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Eigentlich wollen Sie nichts kaufen. Dann aber zieht der Verkäufer die emotionale Karte: Er behauptet, Ihre persönliche Sicherheit wäre gefährdet, wenn Sie das Produkt nicht kaufen. Sie bekommen ein mulmiges Gefühl und entscheiden sich, dann eben doch zu kaufen.

Dabei hat Sie der Verkäufer nach Strich und Faden an der Nase herum geführt – es bestand nie eine Gefahr! Hiergegen wendet sich die Schwarze Klausel Nr. 12 des UWG.

Die Klausel

„Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 3 sind … Nr. 12: … unwahre Angaben über Art und Ausmaß einer Gefahr für die persönliche Sicherheit des Verbrauchers oder seiner Familie für den Fall, dass er das Produkt nicht kauft;“

Schock, schwere Not

Normalerweise sollte Ihnen eine solche Situation in keinem gut geführten Geschäft passieren: Sie lassen sich über ein Produkt, beispielsweise einen Defibrillator, beraten, entscheiden sich danach jedoch, dieses Produkt nicht zu kaufen. Dann plötzlich legt der Verkäufer los:

„Wenn Sie den Defi jetzt nicht kaufen, dann bringen Sie sich aber ganz schön in Schwierigkeiten. Schauen Sie doch mal, wie alt Ihr Vater schon ist. Da sind Herzinfarkte sehr wahrscheinlich. Und dann stehen Sie da und haben nichts, was Ihnen helfen könnte. Ohne Defi hat Ihr Vater doch überhaupt keine Überlebenschance! Wollen Sie etwa diese Notsituation zu verantworten haben – nur weil Sie einmal zu geizig waren? Tun Sie das sich und Ihrer Familie nicht an!“


Sie fühlen sich nach einer solchen Ansprache sicherlich nicht besonders wohl. Vor allem könnte es dem Verkäufer tatsächlich gelingen, Ihnen Angst zu machen, so dass Sie sich schlussendlich doch zum Kauf des Produkts entscheiden.

Durch die entsprechende Ansprache hat der Käufer Ihnen Angst gemacht und damit Ihre ursprünglich freie und rationale Kauf- bzw. Nichtkaufentscheidung untergraben. Wenn die Aussage des Verkäufers bezüglich der Art und des Ausmaßes der Gefahr nun unwahr, d.h. falsch, gewesen ist, so verstößt der Verkäufer gegen die Schwarze Klausel Nr. 12.

Die Lüge

Regelmäßig kommt es bei den Schwarzen Klauseln des UWG darauf an, dass ein Verkäufer bestimmte Angaben macht oder Aussagen tätigt oder sonstige Erklärungen abgibt, die ihm zugerechnet werden können. Dabei stellt sich in aller Regel die Frage, ob die jeweilige Schwarze Klausel nur ausdrückliche Aussagen eines Verkäufers erfasst oder ob es ausreicht, dass der Verkäufer lediglich einen falschen Eindruck erzeugt. Bei Klausel Nr. 12 ist ersteres der Fall – es kommt darauf an, dass der Verkäufer tatsächlich explizit lügt.

Dies bedeutet wiederum vor allem, dass es nicht ausreicht, dass der (Rechts-)Verkehr die Angaben/Aussagen des Verkäufers falsch versteht. Der Verkäufer muss tatsächlich eine objektiv falsche (unrichtige) Aussage tätigen – nur dann kann ein Verstoß gegen Klausel Nr. 12 vorliegen.

Die Art der Gefahren für den Betroffenen und dessen Familie

In Klausel Nr. 12 ist von Gefahren für die „persönliche Sicherheit“ die Rede. Was ist darunter zu verstehen, also was wird davon tatsächlich alles erfasst?

Zunächst fallen hierunter vor allem Gefährdungen für Leib und Leben. Somit betrifft dies vor allem Krankheiten, Unfälle, Tod, Kriminalität, Brände, Überflutungen, heftige Stürme und andere Naturkatastrophen.

Nicht umfasst werden dagegen Gefährdungen von reinen Vermögenswerten, Renten und des Arbeitsplatzes (genauer: hinsichtlich des Arbeitsplatzverlustes). Sicherlich bedeutet es für jemanden zwar auch einen großen Verlust, wenn er Vermögenseinbußen hinnehmen muss oder den Arbeitsplatz verliert, jedoch soll die Klausel nur solche Gefahren erfassen, die den Verbraucher ganz persönlich betreffen.

