Skip to main content

Stark ist, wer eine starke Marke hat. Internationale Großkonzerne sind sich dessen längst bewusst und betreiben ein immer professionelleres Markenmanagement.

Nicht so der unternehmerische Mittelstand, obwohl gerade dieser zur Markenführung prädestiniert wäre. Warum das so ist und was wir von einem Unternehmer wie Josef Zotter noch lernen können, erfahren Sie in diesem Artikel.

Manche Experten vergleichen Markenführung gerne mit dem Beruf eines Gärtners. Bei großen Konzernen würde ein Vergleich mit der Agrarindustrie schon besser passen. Sie kaufen sich fruchtbare Böden, engagieren ehrgeizige Markenknechte, entfernen natürlich gewachsenes Unkraut und düngen mit großem Finanzaufwand. Das Ergebnis sind Markenmonokulturen, so weit das Auge reicht. Nur eines muss man den Konzernen lassen: Marken machen können sie.

Der Mittelstand steht am Scheideweg

Der heimische Mittelstand jedoch – vom kleinen Optiker bis zum innovativen Hersteller solarer Lösungen – gerät immer mehr unter Druck. Denn große Marken brauchen Platz. „Da können wir doch gleich zusammenpacken. Ein Preiskampf mit den Großen ist sinnlos!“, meint ein erfahrener Optiker – ein alter Hase, wenn man so will. Und Recht hat er. Der Einstieg mittelständischer Unternehmen in den Preiswettbewerb führt über kurz oder lang zum kollektiven Suizid. Und schon wieder wäre lästiges Unkraut verschwunden. Fielmann & Co würden sich freuen, aber nicht bedanken. Die einzige Strategie, die unseren Klein- und Mittelbetrieben einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma verspricht, ist jene der strategischen Differenzierung. Und die edelste Form der Differenzierung heißt Markenstrategie.

Eigentlich zur Markenführung geboren

Mal ehrlich! Sind wir nicht grundsätzlich alle bereit dem engagierten Optiker aus unserer Nachbarschaft wesentlich mehr Vertrauen und Sympathie entgegenzubringen als den pseudolustigen Zwillingen von Pearl Optik? Glauben wir nicht eher dem Leistungswillen eines leidenschaftsgetriebenen Solaranbieters aus Oberösterreich als der Umweltheuchelei eines Mineralölkonzerns mit grün-gelber Blume? Ich würde sagen, ja. Denn im Gegensatz zu den meisten großen Kapitalgesellschaften werden unsere Klein- und Mittelbetriebe durchwegs vom Eigentümer, häufig noch vom Gründer selbst geführt. Sie tragen das Unternehmen, meist unterstützt von engagierten Mitarbeitern, die sich noch mit ihrem Unternehmen identifizieren können und wollen. Und das Schöne daran: Für die Markenbildung ist kein Thema faszinierender als der Mensch und seine Ideen. Wenn da also im Mittelstand so großes Markenpotenzial schlummert, warum passiert nichts?

Was läuft schief?

Ein kleines Beispiel. Ein junges Solar-Unternehmen stieg dank guter Produkt- und Vertriebsstrategien sowie engagierter Mitarbeiter binnen weniger Jahre zur Nummer drei in seiner Branche auf. Trotz des Erfolgs war es dem Unternehmen aber noch immer nicht gelungen, sich in den Köpfen der Endkunden zu festigen. Der Nachfragesog ließ zu wünschen übrig, die Markenbekanntheit lag weit hinter den wichtigsten Mitbewerbern. Man war auch unzufrieden in der Zusammenarbeit mit den Agenturen. Die Eigentümer suchten daher nach Lösungen. Als dann im Zuge der Diskussion Fragen nach den strategischen Grundlagen und Zielen ihrer Marke auftauchten, begann das große Schweigen … auch Schweigen kann eine Antwort sein.

Dieses Beispiel deckt das wohl größte Manko im Mittelstand auf: Es fehlt in vielen Unternehmen schlichtweg das Wissen zum strategischen Markenaufbau. Man kennt weder das wahre Potenzial einer markengetriebenen Unternehmensführung, noch besitzt man das Werkzeug zur systematischen Markenstrategie-Entwicklung. Markenführung wird vielerorts noch mit knackigen Slogans und schönen Bildern gleichgesetzt. Dass es sich dabei jedoch um einen Führungsansatz mit weit reichenden unternehmerischen Konsequenzen handelt, ist nur den wenigsten mittelständischen Unternehmen klar.

