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Pflege-Bahr: Zusatzversicherung mit Zuschuss vom StaatDer Bundestag verabschiedete 2012 eine staatlich geförderte Pflegezusatzversicherung, genannt „Pflege-Bahr“. Was verbirgt sich hinter dieser Idee? Mit Pflege-Bahr fördert der Staat seit Januar Versicherte mit 60 Euro im Jahr, wenn sie selbst mindestens zehn Euro pro Monat in eine private Pflege-Bahr-Versicherung stecken.

Freier Zugang für alle ohne Gesundheitscheck

Eine Pflege-Bahr-Versicherung kann ab 18 Jahren abgeschlossen werden. Die Möglichkeit dazu besteht für alle Bürger, die Regierung hat beschlossen, dass Versicherungsgesellschaften keine Antragsteller ablehnen dürfen. Einzige Ausnahme: Wer bereits Pflegezahlungen erhält, darf keine Pflege-Bahr-Förderung mehr abschließen. Das neue Produkt wurde ins Leben gerufen, um die eigene Vorsorge zu fördern und zu belohnen und greift deshalb nicht mehr für bereits Pflegebedürftige.

Nicht jede Pflegezusatzversicherung ist automatisch förderfähig. Zu den Voraussetzungen für Pflege-Bahr-Produkte gehört, dass Gesundheitsprüfungen, Risikozuschläge und Leistungsausschlüsse nicht erlaubt sind. Außerdem wurden für jede der drei Pflegestufen bestimmte Leistungsvorgaben staatlich festgelegt, und die Wartezeit darf bis zu Beginn der Leistungspflicht allerhöchstens fünf Jahre betragen.

Wer in finanzielle Not gerät und seine Beiträge vorübergehend nicht leisten kann, hat bei Pflege-Bahr-Versicherungen die Möglichkeit, den Vertrag bis zu drei Jahre ruhen zu lassen oder zu kündigen. Der Gesetzgeber gibt den Versicherungsgesellschaften außerdem vor, dass bei den Abschluss- und Verwaltungskosten bestimmte Grenzen nicht übertreten werden dürfen.

Großes Interesse nach schleppendem Start im Januar

Zu Beginn des Jahres kamen die ersten Pflege-Bahr-Produkte nur sehr zögerlich auf den Markt. Knapp fünf Monate nach der Einführung hat sich das geändert: Knapp 30 Anbieter haben inzwischen Pflege-Bahr-Versicherungen im Angebot. Nach Informationen des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV) werden täglich 1.000 neue Anträge abgeschlossen. Die meisten Pflege-Bahr-Versicherten der ersten Monate sind zwischen 25 und 35 Jahre alt. Wie von der Bundesregierung erhofft, kümmert sich also vor allem die junge Zielgruppe um ihre Pflegevorsorge.

Die Vor- und Nachteile von Pflege-Bahr auf einen Blick

Verbraucherschützer haben in den ersten Monaten bereits ausführlich über Sinn und Zweck von Pflege-Bahr diskutiert. Einige staatliche Vorgaben kamen sehr gut an, wie zum Beispiel die bereits beschriebene Möglichkeit, die Versicherung im Notfall vorübergehend ruhen zu lassen. Ebenso positiv wird gesehen, dass die Versicherung für alle erwachsenen nicht-pflegebedürftigen Bürger und damit für den Großteil der Menschen hierzulande zugänglich ist. Weniger begeistert ist der Verbraucherschutz beispielsweise von den vorgegebenen Leistungen für Demenzkranke in den niederen Pflegestufen.

Außerdem wurde bereits darüber spekuliert, ob für gesunde Menschen rein private Produkte eventuell lukrativer sind, weil die Pflege-Bahr-Tarife auch risikobehaftete Bürger mit einbeziehen, die den bei rein privaten Pflegeversicherungen üblichen Gesundheitscheck nicht bestehen würden. Für dieses höhere Gesamtrisiko für die Versicherer bezahlen nach Meinung von Experten alle Versicherten mit. Auch Geringverdiener sollen im Pflegefall keinen großen Vorteil aus Pflege-Bahr ziehen können, weil ihre Leistungen auf die Grundversorgung angerechnet werden.

Eine Möglichkeit, um von Pflege-Bahr zu profitieren, den Nachteilen aber nicht schutzlos ausgeliefert zu sein, bietet die Kombination der staatlichen Förderung mit einer privaten Pflegeversicherung.

Beitragsgestaltung der einzelnen Anbieter noch sehr unterschiedlich

Einig sind sich die Experten darin, dass Pflege-Bahr bisher von den Versicherungsunternehmen sehr unterschiedlich umgesetzt wird. Gerade bei älteren Bürgern bestehen aktuell hohe Beitragsunterschiede zwischen den einzelnen Produkten. Eine genaue Prüfung verschiedener Angebote sollte deshalb – insbesondere bei diesem jungen Versicherungsprodukt – nicht vernachlässigt werden.

(Bild: © Taffi – fotolia.de)

Caroline Scherr

Caroline Scherr lebt in Berlin und arbeitet als Redakteurin für die Webportale Dr. Klein und www.vergleich.de Unter anderem betreut sie das vergleich.de- und Dr. Klein-Blog. Zuvor war sie fünf Jahre im Finanzfernsehen tätig, zuletzt für zwei Jahre als TV-Korrespondentin und Kolumnistin in New York. Privat interessiert sie sich besonders für Film und Literatur und erkundet regelmäßig das Berliner Umland.

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