Skip to main content

Fordern statt bescheiden sein

Viele Frauen neigen zu Bescheidenheit. Diese ist zwar eine Tugend, doch im beruflichen Kontext kommt man mit zu viel Bescheidenheit nicht weit. In Bewerbungs- und Verkaufsgesprächen, aber auch vielen (Projekt-)Meetings kommt es darauf an, sich gut zu präsentieren und selbstbewusst zu argumentieren. Zeigen Frauen in solchen Situation zu viel Bescheidenheit, verkaufen sie sich und ihre Leistung schnell unter Wert.

Erneut ein Beispiel. Personalleiter stellen, wenn sie mehrere Trainer oder Coaches für ein Projekt suchen, immer wieder fest, dass Frauen in der Regel ein 30 Prozent niedrigeres Honorar fordern als ihre gleich gut qualifizierten männlichen Berufskollegen. Also zahlen sie ihnen auch weniger. Würden die weiblichen Trainerinnen und Coaches ein höheres Honorar fordern, würden sie dieses auch bekommen – wie ihre männlichen Kollegen. Doch freiwillig zahlt niemand mehr.

Das zeigt: Frauen müssen ein stärkeres „Selbstwert“-Gefühl entwickeln und mehr Eigen-PR betreiben. Also zum Beispiel, wenn der Chef ein Lob ausspricht, nicht fast automatisch erwidern: „Das war doch nicht so schwer.“ Denn wer tiefstapelt, positioniert sich beruflich meist selbst in der zweiten Reihe.

Nicht nur in Lohn- und Gehaltsfragen müssen Frauen lernen sich zu behaupten, sondern auch in ihrer Position – zum Beispiel als Führungskraft. Denn noch immer gilt: Wenn eine männliche und eine weibliche Führungskraft derselben Führungsebene gemeinsam einen Kunden besuchen, wird in der Regel der Mann als der Vorgesetzte und die Frau als die Untergebene eingestuft. Woran merkt Frau dies? Der Kunde blickt, wenn es um Entscheidungen geht, primär den Mann an. Und wenn es um die Umsetzung, das „operative doing“ geht? Dann blickt er zur Frau.

Nicht „vermännlichen“

Bei allen genannten Punkten geht es darum, dass Frau ein paar Verhaltensweisen ein bisschen  ‚männlicher‘ gestaltet. Das bedeutet nicht, sich komplett wie ein Mann zu benehmen oder gar zu kleiden. Sich selbst treu bleiben und Frau-bleiben ist wichtig. Schon beim Outfit ist das oft nicht leicht. Für den Business-Dress gilt: Er sollte Kompetenz ausstrahlen und nicht zu sexy sein. Also ein dunkelgrauer Hosenanzug mit wenig Accessoires? Muss das wirklich sein? Was, wenn Frau ihre Weiblichkeit nicht verstecken möchte? Lautet die einzige Alternative zum tiefen Dekolleté und Minirock eine mausgraue (oder blaue) Business Uniform wie viele Männer tragen?

Die Outfit-Frage nimmt interessante Dimensionen an. Eine Businesstrainerin in Österreich hat eine Bluse designt, deren Knopfleiste so gestaltet ist, dass man von der Seite nicht reinsehen kann. Das zeigt, mit welchen Überlegungen Frauen im Beruf zu tun haben. Mehr weibliche Individualität zeigen und sich bewusst für Femininität entscheiden, das setzt Mut und weibliches Selbstbewusstsein voraus. Wählen Sie bewusst ein feminines, aber nicht extremes Outfit, in dem Sie sich wohlfühlen.

Ab in den Mittelpunkt

Beruflich erfolgreiche Frauen – egal ob Führungskraft, Projektleiterin, Vertrieblerin oder Trainerin – müssen schnell Kontakte knüpfen können. Beim Erstkontakt fallen die tradierten (männlichen) Vorurteile besonders stark ins Gewicht. Das zwingt Frauen dazu, einige Gedanken mehr in ihren Auftritt zu stecken, wenn sie beruflich erfolgreich sein möchten. Das Problem hierbei: Es gibt wenige Identifikationsfiguren und Rollenvorbilder. Im Management wird vor allem männliches Verhalten vorgelebt. Doch Frauen müssen ihren eigenen Weg finden. Zu versuchen, der bessere Mann zu sein, ist der falsche Weg. Besser ist es, auf die eigenen Stärken zu setzen. Den hierfür erforderlichen Mut und die nötige Durch- und Umsetzungskraft zu entwickeln, ist die größte Herausforderung, vor der Frauen, die beruflich erfolgreich sein möchten, stehen. Denn viele haben schon als Kind gelernt: „Sei als Frau wie das Veilchen im Moos, sittsam, bescheiden und rein – und nicht wie die stolze Rose, die stets bewundert werden möchte.“ Legen Sie als Frau diese Scheu, im Mittelpunkt zu stehen, ab. Dann sind Sie auf dem besten Wege zum Erfolg.

Seiten: 1 2

Sabine Prohaska

Sabine Prohaska ist Inhaberin des Trainings- und Beratungsunternehmen seminar consult prohaska in Wien und Autorin der Bücher „Coaching in der Praxis" und „Erfolgreich im Training – Praxishandbuch“.

Der Artikel hat dir gefallen? Gib uns einen Kaffee aus!

Leave a Reply