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Auf den Mix von Seminar und Webinar kommt es an

Aufgrund der benannten Probleme empfiehlt es sich, Webinare, vor allem solche, die auf einen Abschluss hinführen, mit dem klassischen Präsenzlernen zu kombinieren, so wie es vor einigen Jahren schon beim WBT praktiziert wurde. Man kann davon ausgehen, dass das Webinar in den meisten Fällen die herkömmlichen Weiterbildungsformen nicht vollständig ersetzt, sondern ergänzt. Lernen als ’sozialer Prozess‘ benötigt soziale Einbettungen. Darum wird die Aneignung von Wissen nie alleine zwischen Mensch und Computer stattfinden, sondern immer im Zusammenspiel mit anderen. Selbstgesteuerte Lernprozesse wie WBT und Webinar lassen Trainer, Dozenten und Lehrer keinesfalls überflüssig werden. Es geht vielmehr um integrierte Lernkonzepte, welche die heute verfügbaren Möglichkeiten der Vernetzung über Internet oder Intranet mit den klassischen Lernmethoden und -medien in einem Lernarrangement nutzen.

Dieser Mix stellt neue und höhere Anforderungen an den Dozenten/Trainer. Im Webinarteil ist er zu einer zeitlich und inhaltlich strukturierten Vorgehensweise gezwungen. Der Inhalt bekommt ein stärkeres Gewicht. Inhaltsleeres Herummoderieren und Befindlichkeitsabfragen sind hier fehl am Platze, Selbstdarstellung gar fast unmöglich.

Wer schon einmal an einer Telefonkonferenz teilnahm, weiß, wie schwierig es ist, ein halbes Dutzend Teilnehmer unter einen Hut zu bringen. Darum ist es in den meisten Webinaren nicht möglich, sich als Teilnehmer mündlich einzubringen. Es wird in der Regel schriftlich diskutiert. Nur der Präsentator bedient sich der Sprache und beantwortet die schriftlich gestellten Fragen mündlich. Hierbei ist immer wieder zu beobachten, wieviel Mühe es ihm bereitet, sich gleichzeitig auf die Präsentation zu konzentrieren und das Feld mit den Teilnehmerfragen im Blick zu behalten.

Das Webinar-Angebot

Das Angebot an Software und Lehrstoff ist groß. Genaue Daten fehlen. Man kann von rund 300 Lernplattformen ausgehen, womit aber nicht nur Webinare gemeint sind, sondern alle Formen web-basierter Lernumgebungen. Davon entfällt gut ein Drittel auf Open-Source-Systeme. Dr. Dieter Hohl, Präsident der Internationalen Qualitätsgemeinschaft von Trainern und Beratern (Q-Pool 100 e.V.), berichtet: „Das Thema Webinar steht bei unseren Mitgliedern ganz oben auf der Tagesordnung. Wer hier zu spät kommt, den bestraft der Markt.“

Viele Webinar-Anbieter beschränken sich darauf, einen virtuellen Klassenraum zur Verfügung zu stellen, der von einem Veranstalter gemietet werden kann. Die Preise bewegen sich je nach Funktionenumfang und maximaler Teilnehmerzahl zwischen 40 bis 100 Euro monatlich. Wer diese Kosten ganz vermeiden möchte, kann auf ein entsprechend großes Angebot an Open-Source-Software zurückgreifen.

Viele Webinarveranstaltungen sind intranetbasiert, finden also innerhalb geschlossener Räume statt. Das ist bei großen Unternehmen, Organisationen oder auch bei Hochschulen der Fall.

Ausblick

Die Zukunft der Lehrform Webinar ergibt sich aus der allgemeinen Entwicklung der IKT. Das Web 2.0 war ein Sprung in den Möglichkeiten, das semantische Web 3.0 wird um 2020 herum ein noch größerer sein. Infolge dieses Fortschrittsprozesses hat sich auch die Telearbeit von der bloßen Dateneingabe hin zur IT-basierten Überall- und Jederzeit-Arbeit entwickelt. Als Folge der Verschmelzung von Arbeit und Lernen hat das E-Learning eine ähnlich gute Zukunft wie das E-Work. Arbeit ist überall dort möglich, wo das Internet ‚angezapft‘ werden kann, ebenso das Lernen.

Der Übergang von der Industriegesellschaft in die wissensbasierte Dienstleistungsgesellschaft setzt adäquate Qualifikationen voraus. Wissenswert tritt an die Stelle von Arbeitswert. Die unumgängliche Intellektualisierung der Wissensgesellschaft erfordert weitere Inputressourcen. Hierfür reichen Akademien, Volkshochschulangebote und betriebliche Weiterbildungsangebote, um nur einige Beispiele zu nennen, nicht mehr aus. Das Internet bietet mit E-Learning eine ergänzende Plattform, um den Wissensbedarf unserer Gesellschaft zu befriedigen. Es ermöglicht, den Lernprozess den persönlichen Anforderungen und Umständen anzupassen. Auch der Landwirt in der Uckermark kann sich jetzt an einer ‚Online-University‘ immatrikulieren lassen, ohne lange Anfahrtswege in Kauf nehmen zu müssen. Das Cyberspace ist der Hörsaal.

In der zukünftigen Arbeitswelt sind solche Mitarbeiter tätig, die sich eigenständig in virtuellen Arbeits- und Netzwelten orientieren und bewegen, denn Online-Business und Online-Arbeiten verschmelzen immer mehr. In dem Maße, wie sich die Online-Kompetenz zu einer Schlüsselqualifikation in der Berufswelt entwickelt und viele Menschen nicht mehr mit dem Netz, sondern im Netz leben, steigt auch die Akzeptanz von E-Learning. Für die Facebook-Generation ist das Internet keine externe Erweiterung der Wirklichkeit, sondern Teil von ihr. Das alles begünstigt die weitere Entwicklung von Webinaren, zumal auch die Bedienerführung und Lernfreundlichkeit der Softwareprogramme zunehmend verbessert wird.

Man wird die Prognose wagen dürfen, dass Webinare eine größere Resonanz finden werden, als WBTs oder Computer Based Trainings (CBT). Auch werden sich weitere www-Plattformen für Bildung und Weiterbildung etablieren. Dafür sorgt nicht zuletzt das Kostenargument, das, wie so oft, das Qualitätsargument schlägt.

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Prof. Dr. Walter Simon

1978 trat Prof. Dr. Walter Simon als Trainee in der AEG-Telefunken AG in das Berufsleben ein und wurde dort Projektleiter der Management-Weiterbildung. Er gründete das Innovationsteam für Produktion und Wirtschaft GmbH (IPW-Training und Consulting GmbH) aus dem später das Corporate University Center hervorging. Er ist Wirtschaftstrainer, Zukunftsberater und Business-Speaker. 2006 gewann er den Internationalen Trainingspreis in Silber. Er schrieb 200 Artikel und 20 Bücher.

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