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„Wir brauchen neue Kunden, sonst sind in absehbarer Zeit unsere Auftragsbücher leer.“ Diese Klage hört man zurzeit von vielen Unternehmen. Kein Problem! Gehen Sie die Neukundenakquise frohgemut an. Denn in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind viele Firmen zu einem Lieferantenwechsel bereit. Hier einige Tipps, wie Sie dabei vorgehen sollten.

Leere oder sich leerende Auftragsbücher – mit diesem Problem kämpfen zurzeit viele Unternehmen, speziell Hersteller von Investitionsgütern sowie Industriedienstleister.

Zwar ist auch in „guten“ Zeiten ein gewisses „Kundensterben“ normal, weshalb auch dann eine konsequente Marktbearbeitung nötig ist. In schlechten Zeiten beschleunigt sich dieser Prozess aber. Also stehen die Vertriebsabteilungen verstärkt vor der Frage: Wie können wir unsere Auftragslöcher stopfen?

Eine Möglichkeit hierzu ist, den bestehenden Kunden mehr zu verkaufen. Hierin ruht in Krisenzeiten aber in der Regel nicht ausreichend Potenzial, um zumindest kurzfristig größere Auftragslöcher zu stopfen. Also müssen die Verkäufer der Unternehmen, ob sie wollen oder nicht, auf Neukundenfang gehen.

Neukundenakquise: Unternehmen suchen neue Lösungen

„Wie soll das gehen?“ werden Ihre Vertriebsmitarbeiter vermutlich erstaunt fragen, wenn Sie zum Beispiel als Vertriebsleiter ihnen einen entsprechenden Auftrag erteilen – schließlich hören sie fast täglich im Gespräch mit Kunden: „Wir haben zur Zeit kein Geld. Wir müssen sparen.“

Und noch erstaunter werden Ihre Mitarbeiter Sie vermutlich anschauen, wenn Sie auf diese Frage erwidern: „Gerade in Krisenzeiten ist es relativ einfach, Neukunden zu akquieren – vorausgesetzt man packt es richtig an.“

Aus folgendem Grund: In Krisenzeiten sind die Unternehmen verstärkt auf der Suche nach neuen Lösungen, wie sie zum Beispiel,

  • ihre Prozesse beschleunigen und Kosten senken oder
  • ihre Attraktivität für Kunden erhöhen oder
  • ihre Liquidität steigern können.

Denn ihre bisherigen Problemlösungen haben sich als nicht tragfähig erwiesen. Also suchen sie neue. Entsprechend offen sind sie für Verbesserungsvorschläge von Lieferanten, für die sie in „guten“ Zeiten oft kein Ohr haben. Schließlich läuft das Geschäft ja.

Entsprechend leicht ist es für Verkäufer gerade in Krisenzeiten, bestehende Lieferanten bei Unternehmen aus dem Boot zu drängen – sofern die Verkäufer strategisch und taktisch klug vorgehen und zum richtigen Hebel greifen.

Diese Argumentation wird Ihre Verkäufer vermutlich überzeugen, woran sich natürlich unmittelbar ihre Frage anschließt: Wie sollten wir strategisch-taktisch vorgehen, damit wir einen Zugang zu den erhofften Neukunden finden?

Der erste Schritt ist: Ermitteln Sie mit Ihren Verkäufern, bei welchen Unternehmen sich überhaupt ein Engagement lohnt. Zum einen, weil diese noch ausreichend Kapital haben, um auch in schlechten Zeiten Investitionen zu tätigen, die sie voranbringen. Und zum anderen, weil wir ihnen aufgrund der Produkte und Problemlösungen, die wir in unserem Produkt- beziehungsweise Leistungsportfolio haben, beim Lösen ihrer „Probleme“ helfen könnten.

Ist dies definiert, gilt es bezogen auf die einzelnen Zielkunden zu ermitteln: Wo drückt diese Unternehmen zur Zeit besonders „der Schuh“ – also was brauchen sie besonders dringend? Denn hierüber ergibt sich: Über welchen Kanal sind die Zielkunden ansprechbar und erreichbar? Müssen sie zum Beispiel ihre Effizienz oder Produktivität erhöhen? Oder brauchen sie neue Kunden? Oder müssen sie vor allem darauf achten, dass sie flüssig bleiben?

