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Wer sich heute für eine Selbstständigkeit im Handel entscheidet, wird meist von einem Traum angetrieben. Die Situation im Handel heutzutage ist alles andere als rosig: Sinkende Umsätze lassen ein Dasein als Einzelhändler zumindest auf den ersten Blick für viele wenig attraktiv erscheinen.

Preisverfall, ruinöser Wettbewerb durch Großbetriebsformen und die durch das Internet zu Ungunsten des lokalen Einzelhandels veränderten Wettbewerbsbedingungen tragen ihren Anteil dazu bei, potenzielle Anwärter von einer Karriere im Einzelhandel, insbesondere als wirtschaftlich eigenverantwortlicher Selbstständiger, abzuschrecken.

Und dennoch gibt es auch heute noch zahlreiche Menschen, die sich für diesen Weg entscheiden, weil ihr persönlicher Traum für sie schwerer wiegt als pauschale Negativurteile über den Markt und die Unkenrufe wirtschaftspessimistischer Zauderer.

1. Der Traum von der Selbstständigkeit im Handel

Der Traum, der den angehenden Einzelhändler antreibt, ist sein eigener – und unterscheidet sich damit in dem Maße von den Träumen anderer Händler, in dem auch der Händler als Person sich von anderen Menschen absetzt. Es kann der Traum davon sein, den Kunden als willkommenen, jede Aufmerksamkeit werten Gast im Handel zu empfangen. Oder der Traum davon, bisher nicht Dagewesenes anbieten zu wollen.

Es kann ein Traum von einem einzigartigen Sortiment oder von uneingeschränktem Service sein, der den zukünftigen Händler anspornt. So unterschiedlich die subjektiven Träume der angehenden Einzelhändler sind, so gleich sind sie sich in einem Punkt: der motivationalen Kraft, mit der sie ihren „Träumer“ antreiben und ihn nach einer Verwirklichung seines ganz eigenen Traumes im Handel streben lassen.

Die Phase des Traums ist zugleich die erste Phase in einem mehrstufigen Prozess der Unternehmensausrichtung im Handel, der im Folgenden beschrieben und strategischen Überlegungen zugänglich gemacht werden soll.

2. Die Vision als Visualisierung des Händler-Traums

Wenn Träume nicht nur Träume bleiben sollen, brauchen sie Konkretisierungen. Das ist auch im Handel so. Auf den Traum des angehenden Einzelhändlers, dem es ernst mit seinem Vorhaben ist, folgt deshalb ein anschaulicheres Bild seines zuvor vergleichsweise vagen Wunsches, das sich als Vision beschreiben lässt: In der Vision wird, zunächst für den zukünftigen Händler selbst, sichtbar und beschreibbar, wie sein Projekt im Handel aussehen könnte – der Traum nimmt Gestalt an.

Einzelne Bilder, Gedanken und Unterziele werden klarer und formulierbar: Die Frage „Was will ich meinen Kunden anbieten?“ steht bei der Vision im Vordergrund, und auch hier sind die möglichen Antworten so verschieden und vielfältig wie die zukünftigen Einzelhändler selbst. Es geht um Distinktion, darum sich abzuheben (in Form eines Alleinstellungsmerkmals). Es geht also um die Gestaltung eines für zukünftige Kunden attraktiven Angebots, das auch dem Händler als Anbieter Freude bereitet und mit seinen Wünschen konform geht.

Das kann beispielsweise die Vision sein, als Einzelhändler Full Service in allen relevanten Dienstleistungsbereichen anbieten zu wollen. Oder die Vision, ein Geschäft zu eröffnen, in dem Kunden nicht nur Schuhe kaufen, sondern auch Kaffee trinken, plaudern, Pause machen und Eis essen können. Die Vision mit ihren anschaulichen Bildern und Vorstellungen spornt den zukünftigen Händler weiter an und lässt ihn zunehmend daran arbeiten, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen.

3. Mission der Möglichkeiten: Händler-Träume auf den Weg gebracht

Während die Vision schon vom Wort her den Schwerpunkt auf die visuellen, die anschaulichen Inhalte der Vorstellungen des Händlers setzt, schickt die Mission den Händler auf eine selbst entsandte Reise: Mit der Vision vor Augen verstärkt sich beim angehenden Händler der Antrieb, seine visualisierten Wünsche in die Tat umzusetzen. Er wird quasi zum Missionar in eigener Sache.

