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„Newcomer“ brauchen eine gezielte Unterstützung

Diese Unterstützung umfasst zwei Ebenen. Zum einen muss den jungen Führungskräften selbstverständlich das erforderliche Führungs-Know-how vermittelt werden – zum Beispiel über die zentralen Aufgaben einer Führungskraft und die verschiedenen Führungs- und Steuerungsinstrumente. Dies ist weitgehend mittels Seminaren und Trainings möglich. Doch dies allein genügt nicht, da die Übernahme einer Führungsposition zum anderen auch ein gewandeltes Selbstverständnis erfordert. Das heißt, die frischgebackene Führungskraft muss einen Teil ihre bisherigen Denk- und Verhaltensmuster entweder aufgeben oder sich zumindest fragen, inwieweit diese noch zielführend sind. Alleine gelingt dies den jungen Führungskräften vielfach nicht – auch weil der Führungsnachwuchs im Mittelstand anders als in Konzernen meist nicht jahrelang auf die Übernahme einer qualifizierten Führungsposition vorbereitet wird. Er wird vielfach – überspitzt formuliert – ins kalte Wasser geworfen. Sozusagen über Nacht sollen sich die Nachwuchskräfte von Fach- zu Führungskräften entwickeln und vom ersten Tag an funktionieren. Entsprechend groß ist die Gefahr eines Scheiterns. Deshalb sollte ihnen in der Startphase zum Beispiel ein Coach zur Seite gestellt werden, der ihnen hilft, den Funktions-, Positions- und Rollenwechsel zu meistern.

Entsprechendes gilt, wenn ein bisheriger Konzernmanager eine Führungsposition in einem Mittelstandsunternehmen übernimmt. Auch dann ist es sinnvoll, ihm einen Coach zur Seite zu stellen. Sonst ist die Gefahr groß, dass sich nach wenigen Monaten die Wege wieder trennen. Nicht weil die neue Führungskraft, salopp formuliert, nichts taugt sondern weil scheinbar die „Chemie“ nicht stimmt. Eine zentrale Ursache hierfür: Viele (erfahrene) Konzernmanager unterschätzen anfangs, wie stark sich die Kultur gerade von inhabergeführten mittelständischen Unternehmen von der Kultur von Konzernen unterscheidet und dass in ihnen teils andere Gesetze für das Miteinander gelten. „,Das schaff‘ ich schon. Schließlich habe ich schon in viel größeren Unternehmen mein Können bewiesen“. Mit dieser Überzeugung und diesem Selbstbewusstsein gehen sie meist ihren neuen Job an. In entsprechend viele Fettnäpfchen tappen sie in der Startphase – sei es im Umgang mit altgedienten Mitarbeitern und Kollegen oder mit Kunden und den Firmeninhabern. Mit der Folge, dass oft bereits nach wenigen Wochen eine weitere Zusammenarbeit unmöglich erscheint. Und dies, obwohl sich das Unternehmen bei der Bewerberauswahl durchaus für den richtigen Kandidaten entschied. Der einzige Fehler: Ihm wurde in der Startphase nicht die erforderliche Unterstützung gewährt.

Übrigens, im Falle von Kai Riemann war die mit dem Coach erarbeitete Lösung letztendlich sehr einfach: Riemann muss lernen, damit zu leben, dass die über 70-jährige Firmeninhaberin täglich „ihr Kind“ das Unternehmen besucht und dann auch einen Plausch mit „ihrem Geschäftsführer“ halten möchte. Denn weder die Eigentumsverhältnisse, noch die Firmeninhaberin kann er verändern. Also muss Riemann den täglichen Plausch mit der Firmeninhaberin als Teil seines Jobs begreifen. Und bezogen auf seine Krawatten? Hier muss Riemann – zumindest solange die Beziehung zwischen ihm und der Firmeninhaberin noch nicht gefestigt ist – eine Abwägung vornehmen: Was ist mir wichtiger? Dass ich eine gepunktete Krawatte trage, oder dass ich Geschäftsführer eines gesunden Unternehmens bin, in dem ich ansonsten sehr große Gestaltungs- und Entfaltungsmöglichkeiten habe?

* Die Namen der erwähnten Personen sowie die geschilderten Konstellationen wurden verändert.

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Rainer Nollens

Rainer Nollens ist einer der beiden Geschäftsführer der auf mittelständische Unternehmen spezialisierten Unternehmensberatung Nollens, Dessel & Kollegen in Soyen (Oberbayern). Die 1995 gegründete Mittelstandsberatung unterstützt mittelständige Betriebe – vorwiegend aus dem technologischen Bereich sowie solche, bei denen das Zusammenspiel Mensch-Technik ein zentraler Erfolgsfaktor ist – beim Steigern ihrer Leistungskraft und Erhöhen ihres Outputs.

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