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Design Thinking Tipps zur Kundenbindung

In meinem letzten Artikel habe ich euch gezeigt, was Design Thinking genau ist und warum Unternehmen mehr denn je ihr Denken ändern sollten, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben wollen. Mit diesem Artikel helfe ich dir Design Thinking in deinen Unternehmensalltag zu integrieren.

Leistung vs. Emotionen – was überzeugt Kunden?

Erinnere dich bitte an ein Produkt, das du vor kurzem erstanden hast. Ob Handy, Buch oder Waschmaschine, das ist erst mal völlig egal. Jetzt denke bitte an die Erfahrung, die du mit diesem Produkt mit gekauft hast. Erkennst du den Zusammenhang? Es ist zunehmend schwierig, diese beiden Elemente zu trennen. Denn die Erfahrung, die mit dem Kauf einhergeht, wird viel wichtiger, als die eigentliche Bestimmung und Leistung des Produkts selbst. Käme es nur auf die Leistung an, würden wohl kaum begeisterte Apple-Fans stunden- oder gar tagelang in der Kälte vor Läden campieren, um an nächsten Morgen als Erste das neue iPhone kaufen zu können.

Kundenerfahrung wird eine immer wichtigere Quelle für Wettbewerbsvorteile, die letztlich Unternehmen voneinander differenzieren. Die Fixierung auf Kundenerfahrung ist bei weitem nicht nur etwas für die coole Start-up-Welt. Auch bei großen Unternehmen mit vermeintlich langweiligen Produkten ist ein Umdenken sinnvoll:

Beispiel: Ein Unternehmen, das Kopierpapier verkauft

Sicher hast du auch schon die leidige Erfahrung gemacht, dass das Papier immer genau dann verbraucht ist, wenn du etwas Wichtiges drucken wolltest. Hier wäre es sicherlich eine sehr positive Erfahrung für den Kunden, wenn das Unternehmen gewissermaßen mitlernt und bereits präventiv neues Papier schickt, wenn der Vorrat des Kunden zu Neige geht. Eine Verschiebung weg von der reinen Anschaffung hin zu einer laufenden Service-Beziehung erleichtert nicht nur das Leben des Kunden, sondern macht auch dessen Arbeit produktiver – was er dem Unternehmen mit Zufriedenheit und Loyalität dankt.

Emotionen verkaufen: Rechnet sich das?

So einleuchtend das auch klingt, stellen sich nach wie vor viele Unternehmen die Frage, ob sich ein solches Umdenken auch rein rechnerisch auszahlt. Dazu hat das Design Management Institute einen sogenannten Design Value-Index entwickelt. Dieser Wert zeigt an, dass designorientierte Unternehmen gegenüber traditionell denkenden einen signifikanten Börsenvorteil haben. Viele Unternehmen verstehen zwar, warum es notwendig ist, die Kundenerfahrung zu verbessern, doch Verstehen alleine reicht an dieser Stelle nicht:

Design Thinking ist eine Kernkompetenz, die Wachstum und Wettbewerbsvorteil vorantreibt. Das bedeutet, dass Unternehmen nicht nur verstehen, sondern vor allem auch mit der Umsetzung beginnen müssen.

Video zum Thema: „Design Sprint“ erklärt in 1 Minute

Hast du Lust selbst kreativ zu werden und gleich loszulegen? Dann mache deinen eigenen Design Sprint! Wie das geht, siehst du hier:

Ein Design-Think-Unternehmen kann diese 4 Dinge

Damit ein solches Umdenken auch in der Praxis gelingen kann, habe ich einen Ansatz entwickelt (4×4 Design Thinking® Ansatz), der Unternehmen diesen Schritt erleichtert. Anhand meiner jahrelangen Arbeit habe ich verschiedene Merkmale analysiert, die erfolgreiche Unternehmen gemeinsam haben. Wenn du diese 4 Merkmale selbst aufweisen kannst, bist du auf einem guten Weg.