Die Mission ist der Imperativ seines weiteren Handelns. Sie befiehlt ihm sein nun anschließendes Vorgehen. Die im Traum und der Vision enthaltenen Aspekte werden nach und nach zu einem Ganzen zusammengefügt, das die zukünftige Entwicklung des Geschäftsvorhabens maßgeblich führt. Um etwa einen umfassenden Full Service, „alles aus einer Hand“, anbieten zu können, werden nun erste, noch nicht strategisch untermauerte Bemühungen auf den Weg gebracht. Hierzu können Kooperationen gehören, über die nachgedacht wird und die vielleicht auch schon eingeleitet werden, der Aufbau eines Netzwerks oder die Zielsetzung, alles dafür tun zu wollen, dass der Kunde sich in der Tat wie ein – königlich empfangener – Gast fühlt.

In dieser Phase der Unternehmensausrichtung bewegen sich die Überlegungen und das Vorgehen indes noch auf einem vorstrategischen Niveau. Sie können und werden in dieser Form auch von Neulingen im Einzelhandel vollzogen und fußen zu einem beträchtlichen Anteil auf Erfahrungswerten, die, so vorhanden, aus einer Einzelhandelsausbildung stammen können, aber auch aus selbst als Kunde erworbenen Eindrücken und Erlebnissen.

4. Das Leitbild als Wegweiser zur Unternehmensausrichtung im Handel

Hat die Mission den angehenden Händler auf den Weg gebracht, braucht dieser für seine weiteren Bemühungen und nicht zuletzt für den späteren stringenten Unterhalt seines Geschäfts eine umfassende Zielvorstellung darüber, wie sein Werk aussehen soll und was ihm wichtig ist. Dieses Unternehmensleitbild beinhaltet eine Gewichtung aller bisherigen Überlegungen. So kann zum Beispiel der „umfassende Full Service“ vom Händler für bedeutender befunden werden als alle anderen Zielsetzungen.

In der Umsetzung prägt das Leitbild des Unternehmens seine sich prozessual stets weiterentwickelnde Identität, fachsprachlich als „Corporate Identity“ bekannt. Im Leitbild (das auch als „Unternehmensphilosophie“ beschrieben werden kann) enthalten sind zentrale Werte, zum Beispiel „Kundenfreundlichkeit“, und Leitsätze, etwa „Kunden werden stets freundlich und zuvorkommend empfangen und behandelt“. Nicht immer werden diese verbalisiert oder gar schriftlich festgehalten, doch spätestens auf systematische Nachfrage hin kann nahezu jeder Händler derartige Werte und Grundsätze benennen, die sein Unternehmen ausmachen.

Die analytische Herausarbeitung solcher oftmals nur implizit vorausgesetzten Werte- und Grundsatz-Annahmen, zum Beispiel im Rahmen eines professionellen Coaching, ist besonders dann hilfreich, wenn im geschäftlichen Alltag der „rote Faden“ fehlt oder im Verkauf angestellte Mitarbeiter in Ermangelung eindeutiger Direktiven nicht einheitlich und im Sinne des Unternehmens agieren.

Im Prozess der Unternehmensausrichtung ist der angehende Händler mit der Entwicklung eines Leitbilds für sein Geschäft schon ein gutes Stück vorangekommen. Nun muss es für ihn daran gehen, die bisherigen Einsichten in die Tat umzusetzen. Damit dies erfolgreich gelingen kann, benötigt er Strategien, die seine Pläne systematisieren und seinen Zielen Wege und Maßnahmen zuordnen.

In zweiten und dritten Teil des Artikels erfahren Sie mehr über die Strategien der Unternehmensausrichtung im Handel.

Weitere Artikel dieser Serie:

Handel: Verwirklichen Sie Ihren Traum von der Selbständigkeit! (Teil II)

Handel: Verwirklichen Sie Ihren Traum von der Selbständigkeit! (Teil III)

(Bild: © Orlando Florin Rosu – Fotolia.com)

Wolfgang Hanses

Wolfgang Hanses ist geprüfter Trainer und Mitglied im Bundesverband ausgebildeter Trainer und Berater (BaTB) und unterrichtet als freier Trainer für alle Berufsrichtungen. Außerdem ist er der Geschäftsführer der Schule für Erfolg (s-f-e). Mehr zur Schule für Erfolg und dem aktuellen Seminarangebot finden Sie unter www.s-f-e.de.

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