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„Wer kritisiert schon den Kapitän oder: Wenn der Chef das Problem ist“. (Teil II)Unsere siebenteilige Serie „Crash Kommunikation – Warum Piloten versagen und Manager Fehler machen“ beschäftigt sich mit den erstaunlichen Parallelen zwischen der Fliegerei und dem Management von Unternehmen.

Je einem verhängnisvollen Flugzeugcrash wird eine auf ihre Art ebenso gravierende Firmenpleite gegenübergestellt und  Kommunikationspannen werden aufgedeckt. In diesem Teil wird die Chefetage in den Blick genommen.

6. Februar 1996, Puerto Plata, Dominikanische Republik

Fünf Minuten nach dem Start stürzt eine Maschine der türkischen Airline Birginair vor der Küste der Dominikanischen Republik ins Meer. 189 Menschen sterben.

Auslöser des Unglücks ist der kaputte Geschwindigkeitsmesser des Piloten. Obwohl der Defekt offensichtlich ist, verlässt der Kapitän sich auf sein Gerät. Das Problem: Keiner traut sich, ihm die Kontrolle abzunehmen. Und das, obwohl die Anzeigen der Crew korrekt arbeiten und zeigen, dass die Maschine viel zu langsam ist. Kostbare Sekunden vergehen, weil der Kapitän nur sich selbst und seinen Instrumenten traut.

CRASH-WARNUNG: Jede Hierarchie braucht funktionierende Systeme, die den Chef kontrollieren.

Jürgen Schrempp und seine Welt AG – Milliardenverluste für DaimlerChrysler

Jürgen Schrempp wollte Daimler zu einem Weltkonzern ausbauen. Dafür fusionierte er 1998 mit Chrysler und beteiligte sich 2000 mit über 2 Milliarden Euro an Mitsubishi. Doch in den Jahren 1998 bis 2000 sank der Börsenwert von Daimler um 26 Milliarden Mark, der Gewinn von 12,2 auf 6,8 Milliarden Mark. Chrysler und Mitsubishi schrieben hohe Verluste. Niemand bot dem „Kapitän“ Jürgen Schrempp Paroli. Geschasst wurden erst einmal hausinterne Kritiker, so etwa Dr. Wolfgang Bernhard, der sich gegen seinen Mentor Schrempp gewandt hatte.

Dessen Vertrag dagegen wurde vom Aufsichtsrat noch bis 2008 verlängert. Letztlich aber konnte er sich nur bis Ende 2005 halten. Danach wird die Daimler-Chrysler-Ehe geschieden, Chrysler an eine Investmentgesellschaft verkauft. Für den schwäbischen Konzern endete so ein teures Abenteuer.

Hemmungen mit tödlichen Folgen

Es ist schwer für einen Mitarbeiter, seinem Chef zu widersprechen. Im Flugzeugcockpit kann diese Scheu tödliche Folgen haben, im Unternehmen kann sie zur Pleite führen. Die Hemmungen, einen Konflikt mit einem hierarchisch Übergeordneten zu riskieren, sind groß. Je autoritärer die Beziehungen im Cockpit oder im Unternehmen, desto größer die Gefahr des Crashs. Genau deshalb sind starke Instanzen, die den Mann (oder die Frau) am Steuer unterstützen und notfalls korrigieren, unerlässlich.

ANTI-CRASH-FORMEL: Achtung, wenn der Kapitän selbst am Steuerknüppel sitzt. Die Crash-Gefahr ist umso höher, je weniger der Kopilot gehört wird. Wenn Sie schon unbedingt selbst steuern wollen, dann sorgen Sie für einen Co, der Ihnen widerspricht!

Weitere Artikel der Reihe „Crash-Kommunikation“:

„Vergessen, die Landeklappen auszufahren oder: Wenn der Stress die Regie übernimmt“. (Teil I)
„Landen bei schlechtem Wetter“ oder: „Wenn man auf sein Ziel fixiert ist“ (Teil III)
„Maschine unbemerkt im Sinkflug oder: Wenn man Wesentliches aus den Augen verliert“ (Teil IV)
„Ich dachte, Sie fliegen“ oder: „Wenn Zuständigkeiten verschwimmen“ (Teil V)
„Blame Culture“ oder: „Warum Fehler vertuscht werden“ (Teil VI)
„Crash Kommunikation“ oder: „Wenn Killerphrasen den Ton angeben“ (Teil VII)
(Bild: © Monika Wisniewska – fotolia.de)

Peter Klaus Brandl

Peter Brandl, Autor des Buches "Crash-Kommunikation", Unternehmer, Keynote-Speaker und Managementexperte, Berufspilot und Fluglehrer, gilt als einer der erfolgreichsten Kommunikationsprofis (ZEITmagazin). Seit über fast 20 Jahren gibt er sein Wissen in motivierenden Seminaren und mitreißenden Vorträgen weiter und erreicht damit mehrere tausend Zuhörer pro Jahr.

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