Da wie gesehen das Vermögen nicht von Klausel Nr. 12 erfasst wird, bleiben vor allem Versicherungen und deren Vertragsabschluss außen vor. Zwar betrifft etwa eine Lebensversicherung auf ihre Art und Weise auch den Schutz der persönlichen Sicherheit. Allerdings geht es letztlich jedoch um bloße Vermögensinteressen. Die Versicherung schützt ja z.B. nicht vor dem Tod selbst, sondern sorgt lediglich für einen finanziellen Ausgleich zugunsten des Versicherungsberechtigten, wenn der Versicherungsfall eintritt.

Dagegen kann etwa die Beauftragung eines Wachschutzes von Klausel Nr. 12 erfasst sein. Denn die Klausel ist nicht bloß auf Kaufsituationen beschränkt, sondern gilt beispielsweise auch für Dienst- oder Werkverträge. Damit ist u.a. auch die Beratung hinsichtlich einer Hausalarmanlage und deren Installation erfasst, falls zudem die übrigen Voraussetzungen der Schwarzen Klausel vorliegen.

Beispiel

Im Folgenden soll die Schwarze Klausel Nr. 12 anhand eines kurzen Beispiels erläutert werden.

In einer vornehmen Wohngegend einer Stadt lädt ein privater Wachdienst zu einer Infoveranstaltung. Dabei möchte der Wachdienst die gut situierten Bürger davon überzeugen, entsprechende Sicherheitsdienstleistungen und -produkte des Dienstes in Anspruch zu nehmen. Der  Wachdienst hat insbesondere das Interesse, mit möglichst vielen Bürgern Objektüberwachungsverträge abzuschließen, die beinhalten, dass der Sicherheitsdienst in gewissen (unvorhersehbaren) Abständen Streiffahrten durchführt und dadurch die vertraglich gesicherten Häuser bewacht und schützt.

Zudem sollen Alarmanlagen installiert werden, die neben der Polizei und der Nachbarschaft (akustisches Alarmsignal) auch unmittelbar den Sicherheitsdienst benachrichtigen.

Der Geschäftsführer, der sich und sein Unternehmen an diesem Abend im Gemeindesaal den Bürgern vorstellt, sagt dazu Folgendes:

„Wie Sie sicherlich wissen, ist die Kriminalität in diesem Bezirk in den letzten zwei bis drei Jahren sprunghaft angestiegen. Die Einbruchsdiebstähle mehren sich und gehen immer öfter auch mit brutaler Gewalt seitens der Täter einher. Niemand ist mehr sicher. Die Täter haben mitbekommen, dass bei Ihnen viel zu holen ist. Vertrauen Sie uns, wir schützen Sie und Ihr Vermögen. Falls Sie auf einen Schutz durch uns verzichten, können wir für nichts mehr garantieren. Sie wissen, die Polizei ist überfordert und kann Sie nicht mehr ausreichend schützen. Davon rate ich Ihnen also dringend ab!“

Tatsächlich gab es in den vergangenen zwei bis drei Jahren überhaupt keinen Anstieg der Kriminalität, sondern sogar einen leichten Rückgang. Zudem kann in Wirklichkeit von einer besonders auffälligen Brutalität der Täter keine Rede sein. Vielmehr bleiben Gewaltexzesse krasse Einzelfälle. Die Täter werden oft nicht einmal bemerkt und bleiben daher meistens unerkannt.

Der Geschäftsführer hat mit seiner Ansprache gegen Klausel Nr. 12 verstoßen. Seine Aussagen hinsichtlich der Kriminalität und Brutalität der Täter waren objektiv falsch. Sie stimmten einfach nicht. Zudem bezog er sich in seiner Ansprache nicht nur auf die Vermögenswerte der anwesenden Bürger, sondern – durch den Hinweis auf die angebliche Brutalität der Täter – auch auf deren persönliche Sicherheit.

Fazit

Die persönliche Sicherheit der Menschen ist sehr wichtig. Mit ihr lässt sich daher auch in Deutschland viel Geld verdienen. Wer Menschen jedoch unbegründet in Angst versetzt und davon zu profitieren versucht, soll mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts bestraft werden.

Inwieweit die Schwarze Klausel Nr. 12 tatsächlich in der Praxis regelmäßig zur Anwendung kommen wird, ist nur sehr schwierig zu prognostizieren. In jedem Fall wird eine mittelbare Wirkung vorhanden sein: Verkäufer und Unternehmen werden sich in aller Regel davor hüten, Ihren Kunden auf diese Weise Angst zu machen und so unter Druck zu setzen.

Gerade die Sicherheitsbranche ist hart umkämpft, da schaut man sich gegenseitig auf die Finger. Und wer dabei zu unlauteren Mitteln greift, wird schnell die strenge Hand der Konkurrenten spüren – und die haben dann das Gesetz auf ihrer Seite.

(Bild: © NLshop – Fotolia.de)

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