Neukundenakquise: Kreative Lösungen und flexibles Vorgehen

Ist diese Aufgabe erledigt, lautet die nächste Frage: Wie müssen wir unsere Problemlösung zuschneiden, verpacken und präsentieren, damit wir zum Beispiel beim Kunden X, der zur Zeit mit Liquiditätsproblemen kämpft, eine realistische Chance auf einen Auftrag haben?

Hier ist Ihrerseits beziehungsweise seitens Ihres Unternehmens ein hohes Maß an Kreativität und Flexibilität gefragt, um für die Neukunden attraktive Angebote zu entwickeln.

Hierfür ein Beispiel: Nehmen wir an, Ihre Unternehmen würde hochwertige und hochpreisige Maschinen verkaufen, die integriert in die Produktionsanlagen Ihrer Zielkunden deren Durchlaufzeiten und somit Stückkosten erheblich reduzieren. Zugleich wissen Sie aber: Unsere Zielkunden sind zurzeit recht klamm. Einen fünf- oder gar sechsstelligen Betrag können sie aus Liquiditätsgründen im Moment für das Anschaffen unserer Maschinen nicht zahlen.

Dann könnte Ihre Verkaufsstrategie zum Beispiel beim Kunden X darauf abzielen, dass Sie ihm die Maschinen nicht verkaufen, sondern mit ihm einen Leasingvertrag abschließen. Oder noch kreativer: Sie vereinbaren mit dem Kunden, dass Sie die Maschinen „kostenlos“ bei ihm aufstellen. Für deren Nutzung überweist er Ihnen aber Monat für Monat zwei Drittel der eingesparten Produktionskosten.

Daraus ergeben sich folgenden Vorteile für den Kunden:

  • Er muss seine noch vorhandenen Kapitalreserven für die Anschaffung der Maschine nicht angreifen.
  • Er reduziert seine Produktionskosten. Und:
  • Er kann aufgrund der verkürzten Durchlaufzeiten seine Aufträge schneller abwickeln. Also kommt er auch schneller an sein Geld, was sich positiv auf seine Liquidität auswirkt.

Wenn Sie einen solchen Deal abschließen, bekommt Ihr Unternehmen zwar im Moment nicht so viel Geld in die Kasse, als wenn der Kunde die Maschinen kaufen und sofort bezahlen würde. Sie haben aber zwei andere Ziele erreicht.

  • Sie haben einen Neukunden gewonnen, mit dem Sie schon lange ins Geschäft kommen wollten. Und:
  • Sie haben einen Auftrag an Land gezogen, mit dem Sie Ihre Produktion auslasten können und der Ihnen hilft, Kurzarbeit oder gar einen Personallabbau zu vermeiden.

Ihre Verkaufsstrategie kann aber auch, wenn Sie zum Beispiel wissen, dass der „klamme“ Zielkunde fünf Fertigungsstraßen hat, darauf abzielen, dass der Zielkunde zunächst nur eine Maschine „kauft“. Auch dann haben Sie bei ihm zumindest einen Fuß in der Tür.

Das heißt, Sie haben sich in dem Unternehmen neben dem bisherigen Lieferanten als Zweitlieferant etabliert – eine Position, die Sie dann sukzessive ausbauen können.

Verkäufer brauchen aktive Unterstützung

Damit sie im Arbeitsalltag so gezielt vorgehen können, benötigen Ihre Verkäufer eine aktive Unterstützung – von Ihnen.

Denn gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gilt: In ihnen kommen Verkäufer mit ihrem technisch-fachlichen Know-how allein nicht weit. Denn in ihnen suchen die Unternehmen primär Lösungen für ihre betriebswirtschaftlichen Probleme – wie zum Beispiel zu hohe Kosten. Oder zu geringe Liquidität. Oder zu geringe Umsätze und Renditen.

Also müssen Ihre Verkäufer auch betriebswirtschaftlich argumentieren können, um bei den Zielkunden zu punkten. Außerdem müssen sie den Zielkunden überzeugende Vorschläge unterbreiten können, wie sich zum Beispiel deren Produktions-, Wertschöpfungs- sowie Vermarktungsprozesse effektiver gestalten lassen.

Also lautet Ihre Aufgabe als Vertriebsleiter, Ihre Mitarbeiter in einem solchen Denken und Argumentieren zu schulen. Außerdem müssen Sie Ihren Mitarbeitern in Gesprächen immer wieder aufzeigen, wo die (Verkaufs-)Chancen in der Krise liegen und sie auf dem Weg zum Erfolg begleiten. Denn dass Verkaufen in der Krise – trotz aller Chancen – ein Knochenjob ist, daran besteht kein Zweifel.

