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Per Telefon zum neuen Job„Das sollen Billiganbieter für uns machen.“ Diese Entscheidung treffen viele Unternehmen und beauftragen mit dem telefonischen Kundenservice externe Callcenter. Anders die Bausparkasse Schwäbisch Hall. Sie begreift das Kundenservicecenter (KUC), in dem alle Kundentelefonate eingehen, als Herzstück des Unternehmens – zumindest im Bereich Kundenkommunikation.

„Bausparkasse Schwäbisch Hall, mein Name ist Sandra Ditze, was kann ich für Sie tun?“

Mit diesem Satz beginnt Kundenbetreuerin Ditze ihre Telefonate. Seit drei Jahren arbeitet die Bankkauffrau im kurz KUC genannten Kundenservicecenter von Schwäbisch Hall und führt dort Tag für Tag mehr als hundert Gespräche mit Bausparern.

Noch ist es recht früh am Morgen und eher spärlich kommen die Anrufe herein. Eine Abfrage des Sparguthabens hier, eine Vertragsänderung da, eine Frage zum Thema Energiepass dort.

Die meisten Anfragen kann Sandra Ditze noch während des Telefonats abschließend selbst bearbeiten. Gerade wünscht ein Kunde eine persönliche Beratung zur neuen Eigenheim-Rente. Mit wenigen Mausklicks erfasst Ditze im PC den Grund des Anrufs und den Terminwunsch des Kunden.

Dann sendet sie eine automatische Mail an den zuständigen Außendienstmitarbeiter und sagt zum Kunden: „Ihr Kundenberater Herr Lang setzt sich umgehend mit Ihnen in Verbindung.“ Wenige Augenblicke später ist das Telefonat beendet.

Und Ditze? Sie knetet einige Sekunden den roten Massageball auf ihrem Schreibtisch und trinkt einen Schluck Wasser. Dann teilt ihr die Telefonanlage den nächsten Anruf zu.

Kundenservice: Schnell sein!

Zwei Stunden später – im KUC, das vom Schwäbisch Hall-Tochterunternehmen VR Kreditwerk betrieben wird, herrscht Hochbetrieb. „Wie täglich gegen 10 Uhr“, erklärt Claudia Bahle, eine der sieben Teamleiterinnen im Kundenservice-Center.

Der Arbeitsplatz von Bahle gleicht der Kommandozentrale eines Raumschiffs. Ständig leuchten gelbe, rote, grüne und blaue Balken auf den Bildschirmen auf. Die Farben signalisieren der Teamleiterin, welche ihrer Mitarbeiter gerade im Gespräch sind – und wie viele Anrufer in der Warteschleife.

Bahle ist an diesem Vormittag dafür zuständig, dass die Anrufer möglichst schnell einen kompetenten Gesprächspartner erreichen. Mindestens 84 von 100 Anrufern sollen zwischen 8 und 20 Uhr direkt durchkommen – also eben nicht in der Warteschleife landen.

So lautet die interne Vorgabe der Bausparkasse. Deshalb schaltet Bahle in Spitzenzeiten auch die Telefone von Mitarbeitern in den Fachabteilungen für Anrufe frei. So sorgt sie dafür, dass auch bei Hochbetrieb die Wartezeiten für Anrufer so gering wie möglich bleiben.

Die Teamleiterin wacht an ihren Bildschirmen auch darüber, dass die Mitarbeiter regelmäßig Pausen machen und zum Beispiel den für sie geschaffenen Ruheraum aufsuchen.

Er wird wegen seiner gewölbten Außenwände „gelbes Ei“ genannt. Zehn Minuten Pause hat jeder Mitarbeiter pro Stunde Telefondienst. Und die sind auch nötig. Denn im KUC gehen täglich rund 14.000 Anrufe ein – von Kunden, aber auch von Außendienstmitarbeitern sowie Mitarbeitern der über 1.200 genossenschaftlichen Banken, mit denen Schwäbisch Hall eng zusammenarbeitet.

Eine sehr hohe Zahl. “Doch niemand kann endlos mit gleich bleibender Konzentration und Kontaktfreude telefonieren“, weiß Claudia Bahle. Deshalb sind regelmäßige Pausen zur Erholung nötig. „Denn unsere Kunden sollen, wenn sie anrufen, stets das Gefühl haben: Die Schwäbisch Hall-Mitarbeiter helfen mir gern.“ Hierfür müssen die KUC-Mitarbeiter auch mental fit und ausgeruht sein.

