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Startup: Geld oder Kunden? Darum sind Konsumenten genauso wichtig wie Kapital!Gerade in der Frühphase besteht für viele Gründer die größte Herausforderung darin, an Geld zu kommen.

Häufig wird dabei vergessen, dass das Einwerben frischen Kapitals – nicht selten ein Fulltime-Job – jedoch nur eine Seite der Medaille ist. Wer auf den (oft geplatzten) Traum vom Millionen-Exit pfeift und stattdessen seiner Idee treu bleibt, sollte frühzeitig damit beginnen, Zielgruppen zu definieren und neben Kapital auch Konsumenten – also Umsatz – für seine Innovation „einzuwerben“.

 Wirtschaftswissenschaftler und MeinSpiel-Mitgründer Thorsten Kucklick schrieb zur Jahresmitte auf den Karriereseiten von Spiegel Online: „Schon bei der Suche nach Startkapital steckte ich auf einmal in einem Dschungel aus Risikokapitalgebern, Business Angels und öffentlichen Förderprogrammen.“ Kucklick beschreibt eine Lage, wie sie viele Start-ups aus ihrer Frühphase kennen: Die eigene Idee mündet in einen – nicht selten mit Hilfe von Bund oder Land geförderten – Prototypen eines Produkts, die Beta-Version einer Software oder eine innovative Dienstleistung.

An Geld gelangen: Pitchen, buhlen, werben 

Solche Prinziplösungen, in die nachfolgend noch einmal Zeit und Kapital gesteckt werden müssen, sind in der Regel noch weit vom Markt entfernt. Deshalb gilt es, privates Kapital einzuwerben, um die Entwicklungsarbeiten in Phase zwei voranzutreiben. Üblicherweise geschieht das über Private Equity, Business Angels oder – nicht selten Endstation Hoffnung – Schwarmgeld (Crowdfunding).

Also wird gepitcht, gebuhlt und geworben, was das Zeug hält, um an frisches Geld zu kommen. Einigen Start-ups gelingt es, die Finanzierungshürde zu überwinden, nicht wenige bleiben im Versuch hängen – bis ihnen das Garagenlicht ganz ausgeht.

„Ich  habe hier eine Lösung, wer hat das Problem?“

Entrepreneure mit innovativen Ideen – häufig nach dem paradoxen Prinzip „Ich habe hier eine Lösung, wer hat das Problem dazu?“ – werden von potenziellen Geldgebern vorm Öffnen des Geldkoffers gern in den Business-Schwitzkasten genommen: „Wo ist Ihre Zielgruppe? Gibt es bereits Nachfrage, erste Vertriebserfolge? Wie viele Kunden haben Sie schon? Wo sehen Sie Ihr Start-up in zwei Jahren, wo in fünf?“

Simple, aber von Gründern oft missachtete Grundfragen, deren beherztes Ignorieren an der Kernschmelze der Nuller-Internetblase nicht ganz unschuldig war, denn: Ein erfolgreicher Betrieb des eigenen Start-ups setzt (im Gegensatz zum Profit gejagten Exit-Denken) einen echten und nicht nur erhofften Markterfolg voraus.

Die wenigsten Ideen taugen zur fulminanten facebook’schen Wette auf eine Zukunft erhofft dicker Gewinne oder zum N.T.B. (Next Big Thing), auch wenn mancher Gründer das naturgemäß anders sieht – bis die Hoffnung doch stirbt. Folglich müssen – je eher, desto besser – Kunden für die Neuentwicklung interessiert und gewonnen werden. Doch wie kann das möglichst ohne großen Kapitalaufwand gelingen?

Temporären Neuigkeitswert nutzen

Medien waren immer schon Wegbegleiter für Innovative, zumeist in Form herkömmlicher Anzeigen. Deren Kosten aber erweisen sich im frühen Gründungsstadium oft als teures Lehrgeld mit geringer Resonanz. Als wirksameres Instrument zur Bekanntheits- und Chancensteigerung erklärungsbedürftiger Innovationen und Ideen hat sich dagegen die sogenannte „vertriebsnahe Pressearbeit“ erwiesen. Wenn Produkte, Technologien und Servicetools neu sind und zugleich Alleinstellungsmerkmale haben, lassen sich in diesem frühen Stadium noch Redaktionen entsprechender Zielmedien dafür begeistern.

