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„Crash Kommunikation – Warum Piloten versagen und Manager Fehler machen“Unsere siebenteilige Serie „Crash Kommunikation – Warum Piloten versagen und Manager Fehler machen“ beschäftigt sich mit den erstaunlichen Parallelen zwischen der Fliegerei und dem Management von Unternehmen. Einem verhängnisvollen Flugzeugcrash wird eine auf ihre Art ebenso gravierende Firmenpleite gegenübergestellt und die zugrunde liegenden Kommunikationspannen werden analysiert.

Flugzeug-Crash: 20. August 2008, Flughafen Madrid/Barajas

Am 20. August 2008 stürzt eine Maschine der Spanair am Flughafen Madrid/Barajas unmittelbar nach dem Start ab und geht in Flammen auf. 154 der 172 Menschen an Bord sterben. Die Crash-Ursache: Die Landeklappen waren nicht ausgefahren. Eigentlich eine absolute Routine, die jeder Pilot im Schlaf beherrscht. Wie kann man so etwas nur „vergessen“? Die Erklärung ist recht einfach: durch Stress.

Die Crew hatte bereits zwei Startabbrüche wegen blinden Alarms hinter sich – sie sind normalerweise nur eine Vorsichtsmaßnahme, weil irgendein System einen Fehler anzeigt. Oft ist nur ein Signallämpchen defekt. Nur, davon wissen die Passagiere in der Kabine nichts. Sie merken nur, dass das Flugzeug stark beschleunigt und dann eine Vollbremsung macht. Verständlich, dass die Passagiere nach zwei Startabbrüchen nicht mehr entspannt waren. 162 Passagiere, die langsam rebellisch werden, extremer Zeitdruck, hoher Erfolgsdruck, jede Menge externer Faktoren, die die Anspannung der Piloten ins Unermessliche steigen lassen – Stress. Langsam braute sich ein explosiver Cocktail zusammen, der zu dem folgenschweren Leichtsinns-Fehler führte. Die Maschine geht direkt nach dem Start in Flammen auf, 154 Menschen sterben – weil die Landeklappen nicht ausgefahren waren.

So kurios es klingt: In vielen Unternehmen herrscht eine ähnliche Situation. Oft sind es nur kleine Kommunikationsfehler aus dem „Unternehmenscockpit“, die sich im Unternehmen zu großen Problemen hochschaukeln und schließlich zum „Crash“ führen…

KfW – eine Bank verschenkt 320 Millionen

Was muss passieren, damit eine deutsche Staatsbank wie die KfW 320 Millionen Euro an ein Pleiteunternehmen überweist? Obwohl die Krise bei der US-Investmentbank Lehman Brothers schon Gelegenheits-Zeitungslesern bekannt ist, überweist die KfW noch am 15.09.2008 über 300 Millionen Euro an das insolvente Unternehmen. Die KfW stand zu diesem Zeitpunkt schon seit Monaten in der Kritik. Die Vorstandsvorsitzende Ingrid Matthäus-Maier musste gehen, der neue Vorstand Ulrich Schröder war bei der Überweisungspanne erst zwei Wochen im Amt. Man kann sich vorstellen, dass die ehrwürdige KfW in dieser Situation einem aufgescheuchten Hühnerhof glich. Der enorme Druck der Öffentlichkeit, ein neuer Vorstand, die Sorge um Posten und Pöstchen auf allen Ebenen – eigentlich kein Wunder, dass niemand die Überweisung stoppte.

Eine typische Stressreaktion: Großhirn ade!

In akuten Stresssituationen übernimmt das Stammhirn die Regie in unserem Kopf. Das ist der Bereich unseres Gehirns, in dem Vitalfunktionen und Grundemotionen lokalisiert sind. In dieser evolutionär ältesten Gehirnregion sind archaische Reaktionsmuster gespeichert – es geht darum, das nackte Überleben zu sichern. Das Großhirn, der Sitz des Denkens, Analysierens, Planens, wird bei akutem Stress weitgehend ausgeschaltet. Da kann man schon mal Dinge übersehen, die man sonst niemals versäumen würde – wie das Ausfahren der Klappen oder die Kontrolle einer Millionenüberweisung.

Deshalb hier meine ultimative ANTI-CRASH-FORMEL: Fragen Sie sich gerade in schwierigen Situationen gelegentlich: Wer führt hier gerade Regie – Stammhirn oder Großhirn?

Weitere Artikel der Reihe “Crash-Kommunikation”:

„Wer kritisiert schon den Kapitän oder: Wenn der Chef das Problem ist“. (Teil II)
„Landen bei schlechtem Wetter“ oder: „Wenn man auf sein Ziel fixiert ist“ (Teil III)
„Maschine unbemerkt im Sinkflug oder: Wenn man Wesentliches aus den Augen verliert“ (Teil IV)
„Ich dachte, Sie fliegen“ oder: „Wenn Zuständigkeiten verschwimmen“ (Teil V)
„Blame Culture“ oder: „Warum Fehler vertuscht werden“ (Teil VI)
„Crash Kommunikation“ oder: „Wenn Killerphrasen den Ton angeben“ (Teil VII)
(Bild: © lassedesignen – fotolia.de)

Peter Klaus Brandl

Peter Brandl, Autor des Buches "Crash-Kommunikation", Unternehmer, Keynote-Speaker und Managementexperte, Berufspilot und Fluglehrer, gilt als einer der erfolgreichsten Kommunikationsprofis (ZEITmagazin). Seit über fast 20 Jahren gibt er sein Wissen in motivierenden Seminaren und mitreißenden Vorträgen weiter und erreicht damit mehrere tausend Zuhörer pro Jahr.

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