Sparen am Kundenservice rechnet sich nicht

Mit Burn-out-Symptomen kämpfen viele der circa 400.000 Mitarbeiter von Callcentern in Deutschland nach einer gewissen Zeit. Denn in vielen Callcentern sind neben der Bezahlung auch die Arbeitsbedingungen oft schlecht – weil viele Unternehmen gern am telefonischen Kundendienst sparen. Unter dieser Sparwut leiden außer den Mitarbeitern meist auch die Kunden.

Dies kann nicht unser Weg sein. Das stand für die Bausparkasse Schwäbisch Hall fest, als sie vor zehn Jahren ihr Kundenservice-Center gründete. „Denn am Service sparen, bedeutet am falschen Ende sparen,“ ist Hans-Jürgen Rublé überzeugt. Als Vorstand des Schwäbisch Hall-Tochterunternehmens VR Kreditwerk verantwortet er die Kreditbearbeitung der über sieben Millionen Bausparverträge bei Schwäbisch Hall.

Rublés Credo lautet: Ein Finanzdienstleister wie Schwäbisch Hall, der weitgehend von einem guten Ruf und nachhaltigem Wirtschaften lebt, kann sich ein Sparen auf Kosten der Kunden nicht leisten.

Schließlich laufen die meisten Bausparverträge 10 bis 15 Jahre. „Rechnet man dann noch die Zeit hinzu, in der das Hypothekendarlehen bei einer Baufinanzierung getilgt wird, erstreckt sich eine Kundenbeziehung schnell über 30 Jahre“, erläutert Rublé.

Und wer betreut die Kunden im Alltag? „Neben den 4.000 Schwäbisch Hall-Beratern bundesweit sind das vor allem die Kundenbetreuer im KUC. Sie haben sozusagen permanent das Ohr am Kunden.“ Sie sind sowohl die Adressaten für Vertragsänderungen und Kundenfragen, aber auch für Beschwerden und manchmal auch für Geschichten aus dem Familienleben.

Hier laufen gerade bei gesetzlichen Neuregelungen oder wie aktuell, wenn die Kunden aufgrund der Finanzkrise viele Fragen rund ums Thema Geld haben, die Telefone heiß.

Zufriedene Mitarbeiter – zufriedene Kunden

Für das Beraten der Kunden benötigen die KUC-Mitarbeiter viel Fachwissen. Deshalb arbeiten im KUC fast ausschließlich Bankkaufleute, die meisten haben ihre Ausbildung bei Schwäbisch Hall gemacht.

Ihnen steht eine elektronische Wissensdatenbank zur Verfügung. Dort sind unter Stichworten wie „Wohnungsbauprämie“ oder „Energiepass“ die wesentlichen Informationen und Handlungsempfehlungen aufbereitet.

Schwäbisch Hall versucht, die Arbeitsbedingungen der KUC-Mitarbeiter möglichst angenehm zu gestalten. Das zeigt sich in vielen Kleinigkeiten: Grüne Wälder aus Zimmerpflanzen schlucken den Großteil der Gesprächsgeräusche.

Alle Arbeitsplätze sind ergonomisch gestaltet. Und die Schreibtische? Sie sind automatisch höhenverstellbar. Die Mitarbeiter können also mal im Sitzen und mal im Stehen telefonieren.

Das entlastet den Rücken und beugt typischen Büroerkrankungen vor. Das ist deshalb wichtig, weil bei Schwäbisch Hall – anders als in den meisten Callcentern – relativ wenig Teilzeitkräfte arbeiten. Von den 160 Mitarbeitern sind zwei Drittel Vollzeitbeschäftigte – und 80 Prozent Frauen.

Eher ungewöhnlich ist auch: Alle KUC-Mitarbeiter bekommen ein festes Gehalt. Auf eine Vergütung, die sich zum Beispiel an der Zahl der geführten Telefonate orientiert, verzichtet Schwäbisch Hall bewusst – ebenso auf Vorgaben, wie lange ein Gespräch maximal dauern sollte. „Das würde sich schnell negativ auf die Beratungs- und Gesprächsqualität auswirken“, erklärt Joachim Ziegler, der das KUC leitet.

Kundenservice: Training, Training und nochmals Training

Ein wichtiges Ziel der KUC-Mitarbeiter ist: Möglichst viele Anfragen unmittelbar am Telefon klären. 93 Prozent aller geführten Telefonate können sie allein abschließen. „Das entspricht den Wünschen der Kunden“, weiß Ziegler, „und Schwäbisch Hall spart an dieser Stelle viel Zeit und Geld.“

Damit eine so hohe Quote erreicht wird, müssen die Mitarbeiter regelmäßig geschult werden – nicht nur fachlich. Ebenso wichtig ist das Thema Gesprächsführung. Denn oft ist bei Anrufen nicht auf Anhieb klar, was dem Kunden wirklich am Herzen liegt. „Dann müssen meine Kollegen das heraushören“, sagt Teamleiterin Bahle.

