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Schritt 4: Taktische Wahl von Zeit und Ort

Nun wählen Sie einen sinnvollen Zeitpunkt und eine passende Örtlichkeit für das Gespräch. Hierbei sollten Sie auch wieder nach taktischen Gesichtspunkten vorgehen. Handelt es sich bei Ihrem Gesprächspartner um eine Führungskraft, der sein Gesicht verlieren oder als Verlierer dastehen könnte? Dann führen Sie dieses Gespräch nicht vor den Augen seiner Mitarbeiter.

Könnte das Gespräch für Sie persönlich problematisch werden? Dann vermeiden Sie unnötige Zuhörer. Ist das Gespräch voraussichtlich sehr anspruchsvoll? Dann können Sie weder Zeitdruck noch Störungen gebrauchen, hier wäre ein günstiger Termin außerhalb Ihres Unternehmens, beispielsweise in einem angemieteten Tagungsraum, sicher eine wesentlich bessere Alternative zu Ihrem Büro.

Angst ist ebenfalls ein häufiger Stressauslöser, der zu Aggressionen führt. Soll Ihr Gesprächspartner sich beim Gespräch möglichst selbstsicher und wohl fühlen? Dann wählen Sie sein Büro für die Unterredung. Ist es hingegen wichtig, dass Sie aus einer möglichst selbstsicheren Position heraus auftreten, beispielsweise bei einem dominanten oder zur Aggression neigenden Gesprächspartner, dann nutzen Sie den Heimvorteil Ihres Büros.

Schritt 5: Gehen Sie taktisch psychologisch vor!

Sie haben sich nun also gut vorbereitet und gehen jetzt bestens gerüstet in ein problematisches Gespräch. Nun kommt es darauf an, nicht nur taktisch sondern auch psychologisch gut zu argumentieren.

Von Lao Tse stammt das berühmte Zitat:

„Das noch nicht Wogende ist leicht beruhigt, das noch Winzige ist leicht zerstreut. Begegne den Dingen, bevor sie da sind“.

Eine von mir in meiner polizeilichen Praxis oft erfolgreich eingesetzte Methode war es, meine Stimme bei einem aggressiven Gesprächspartner immer weiter zu senken. So war er gezwungen seine Stimme ebenfalls immer weiter zu senken, um meine Argumente überhaupt noch hören zu können. Frei nach dem Motto: „Ich will schon wissen, gegen was ich bin und warum ich mich aufrege!“ Das mag banal klingen, aber oft sind die einfachsten Dinge die erfolgreichsten.

Warum solche Taktiken so wirkungsvoll funktionieren ist ganz einfach zu erklären. Aggressive Menschen erwarten von ihren (vermeintlichen) Opfern ein bestimmtes Verhalten. Beispielsweise Aggression gegen Einschüchterung oder Aggression gegen Gegenaggression. Durch unkonventionelle Verhaltensweisen bringt man den Gesprächspartner aus dem Konzept und zwingt ihn dadurch mit sanften Mitteln zu einer kompletten taktischen Änderung. Gleichzeitig nachzudenken und seine Aggressionen aufrechtzuerhalten, ist aber eine kaum zu schaffende kognitive Herausforderung.

Auf dieser Erkenntnis baut auch die durch verschiedene US-Serien einer breiten Bevölkerung bekannt gewordene Good Cop/Bad Cop-Methode auf. Der gute Polizist verhält sich gegenüber dem Verbrecher für diesen völlig überraschend wie ein guter Freund, während der böse Polizist dem Erwartungsbild in überzeichneter Form entspricht.

Daher kann auch das freundliche Anbieten einer Zigarette oder eine nette Argumentationsweise oder eine für den aggressiven Gesprächspartner überraschende Inschutznahme, diesen von seiner aggressiven Haltung erfolgreich abbringen.

Empfehlenswert ist es auch in den meisten Fällen, eine neutrale von beiden Parteien akzeptierte dritte Person zu dem Gespräch hinzuzuziehen. Vielen Menschen macht es nichts aus, gegen einen erkannten Feind aggressiv vorzugehen, aber für die meisten Menschen ist es schlimm, vor einem Unbeteiligten durch unangebrachtes Auftreten das Gesicht zu verlieren. Zudem wird eine Zeugensituation geschaffen.

Bleiben Sie immer hart aber fair! Machen Sie sich aber auch niemals zum Esel, sonst wird Ihr Gesprächspartner schnell versuchen auf Ihnen herumzureiten. Bleiben Sie immer ruhig, gelassen und sachlich! Nur so wirken Sie auf Ihren Gesprächspartner souverän. Verlieren Sie hingegen Ihre Souveränität, zum Beispiel weil Sie auf emotionale Angriffe ebenso reagieren, dann schaffen Sie dadurch erst den Raum für Aggressivität. Machen Sie immer den Unterschied zwischen verhandelbaren und nicht verhandelbaren Positionen deutlich. Letztere werden nur begründet, aber nicht diskutiert!

Schritt 6: Ist ein Kampf unvermeidlich, dann bekämpfe nur eine Front und Bauernopfer vor Königsopfer!

Ist eine verbale Auseinandersetzung aber nicht zu vermeiden, dann beachten Sie ein paar grundlegende Regeln, die schon der berühmte Militärtaktiker Carl von Clausewitz propagierte.

  1. Der General gehört auf den Feldherrenhügel!
  2. Ein Mehrfrontenkrieg ist auf die Dauer nicht zu gewinnen!

Im Schlachtgetümmel verliert man den Überblick über das große Ganze und mehrere unpopuläre Entscheidungen gleichzeitig zu vermitteln, kann einen nur bei schwachen Gesprächspartnern vor der sicheren Niederlage bewahren. Lassen Sie daher gegebenenfalls einen vertrauten Mitarbeiter die unpopuläre Entscheidung verkünden und wirken Sie selbst dabei mehr in der Rolle des Mediators.

Ich darf hier das berühmte Schachspiel zu Demonstrationszwecken heranziehen. Im Zweifelsfall führt den ersten Schlag der Bauer, um den Offizier zu schonen. Greifen Sie niemals zu Beginn des Spieles gleich mit der Dame oder dem König an, dass kann nur ins Auge gehen!

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Marco Löw

Marco Löw ist Geschäftsführer von MARCO LÖW. Er war 15 Jahre im Polizeidienst und Betrugsermittler bei der Kriminalpolizei. Er schreibt Fachbücher zu den Themen Befragungstaktiken und Glaubwürdigkeitsüberprüfung. Das Deutschlandradio bezeichnete ihn als den menschlichen Lügendetektor und der NDR als einen der gefragtesten Verhörexperten Deutschlands. Er hilft Unternehmen bei der Optimierung ihrer Compliancemaßnahmen. Er gehört zu den Top 100 Trainern im deutschsprachigen Raum.

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