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accidente 2Das Verwirrspiel um die Opel-Rettung zog sich fast auf den Tag genau ein Jahr lang hin. Doch die monatelangen Verhandlungen um Staatshilfen und Übernahmen waren vergebens – Mutterkonzern General Motors riss auf der Zielgeraden das Ruder doch noch herum. Ein Possenspiel in drei Akten.

1. Opel: Blick in den Abgrund – die Finanzkrise 2008

November 2008
Der Opel-Mutterkonzern General Motors steht infolge der Finanzkrise und nach Milliardenverlusten vor Zahlungsschwierigkeiten. Am 14. November bittet Opel aufgrund uneinbringbarer Außenstände von GM und nach massiven eigenen Verlusten als erster deutscher Autokonzern Bund und Länder um Hilfe: Die Rüsselsheimer benötigen „etwas mehr als eine Milliarde Euro“ an Staatsbürgschaften zur Kreditabsicherung. Ende November verkündet GM-Europa-Chef Carl-Peter Forster, dass der Lohn bei Opel kurzfristig um mindestens zehn Prozent sinken soll, Schließungen von deutschen Opel-Standorten werden zunächst jedoch ausgeschlossen.

Februar/März 2009
GM fasst die Trennung von Opel ins Auge und zeigt sich bereit, „mit Dritten über die Partnerschaften und Beteiligungen zu verhandeln“. Auch das Opel-Management beschließt, sich vom Mutterkonzern zu emanzipieren und legt der Bundesregierung Anfang März einen Rettungsplan vor. Bei einem Besuch in Rüsselsheim macht Bundeskanzlerin Angela Merkel den Angestellten Mut: Auch wenn sie eine direkte staatliche Beteiligung zwar ablehne, werde Opel Unterstützung erhalten, „wo immer es nötig“ sei. Die Regierung werde bei der Investorensuche helfen und Bürgschaften bereitstellen.

2. Opel: Der Bieterwettstreit

April 2009
Sowohl der italienische Autobauer Fiat als auch der österreichisch-kanadische Autozulieferer Magna zeigen Interesse an einer Übernahme von Opel. Die Opel-Arbeitnehmer stehen Fiat ablehnend gegenüber, ein erstes Grobkonzept von Magna wird jedoch begrüßt.

12. Mai
Es meldet sich ein dritter Interessent: Auch der in Brüssel ansässige Finanzinvestor RHJ International prüft ein Angebot zur Opel-Übernahme.

30. Mai
In einer Nachtsitzung entscheiden sich Bund und Länder gemeinsam mit General Motors und dem US-amerikanischen Finanzministerium für einen Verkauf an Magna. Ein Überbrückungskredit von 1,5 Milliarden Euro wird  bewilligt. Der damalige Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg spricht sich als Einziger gegen Staatshilfen und für eine geordnete Opel-Insolvenz aus – gibt jedoch nach anfänglichen Rücktrittsdrohungen nach.

1. Juni
General Motors geht nach fast 101-jähriger Firmengeschichte in die Insolvenz – am Stichtag verfügt GM über Schulden von 172,8 Milliarden US-Dollar.

3. Opel: Die Kehrtwende

10. Juli
Nach nur 40 Tagen ist die GM-Insolvenz abgeschlossen und der Konzern mehrheitlich in Staatsbesitz – die US-Regierung erhält rund 60 Prozent der Firmenanteile. GM soll nun in wesentlich schlankerer Form überlebensfähig werden: Nur die Marken Chevrolet, Cadillac, Buick und GMC sollen erhalten bleiben, der Rest soll verkauft werden. Weltweit stehen bei GM über 35.000 Entlassungen an.

15. Juli
RHJ International verbessert sein Übernahmeangebot. Die Bundesländer mit Opel-Standorten sprechen sich jedoch nach wie vor für Magna aus, weil der Zulieferer weniger Stellenstreichungen ankündigt.

19. August
Der Entschluss steht fest: Wenn GM sich für Magna entscheidet, werden Bund und Länder 4,5 Milliarden Euro an Kreditzusagen und Bürgschaften vorstrecken. Der Druck auf GM steigt.

25. August
Erneutes Opel-Spitzentreffen in Berlin. GM erwägt erstmals, Opel doch zu behalten.

September 2009
Fiat ist aus dem Bieterkampf längst ausgestiegen, RHJ bessert nochmals nach. Letztlich verkündet GM-CEO Frederik „Fritz“ Henderson den Zuschlag für Magna.

3. November
Nach fast einjährigen Verhandlungen entscheidet der GM-Verwaltungsrat in einer radikalen Kehrtwende, Opel doch zu behalten. Damit stoßen die Amerikaner die Bundesregierung sowie Opel-Arbeitnehmer und -Management gleichermaßen vor den Kopf. GM kündigt zudem an, den bislang mit 800 Millionen Euro in Anspruch genommenen Kredit fristgemäß zurückzuzahlen – das ist zwar gut für die Steuerzahler, jedoch wären damit die Einflussmöglichkeiten der Bundesregierung endgültig aufgebraucht. Die Opel-Mitarbeiter protestieren an allen Standorten zu Tausenden gegen die Entscheidung.

(Von Unternehmer.de-Reporterin Linda Csapo)

Das Unternehmer.de-Dossier zum Thema Opel, Insolvenz & General Motors:

„Merkel vor dem Schrotthaufen“

Opel: Aufstieg und Fall eines „Stinkkastens“

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