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Interview mit Innovationsberater Prof. Dr. Bernd JöstingmeierDer Innovationsberater Prof. Dr. Bernd Jöstingmeier hat etwas erreicht, wovon die meisten Unternehmen nur träumen können: Über eine Million Fans bei Facebook innerhalb von 18 Monaten. Wie man das erreicht und was deutsche Unternehmen bei Facebook besser machen können, darüber hat ihn der innovations report interviewt.

Sie haben nun über eine Million Fans bei Facebook und gleichzeitig sind Sie mit dieser Fananzahl und Ihrem Künstlerpseudonym „Professor BJ“ auf Platz 7 aller deutschen Musiker, Bands und DJs bei Facebook. Wie haben Sie das geschafft?

Bernd Jöstingmeier: Von Anfang an wollte ich einen weltweiten Erfolg erreichen. Deshalb suchte ich einen Namen, der sich auch in englischer Sprache gut aussprechen lässt. Bereits zwei Jahre vor meinem ersten Facebook-Auftritt hatte ich meine erste Musik-CD unter dem Titel „Professor BJ: Drummer’s Paradise“ produziert und mich aus folgenden Gründen für dieses Künstlerpseudonym entschieden: der Umlaut „ö“ existiert im Englischen nicht und mein Vorname klingt in englischer Aussprache nicht besonders gut. „BJ“ allein klingt zu ähnlich wie „DJ“. Das Unterscheidungsmerkmal wäre zu gering gewesen. Um trotzdem einen Bezug zu meinem tatsächlichen Namen zu behalten, habe ich mich für „Professor BJ“ entschieden.

Facebook war zunächst einmal für mich eine Marketingalternative unter vielen. Ich ahnte noch nicht, wie erfolgreich es werden würde und startete meine Facebookseite in deutscher Sprache. Als ich am ersten Tag als Test Werbeanzeigen in Osteuropa schaltete, war ich total positiv überrascht, dass ich nach ein paar Stunden über 80 Fans hatte.

Da ich meine Facebookseite und auch meine Werbung in deutscher Sprache verfasst hatte, hatte ich mit keiner besonderen Reaktion gerechnet. Als ich jedoch merkte, dass meine Seite selbst in deutscher Sprache schon positive Reaktionen hervorrief, überlegte ich mir, dass ich wahrscheinlich eine große Steigerung des Fanzuwachses hervorrufen könnte, indem ich meine Facebookseite auf Englisch formuliere. Ich habe meine Facebookseite dann komplett auf Englisch umgestellt und auch meine Werbeanzeigen auf Englisch verfasst und schließlich in ganz Europa Werbung geschaltet. Da der Erfolg enorm war und ich im Endeffekt einen Welterfolg erreichen wollte, habe ich schließlich meine Werbeanzeigen in Facebook für alle dort gelisteten Länder der Welt freigeschaltet. Das bedeutet nicht, dass die Werbeanzeigen überall zu sehen sind, denn Facebook arbeitet mit internen Auktionen zur meistbietenden Versteigerung von Werbeplätzen.

Was machen Sie anders als die meisten Unternehmen in Facebook?

Jöstingmeier: Da gibt es eine ganze Reihe von Dingen: Erstens achte ich auf höchste Qualität. Jedes Foto, jeder Film und jeder Text, den ich selbst veröffentliche, wird von mir persönlich auf die erforderliche Qualität hin überprüft. Dabei definiert sich Qualität durch die Augen der eigenen Zielgruppe. Die Filme auf meiner Facebookseite lasse ich beispielsweise ganz bewusst von Amateuren in relativ schlechter Qualität aufnehmen, um dadurch die Authentizität der Filme zu steigern. Ein Werbefilm in Top-Qualität könnte bei meiner Zielgruppe auch Abneigung hervorrufen. Die aus der Sicht meiner Zielgruppe definierte Qualität von Texten, Fotos und Filmen hat bei mir absoluten Vorrang vor Quantität. In dieser Hinsicht mache ich ganz bewusst das Gegenteil von dem, was Facebook selbst empfiehlt.

Prof. Dr. Bernd Jöstingmeier ist Innovationsberater des Innovius Institut für Innovationsmanagement und Strategie

Prof. Dr. Bernd Jöstingmeier ist Innovationsberater des Innovius Institut für Innovationsmanagement und Strategie.

Facebook empfiehlt, dass man möglichst täglich posten soll, um seinen Interessenten ständig etwas Neues zu bieten. Ich halte das für Unsinn, wenn sie nicht gerade ein Nachrichtensender sind. Wenn sie täglich – vielleicht sogar mehrfach – posten, dann besteht die Gefahr, dass sie viele uninteressante Dinge veröffentlichen. Dies hat zur Folge, dass sie ihre Fans abschrecken. Sie gehen den Menschen dadurch auf die Nerven, denn jeder einzelne von uns erhält schon genug E-Mails und Nachrichten Tag für Tag. Wir brauchen in Facebook mehr Qualität und das in geringerer Anzahl. Wenn sie zu oft posten, laufen sie nicht nur Gefahr, dass ihre Fans die Pinnwände für Nachrichten von ihnen sperren, sondern dass sie sich ganz von ihnen verabschieden. Aus dieser Schlussfolgerung poste ich manchmal, wenn es nichts Großartiges zu berichten gibt, sogar nur einmal im Monat!

Neben zu vielen Postings stellen die meisten Unternehmen sich in Facebook sehr unbeholfen dar. Viele präsentieren sich so, wie sie sich auf einer Zeitschriftenseite darstellen würden. Dabei vergessen sie ganz, dass sie sich in einem sozialen Netzwerk befinden und wenn dann doch irgendwelche unbeholfenen Versuche stattfinden, die Nutzer aktivieren zu wollen, dann ist das oftmals mehr als peinlich: Oft fragen Unternehmen ihre Leser nach Dingen, die niemanden interessieren. Die Peinlichkeit erreicht dann die Schmerzgrenze, wenn – wie zu erwarten ist – kaum jemand darauf antwortet.

Auf Ihrer Facebookseite sieht man überdurchschnittlich viele hübsche Frauen. Warum?

Jöstingmeier: Dies liegt sicher daran, dass ich ein Mann bin. Wäre ich eine Frau, wären da stattdessen sicher viele hübsche junge Männer abgebildet. (Lacht.) Aber das hat natürlich auch einen ernsthaften Marketing-Hintergrund: Philipp Kotler hat schon vor Jahrzehnten in seinem Klassiker-Buch „Marketing-Management“ beschrieben, dass sich der Verkauf mancher Produkte durch die Darstellung junger hübscher Frauen vervielfachen lässt. Aus diesem Grund lassen beispielsweise auch große Automobilhersteller und Motorradhersteller ihre Produkte auf Messen durch besonders hübsche junge Frauen präsentieren. Bei mir persönlich kommt noch hinzu, dass ich für die Werbung einen Kontrapunkt zu meiner Person finden musste.

(Artikelbild: © vladgrin – Fotolia.de)

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