: So wichtig ist Wertschätzung

Die Kunst der Führung

Chef sein bedeutet nicht, einfach nur die Arbeit wahllos auf die vorhanden Mitarbeiter zu verteilen und danach die Fortschritte zu kontrollieren. Denn so unterschiedlich wie die Arbeit ist, sind es die Mitarbeiter auch. Arbeitsverteilung funktioniert am effektivsten, wenn der Chef die Fähigkeiten und Belastbarkeit seiner Mitarbeiter einschätzen kann.  Überforderung führt beim Mitarbeiter schnell zu Selbstzweifeln und Frustration – Unterforderung lässt Langeweile aufkommen. Beide Extreme können vermieden werden, wenn gezielt und überlegt delegiert wird.

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Henryk Lüderitz

Henryk Lüderitz beschreibt die Herausforderung, mit denen sich junge Führungskräfte konfrontiert sehen, aus eigener Erfahrung. Mit Anfang 20 war er bei Vodafone ein hoch gehandeltes Talent und hat früh Personalverantwortung übernommen. Seit 2012 gibt er seine Managementerfahrung an Young Professionals weiter. Seitdem hat er sich als führender Experte für junge Fach- und Führungskräfte deutschlandweit und international entwickelt. Zu seinen Kunden gehören die Top-Player der Wirtschaft. Mehr unter: www.luederitz.eu

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