In Eigenverantwortung oder über externe Dienstleister mit Kontakten zu möglichst bundesweit agierenden Medien lassen sich nachrichtliche Meldungen und Fachbeiträge über die Innovation, deren Anwendernutzen und Alleinstellungsmerkmale redaktionell transportieren. Sie bilden den temporären Neuigkeitswert und das Anforderungsprofil textlich ab und erreichen nicht nur potenzielle Partner und Geldgeber, sondern vor allem Anwender und Konsumenten im großen Maßstab.

Neukunden ohne nennenswertes Budget

Obwohl sich diese Form der marketingunterstützenden Pressearbeit zur Popularisierung und Markteinführung von Innovationen – auch als Ergänzung des klassischen Marketings – seit vielen Jahren im Mittelstand als effektiv erweist, nutzen Start-ups sie noch eher selten. Häufig wird die alleinige Marketing-Verantwortung intern an ein Entwicklungsteam-Mitglied vergeben, dem man diese Arbeit „am ehesten zutraut“ oder das man von der Uni kennt.

Fatal, wie auch Gründer Kucklick erfuhr: „Außerdem musste ich erste Kunden gewinnen, Thema Marketing also. Im Studium bin ich bombardiert worden mit Powerpoint-Präsentationen zu psychologischen Modellen und Marketingtheorien. Das Handwerkszeug für Öffentlichkeitsarbeit (oder: wie man ohne nennenswertes Budget Neukunden gewinnt) hatte ich nicht gelernt.“

Nicht selten wird auch eine Full-Service-Agentur für knackige Summen beauftragt, die mit einer (oft absurd) breiten Angebots-Palette auf das Budget drückt. „Wir haben monatelang 4.000 Euro an eine Agentur für fast Nichts gezahlt“, so die aktuelle Klage aus einem Berliner Start-up – eine der schlimmsten und unnötigsten Konsequenzen falscher Zielvorgaben.

Folge: Neues Kapital muss eingeworben werden. Eine oft unterschätzte und kostspielige Teufelsspirale. Gerade in der Frühphase lassen sich Popularisierung, Außenwahrnehmung und Teile des Innovationsmarketings mit dem entsprechenden Knowhow noch mit vergleichsweise geringem finanziellen Aufwand bewerkstelligen – zumal wenn die Innovation oder Dienstleistung eine newswertige Alleinstellung aufweist.

Zeit frisst Geld frisst Zeit

Zeit und Geld sind nicht nur bei Online-Gründern knapp bemessene Ressourcen, die sich gerne gegenseitig auffressen. Sinnvoll kann es daher sein, die Anstrengungen zur medialen Bekanntmachung und Neukundenfindung temporär auszulagern. In Fachkreisen kursieren als optimaler Zeitraum „sechs bis 18 Monate“. Kommt es zu einer solchen Zusammenarbeit auf Zeit mit externen Partnern, sollte unbedingt, stets das knappe Budget im Blick, erfolgsorientiert vergütet werden.

Gerade Start-ups unter dem Radar finanzpotenter Investoren sind gut beraten, ihre spezialisierten Partner, wie in der Wirtschaft in vielen Bereichen üblich, zu einer zumindest in Teilen erfolgsabhängigen Leistungsvergütung zu bewegen. Neben ein paar unumgänglichen Basisstunden pro Monat zum Festpreis sollte daher eine separate Bonusgröße nur für tatsächlich gesicherte Erfolge in Form nachgewiesener Abdrucke in Zielmedien vereinbart werden.

Fazit

Neukunden, strategische Geschäftspartner und Investoren lassen sich in der Angebotsphase von Start-ups und parallel zum ersten Produkt ohne großen Kapitalaufwand zum Teil über die Medien „einwerben“. Man muss nur einige Spielregeln beachten.

Ronny Eckert

Ronny Eckert ist freier Journalist und Innovations-Publizist aus Berlin. Er berät Start-ups in der Frühphase und beschreibt mit journalistischen Mitteln deren Ideen und Innovationen. aktuell@innomedia-berlin.de

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