Im Unternehmen selbst liegt der Ursprung

Egal ob groß oder klein – jedes Unternehmen sollte sich mit dem Prozess der Markenfindung auseinander setzen. Je früher, desto besser. Diese Arbeit kann auch von keiner Werbeagentur, keinem Designer oder Werbetexter abgenommen werden. Nur im Unternehmen selbst können Ideen, Visionen und somit auch die richtigen Strategien für die Marke entwickelt werden. Der Geschäftsführung kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Denn Markenbildung ist Chefsache. Vor allem, wenn der Chef auch Eigentümer ist. Und erst recht, wenn das Unternehmen seinen Namen trägt.

Und genau darin liegt das größte Differenzierungs- und Erfolgspotenzial des Mittelstands. Denn ein bestellter Geschäftsführer oder CEO einer großen Kapitalgesellschaft kann selten so mutig und frei agieren, wie ein ideengetriebener Eigentümer, der noch selbst am Steuer seines Unternehmens sitzt.

Was wir von Josef Zotter lernen können

Ein gutes Beispiel dafür ist die Schokoladen-Manufaktur von Josef Zotter. Ein Unternehmer, der sich von keinem Kunden vorschreiben lässt, was er zu produzieren hat, immer wieder die erfolgreichsten Cash-Cows aus seinem Sortiment eliminiert und dafür vermeintlichen Ladenhütern jahrelang die Treue hält. Dieser widerspenstige Zotter konterkariert doch jede gängige Managementlehre! Und das Verrückte daran: es funktioniert! Weil er damit jedem seiner Produkt stets aufs Neue die Chance gibt, ein Star zu werden. Welcher CEO, der Jahr für Jahr seinen Aktionären Rede und Antwort stehen muss, würde sich trauen, so zu agieren?

Der Schokoladenmacher aus Österreich ist längst kein Verrückter, der nur Glück hat. Zotter ist ein mutiger Unternehmer, der weiß was er will, eine eigenständige Strategie verfolgt und von seiner ehrlichen wie schlauen Idee überzeugt ist. Zumal ist er ein Meister seines Fachs, der uns nicht fragt, welche Schokolade wir am liebsten essen, sondern uns zeigt, welche Vielfalt in ihr steckt. Das ist Führen nach eigenem Stil. Das ist Marke. Inzwischen pilgern renommierte Wissenschafter der Harvard Business School in die Steiermark. Sie wollen verstehen, was denn dieses Unternehmen – mit gerade mal 100 Mitarbeitern – wirklich so unwiderstehlich und erfolgreich macht.

Mehr Mut zur eigenen Courage

Auch wenn der Weg von Zotter nicht der Weg eines anderen sein kann, so zeigt uns dieses Beispiel doch deutlich, welch großes Markenpotenzial in unseren mittelständischen Betrieben noch schlummert. Es beweist, wie wichtig es ist, mutige Entscheidungen zu treffen, eigenständige Strategien zu verfolgen und seine Ideen konsequent umzusetzen. Und nicht einfach nur das tun, was Kunden ohnehin schon kennen.

Echte Markenführer gehen voran und laufen nicht hinter her. Auch auf die Gefahr hin, dabei Fehler zu machen. Dieser Mut hat in vielen Managementetagen von Großunternehmen wenig Platz. Sie sind ihren Aktionären verpflichtet und nicht einer Idee, wie im Falle von Josef Zotter. Das ist die große Chance für den heimischen Mittelstand im Kampf gegen die Großen. Noch aber fehlt ihm selbst der Mut, diesen Trumpf auch richtig aus zuspielen.

(Bild: © scusi – Fotolia.com)

Michael Radner

Mag. Michael Radner ist selbständiger Markenstratege mit Sitz in Innsbruck (Tirol). Er betreut unter seinem Label brandpi engagierte Unternehmer in der strategischen wie operativen Entwicklung ihrer Unternehmen und Marken. Mehr dazu unter: www.brandpi.at

Der Artikel hat dir gefallen? Gib uns einen Kaffee aus!

Leave a Reply