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Unternehmensnachfolge in DeutschlandDie Nachfolge ist ein wichtiges Thema für Unternehmen, daher sollte man sich frühzeitig mit den verschiedenen Möglichkeiten auseinandersetzen. Hier wird in Form eines Interviews der aktuelle Stand der Dinge in Deutschland erläutert.

Unternehmer.de: Gibt es in Deutschland ein Nachfolgeproblem?

Jürgen Rilling: Ja, in der Tat! Das IfM (Institut für Mittelstandsforschung, Bonn) hat ermittelt, dass über 22.000 Familienbetriebe pro Jahr zur Nachfolge anstehen! Der Nachfolgestau ist meines Erachtens sogar noch länger geworden. In der Krise stand bei vielen Unternehmen der blanke Überlebenskampf im Vordergrund, da war für langfristige strategische Themen wie die Nachfolge kein Platz!

Unternehmer.de: Wann wird die Nachfolge zum Problem?

Jürgen Rilling: Zunächst ist der Generationenwechsel etwas Positives. In Wandel und Veränderung liegt die Chance auf Erneuerung und frische Impulse. Viele Unternehmer gehen das Thema Nachfolge aber nicht an. Mit einer ungeregelten Nachfolge sind aber schlimmstenfalls sogar Betrieb und Arbeitsplätze bedroht. Dann wird die Unternehmensnachfolge zum Problem – zum volkswirtschaftlichen. Denn o.g. jährlich 20.000 Familienbetriebe stehen für über 280.000 Arbeitsplätze!

Unternehmer.de: Warum handeln die Unternehmer nicht?

Jürgen Rilling: Die Gründe hierfür sind mannigfaltig: Viele können nicht loslassen, andere haben keine familieninternen Nachfolger und sehen keine Alternativen.

Unternehmer.de: War das früher anders?

Jürgen Rilling: Früher war die familieninterne Nachfolge die Regel. Heute ist sie aufgrund demographischer und soziologischer Veränderungen nur noch eine Spielart von vielen. Die Nachkommenschaft ist nicht mehr so zahlreich und bei den Junioren kommt die eigene Verwirklichung vor dem elterlichen Wunsch der Betriebsübernahme.

Unternehmer.de: Das sind ja düstere Aussichten?

Jürgen Rilling: Nein, ganz und gar nicht. Ich finde es richtig, nach Neigung und Eignung von Sohn oder Tochter zu fragen. Schließlich geht es hier einerseits um Existenz und Perspektive der Junioren aber andererseits auch um die Zukunft von Betrieben, Mitarbeitern und deren Familien. Ist der Junior nicht geeignet, verheißt das schließlich auch nichts Gutes für den Betrieb. Zudem gibt es Alternativen zur familieninternen Nachfolge. Diese muss man sich aber erschließen. Daraus können auch Chancen für die Firma aber auch Existenzgründer entstehen.

Unternehmer.de: Was ist also zu tun?

Jürgen Rilling: Die Regelung der Nachfolge sollte als ein umfangreiches, langfristiges Projekt angesehen werden. Zu Beginn muss der Unternehmer eine Bestandsaufnahme durchführen, seine Ziele im Zusammenhang mit der Nachfolgeregelung definieren und daraus eine Nachfolgestrategie ableiten. Dabei geht es selbstverständlich auch um die Definition nicht geldlicher, emotional begründeter Ziele – schließlich geht es ja auch um sein Lebenswerk bzw. das seiner Vorfahren. Auch sollte er die Familie dabei einbinden, denn es geht nicht nur um seine Zukunft. Entsprechend der festgelegten Ziele und Strategie ist dann die oft langwierige Umsetzung konsequent zu begleiten bzw. voranzutreiben – dies gilt übrigens sowohl für die familieninterne Nachfolge als auch bspw. für einen beabsichtigten Verkauf. Externer Rat kann in Zusammenhang mit dem Thema Nachfolge helfen: Auch wenn der Unternehmer ein absoluter Profi ist und über Jahrzehnte täglich seine Produkte verkauft hat, sein Lebenswerk übergibt er nur einmal!

(Bild: © khz – Fotolia.com)

Jürgen Rilling

Jürgen Rilling ist Unternehmer und geschäftsführender Gesellschafter der auf das Thema Nachfolge und M&A spezialisierten Mirablau in München. Er ist Lehrbeauftragter „Geschäftsplanung“ an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

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