Hierfür ein Beispiel: „Wenn ein Bausparer anruft und seinen Kontostand prüfen will, dann ist das an sich eine alltägliche Anfrage. Haken wir dann aber nach, kann sich zeigen, dass dahinter ein handfestes finanzielles Problem steckt.

Etwa, dass der Kunde nicht weiß, wie er seine aktuellen Raten bezahlen soll, weil er seinen Job verloren hat.“ Nur wenn die KUC-Mitarbeiter dies erkunden, können sie dem Kunden richtig helfen – zum Beispiel, indem sie an die Fachabteilung weitergeben, die mit ihm einen Zahlungsaufschub vereinbart.

Diese zielorientierte Gesprächsführung trainieren die KUC-Mitarbeiter regelmäßig. Anfangs wurden die KUC-Mitarbeiter ausschließlich von freiberuflichen (Telefon-)Trainern, die Schwäbisch Hall engagierte, trainiert.

Dies erwies sich aber nicht nur als sehr teuer, in der Praxis zeigte sich auch: Die externen Trainer kennen den Arbeitsalltag im KUC zu wenig. Also beschloss Schwäbisch Hall, ein eigenes Schulungssystem zu etablieren: Fortan sollten die Teamleiter ihre Mitarbeiter trainieren und bei der Arbeit coachen. Also wurden die Führungskräfte zu Trainern ausgebildet.

Mitarbeiter werden von Kollegen gecoacht

Doch das Anrufvolumen im KUC wuchs in den Folgejahren kontinuierlich. Deshalb fehlte den Teamleitern irgendwann die Zeit, um ihre Mitarbeiter regelmäßig zu schulen.

Also musste 2007 erneut eine neue Lösung her. Entschieden wurde: Künftig sollen die KUC-Mitarbeiter von erfahrenen Kollegen geschult und gecoacht werden. 15 KUC-Mitarbeiter wurden für diese Aufgaben ausgewählt und qualifiziert. Sie trainieren seitdem ihre Kollegen nicht nur in fachlichen Fragen, sondern auch im Umgang mit der komplexen Bauspar-Software oder mit Stress.

Sie coachen außerdem ihre Kollegen im Arbeitsalltag: Alle sechs bis acht Wochen vereinbaren sie mit ihren Kollegen einen Termin, wann sie deren Telefonate mithören – für circa eine halbe Stunde. Danach ziehen sich Coach und Mitarbeiter in einen Besprechungsraum zurück. Dort sprechen sie gemeinsam darüber, was in den Telefonaten gut war und was man eventuell besser machen könnte.

„Ein solches Feedback ist mir sehr wichtig“, betont Kundenbetreuerin Sandra Ditze. „Denn wenn man Tag für Tag telefoniert, vergisst man manches, wenn man nicht regelmäßig dafür sensibilisiert wird.“

Zum Beispiel dafür, dass man Kunden während der Bearbeitung akustische Lebenszeichen sendet, also auch erklärt, was man genau tut. Oder: Dass Kunden sich anders als die KUC-Mitarbeiter nicht täglich mit dem Thema Finanzen befassen und man deshalb als Kundenbetreuer aktiv zuhören sollte: „Wenn man den Kundenwunsch noch mal zusammenfasst, bevor man loslegt, ist für beide Seiten klar, was gemacht werden soll, und die Kunden fühlen sich verstanden“, so Ditze.

Insofern sind die regelmäßigen Coaching-Gespräche auch ein Instrument der Qualitätssicherung. „Denn letztlich entscheiden viele scheinbare Kleinigkeiten in der Summe darüber, wie gut die Betreuung und Beratung am Telefon ist“, weiß Vorstand Rublé. Offensichtlich sehen dies auch die Kunden so. Sie bescheinigen Schwäbisch Hall seit Jahren in Befragungen wie dem Deutschen Kundenbarometer eine sehr hohe Kundenorientierung.

(Bild: © Zentilia – Fotolia.com)

Bernhard Kuntz

Bernhard Kuntz (geb. 1958) ist Inhaber des PR-und Redaktionsbüros Die ProfilBerater. Er ist auf die Themen Marketing und Verkauf sowie Personal- und Unternehmensführung spezialisiert. Er ist Autor der Bildungs- und Beratungsmarketing-Fachbücher „Die Katze im Sack verkaufen“ (2005) und „Fette Beute für Trainer und Berater“ (2006). Außerdem veröffentlichte er die PR-Ratgeber für Dienstleister und Berater „Warum kennt den jeder?" (2008) und "Mit PR auf Kundenfang" (2010).

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