Dabei erleichtert Ihren Mitarbeitern das Verkaufen in der Krise aber folgender Befund: In schlechten Zeiten lautet auch bei den meisten Ihrer Mitbewerber die oberste Maxime „Sparen“. Das heißt, sie erbringen für ihre Kunden weniger Serviceleistungen als gewohnt, denn diese kosten Geld. Das registrieren auch die Kunden Ihrer Mitbewerber – oft mit Verärgerung. Also lassen sie sich auch leichter zu einem Lieferantenwechsel motivieren.

Hinzu kommt: Gewiss klagen auch die Vertriebsmitarbeiter Ihrer Mitbewerber „Die Zeiten sind schlecht“. Entsprechend unmotiviert bearbeiten sie den Markt.

Also kann Ihr Vertrieb auch leichter bei den Unternehmen punkten. Unter folgender Voraussetzung: Sie und Ihre Mitarbeiter lassen sich nicht wie die Vertriebsmitarbeiter Ihrer Mitbewerber vom Jammern der Kunden infizieren.

(Bild: © picsfive – Fotolia.com)

Uwe Reusche

Uwe Reusche ist einer der beiden Geschäftsführer des ifsm Institut für Salesmanagement, Urbar (Tel.: 0261/962 3641; info@ifsm-online.com), das unter anderem offene und firmeninterne Weiterbildungen zum Sales-Coach durchführt.

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3 Comments

  • Iris Hartmann Uwe Reusche sagt:

    Sehr geehrter Herr van Lensing,

    danke zunächst für Ihre Reaktion auf meinen Artikel. Warum sollte der von mir angedachte Lösungsansatz nicht funktionieren? Ansatzweise wird er ja bereits praktiziert. Nehmen Sie das Beispiel Kopierer im Bürobereich. Hier ist es durchaus bereits üblich, dass die Nutzer nur eine relativ niedrige monatliche Pauschale bezahlen und ansonsten der jeweilige Ge- und Verbrauch abgerechnet wird.

    Jedoch unabhängig von der Praktikabilität des von mir angedachten Lösungsansatzes, ist mir folgender Punkt wichtig. Wenn sich Verkäufer (wie so oft verkündet) als „Problemlöser“ für Ihre Kunden verstehen und eines der zentralen Probleme ihrer Kunden ist, dass sie aufgrund eines vorübergehenden Liquiditätsengpasses eine benötigte Anlage/Maschine sich nicht leisten können, dann zählt es auch zu den Aufgaben der Verkäufer (bzw. der Vertriebsverantwortlichen in den Unternehmen) sich darüber Gedanken zu machen: Wie können wir dem Kunden trotzdem helfen bzw. wie können wir mit ihm trotzdem den gewünschten Deal machen? Denn wenn sie auf diese Frage eine Antwort finden, dann ist genau dies die „Eintrittskarte“ beim Neukunden .. oder der Hebel um bisherige Lieferanten aus dem Boot zu drängen. Ohne neue kreative Lösungen geht dies nicht.

    Mit freundlichen Grüßen
    Uwe Reusche

  • Guten Tag Herr van Lensing,

    wir haben Herrn Reusche kontaktiert, mit der Bitte, dass er Ihnen an dieser Stelle antwortet.

    Viele Grüße aus Nürnberg, Ihre Unternehmer.de-Redaktion.

  • J.v.Lensing sagt:

    Sehr geehrter Herr Reusche,

    Sie schreiben:

    \“…Sie vereinbaren mit dem Kunden, dass Sie die Maschinen „kostenlos“ bei ihm aufstellen. Für deren Nutzung überweist er Ihnen aber Monat für Monat, zwei Drittel der eingesparten Produktionskosten…\“

    Eine bestechende Idee,da werd ich gleich mal ausprobieren wie mein Neuwagenhändler die Idee findet ;-)

    Und ernsthaft, ganz ohne Polemik: Ein interessanter Gedanke, aber halten Sie so etwas in der Realität für machbar ?

    Kann mir nicht vorstellen dass eine Bank ein Projekt von sagen wir 1,5 Mio Investitionsvolumen auf solch einer Basis vorfinanziert.

    Schönen Gruß

    J.v.Lensing

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