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Der Kündigende hat bei der vorzeitigen Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses die spezialgesetzlichen Vorschriften des BBiG zu beachten. Das BBiG unterscheidet in § 22 die Kündigung während der Probezeit von der Kündigung nach Ablauf der Probezeit. Darüber hinaus kann eine Kündigung vor der Probezeit ausgesprochen werden.

Handelt es sich bei dem Auszubildenden um einen Minderjährigen, so ist zu beachten, dass die Kündigung gegenüber dem gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen erklärt wird. Die Schriftform der Kündigung ist zwingend.

Der Auszubildende genießt bei Vorliegen der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen ebenso wie der Arbeitnehmer gesetzlichen Sonderkündigungsschutz. Der Betriebsrat ist gemäß § 102 BetrVG vor der Kündigung anzuhören.

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Im folgenden Artikel beleuchten wir nun die drei verschiedenen Arten der Kündigung innerhalb der Ausbildung:

  1. Kündigung vor der Probezeit
  2. Kündigung während der Probezeit
  3. Kündigung nach der Probezeit

1. Kündigung vor der Probezeit

In der Praxis zeigt sich des Öfteren die Notwendigkeit, einen Berufsausbildungsvertrag schon vor Beginn der Probezeit zu kündigen. Eine diesen Sachverhalt regelnde Bestimmung ist im BBiG nicht zu finden. Deshalb sind gemäß § 10 Abs. 2 BBiG die für den Arbeitsvertrag geltenden Normen anzuwenden, da sich aus dem Wesen und Zweck des Berufsausbildungsverhältnisses nichts anderes ergibt.

Ein Arbeitsvertrag kann schon vor Dienstantritt ordentlich gekündigt werden.

Dies ist in Rechtsprechung und Literatur unstrittig. Allerdings kann das Recht zur ordentlichen Kündigung vor Dienstantritt vertraglich ausgeschlossen werden.

Entsprechendes gilt für den Ausbildungsvertrag. Das Berufsausbildungsverhältnis kann von beiden Vertragsparteien schon vor dem Beginn der Ausbildung ordentlich entfristet gekündigt werden. Ein ausdrücklicher bzw. ein sich aus den konkreten Umständen des Einzelfalls ergebender Ausschluss der ordentlichen Kündigung vor Beginn der Berufsausbildung kann jedoch nur den Ausbildenden binden, da § 25 BBiG für Vereinbarungen zu Ungunsten des Auszubildenden die Nichtigkeit anordnet. Für den Ausbildenden macht die Aufnahme einer entsprechenden Klausel im Berufsausbildungsvertrag somit keinen Sinn.

2. Kündigung während der Probezeit

Dem Zweck und dem Ziel der Probezeit entspricht es, den Vertragsparteien in diesem mindestens ein- bis maximal viermonatigen Zeitraum eine Möglichkeit zur Verfügung zu stellen, sich schnell und problemlos voneinander zu trennen, sofern sich schon in der Probezeit die fehlenden Erfolgsaussichten der Ausbildung zeigen.

Dieser Grundüberlegung trägt § 22 Abs. 1 BBiG Rechnung, da entsprechend das Berufsausbildungsverhältnis in der Probezeit jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden darf. Bei der Kündigung während der Probezeit handelt es sich, wie bei der Kündigung vor der Probezeit, um eine ordentliche entfristete Kündigung.

Der Zeitpunkt der Kündigungserklärung kann vom Kündigungsberechtigten im Rahmen der einschlägigen Rechtsgrundsätze frei gewählt werden. Auch eine Kündigung durch den Ausbildenden am letzten Tag der Probezeit ist möglich, dabei ist darauf zu achten, dass die Kündigungserklärung dem Auszubildenden bzw. seinem gesetzlichen Vertreter noch während der Probezeit zugeht.

Ist die Entscheidung, das Ausbildungsverhältnis nicht fortführen zu wollen, getroffen, so gebieten es die vertraglichen Nebenpflichten, den Vertragspartner so bald wie möglich davon zu unterrichten.

Die Probezeitkündigung muss nicht begründet werden.

Das Berufsausbildungsverhältnis kann während der Probezeit ohne einen besonderen mit der Berufsausbildung zusammenhängenden Kündigungsgrund beendet werden. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Ausbildende nicht willkürlich die Kündigung erklären kann: Der Kündigungsgrund ist dem Betriebsrat bei der Einleitung des Anhörungsverfahrens mitzuteilen.

Des Weiteren muss der Kündigungserklärende die Gründe, die ihn zur Kündigung bewogen haben, im Falle eines Prozesses offen legen, um den Richtern die Möglichkeit der Überprüfung zu geben, ob die Kündigung mit grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung vereinbar ist.

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3. Kündigung nach der Probezeit

Dem Wesen der Probezeit entspricht es, dass Kündigungsgründe, die schon während der Probezeit vorlagen und nicht zum Anlass einer Kündigung genommen wurden, nach Ablauf der Probezeit grundsätzlich nicht mehr zur Kündigung berechtigen. Dabei ist auf Tatsachen abzustellen, die der Ausbildende kannte oder kennen musste.

Nach Ablauf der Probezeit kann der Ausbildende das Ausbildungsverhältnis nur noch nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG kündigen. Diese Norm besagt, dass sich der Ausbildende auf einen wichtigen Grund stützen muss, der gemäß § 22 Abs. 3 BBiG anzugeben ist. Was als wichtiger Grund anzusehen ist, muss in Anlehnung an § 626 Abs. 1 BGB ermittelt werden.

§ 626 Abs. 1 BGB regelt das unabdingbare außerordentliche Kündigungsrecht für alle Dienst- und Arbeitsverhältnisse und erlaubt den Vertragsparteien, sich bei unzumutbaren Belastungen voneinander zu trennen. Um aus wichtigem Grund kündigen zu können, müssen dem Wortlaut nach „Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann.“

Es muss dem Ausbildenden somit unzumutbar sein, die Ausbildung bis zum Ende der Ausbildungszeit fortzuführen.

Allerdings sind im Rahmen der Interessensabwägung die Grenzen der Zumutbarkeit anders zu beurteilen als bei einem Arbeitsverhältnis. Dies hat seinen Grund im besonderen Charakter des Berufsausbildungsverhältnisses. Im Vergleich zum wichtigen Grund bei einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses ergeben sich durch das Ziel und den Zweck des Berufsausbildungsverhältnisses Einschränkungen zu Lasten des Ausbildenden.

Regelmäßig müssen Umstände, die einen wichtigen Grund darstellen sollen, bei objektivierender Vorausschau zu der Erkenntnis führen, dass das Ausbildungsziel nicht mehr zu erreichen bzw. erheblich gefährdet ist. Als Konsequenz dieser zielorientierten Betrachtungsweise ist die Dauer der bisher absolvierten Ausbildungszeit im Verhältnis zur Restdauer der Ausbildung bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen.

Die Anforderungen an den wichtigen Grund steigen mit zunehmender Ausbildungsdauer, kurz vor der Abschlussprüfung ist nach herrschender Ansicht eine Kündigung aus wichtigem Grund kaum noch möglich. Soll die außerordentliche Kündigung auf vertragswidrige Verhaltensweisen eines Auszubildenden gestützt werden, so sind, insbesondere wenn es sich um einen Minderjährigen handelt, die individuelle Reife und das Alter des Auszubildenden zu berücksichtigen.

Eine Kündigung aus wichtigem Grund ist nur als letztes Mittel zulässig. Daraus folgt unter anderem, dass der verhaltensbedingten außerordentlichen Kündigung in der Regel eine Abmahnung vorauszugehen hat.

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