1. Offenheit: „Was will der Kunde?“ statt „Was will ich verkaufen?“

Fast alle Unternehmen bestehen darauf, dass sie sich auf den Kunden fokussieren. Doch die Realität sieht oft anders aus:

  • Nach wie vor werden Budgets und KPIs nicht auf die Kundenmetrik ausgerichtet.
  • Generell wird sich zu wenig mit dem Kunden selbst beschäftigt.
  • Viel zu oft werden die meisten Entscheidungen, die das Kerngeschäft betreffen, auf Führungsebene getroffen, die wiederum selten die tatsächlichen Auswirkungen auf ihre Kunden berücksichtigen.

Der Unterschied zu Unternehmen, die ein Design Thinking-Mindset leben, könnte nicht größer sein.

  • Ihr Verständnis geht weit über das hinaus, was ihre Kunden wollen.
  • Vielmehr ist es ihnen ein Bedürfnis, wirklich herauszufinden, was die Motivation und die unerfüllte Bedürfnisse ihrer Kunden sind.
  • Diese Unternehmen erkennen, dass Daten zwar für das Verständnis des Kundenverhaltens wichtig sind, doch müssen sie auch mit dem entsprechend Blickwinkel analysiert werden.

Unternehmen, die Design Thinking nutzen, orientieren sich an Techniken der Ethnographie und Kulturanthropologie wie den kontextbezogenen Eins-zu-Eins Interviews oder Beobachtungsübungen, um am eigenen Leib zu erfahren, zu hören und zu lernen, wie ihre Kunden tatsächlich die Produkte und Services nutzen und erleben. Sie erstellen sogenannte Customer Journeys, um genau zu verstehen, was die Menschen motiviert, was sie stört und wo es Möglichkeiten gibt, neue und bessere Erfahrungen zu entwickeln.

2. Empathie: Sind bei dir die richtigen Mitarbeiter an den wichtigen Stellen?

Eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiches Design Thinking besteht für Unternehmen darin sicherzustellen, dass die richtigen Leute mit dem richtigen Mindset an der richtigen Stelle sind. Das bedeutet, dass bei wichtigen Entscheidungen unbedingt eine Person mitbestimmen sollte, die auch Kenntnisse über Marketing, Psychologie und Design hat. Er oder sie sollte in jedem Fall die Interessen des Kunden vertreten und dessen Sicht mit einbeziehen, wenn es um Geschäftsentscheidungen geht oder darum, Geschäftsziele in kundenfreundliche Initiativen umsetzen und eine Kultur aufzubauen, in der die Mitarbeiter darüber nachdenken, wie sie die Kunden unterstützen können.

Diese Perspektive erfordert, dass Design ein Kernstück jeder Produkt- oder Dienstleistungsentwicklung ist und die Prozesse um die individuellen Kundenreisen aufgebaut werden. Der Aufbau dieser Brücken erfordert wiederum eine Ausweitung der Kundenorientierung und des Einfühlungsvermögens in alle Abteilungen im Unternehmen. So sollte in der IT beispielsweise Design eine Rolle spielen bei der Ausarbeitung der technischen Lösungen, die Kundenerfahrungen unterstützen. Bei der Produktgestaltung sollten Designer Einblicke in den Kunden mitbringen, was sowohl die Prototypen als auch das Endprodukt stark beeinflussen wird.

Durch intensivere Nutzung der Design-Fähigkeiten eines Unternehmens baut das Team automatisch mehr Empathie für den Kunden auf. Dieses Denken durchdringt in Folge alle weiteren Bereiche des Unternehmens.

3. Alles in Echtzeit: Vom Post-it zum Prozess

Die Entwicklung der Kundensicht erfordert den Einsatz verschiedener Rollen innerhalb eines Unternehmens. Die Abteilungen müssen zusammenarbeiten, um Entscheidungen zu treffen und sicherzustellen, dass das entworfene Bild des Kunden mit der Geschäftsstrategie übereinstimmt und sowohl für den Kunden als auch für das Unternehmen wirklichen Mehrwert liefert.

Beispiel für ein Unternehmen das Design Thinking lebt

Jeder Tag wird mit einem Team-Meeting gestartet, bei dem die Mitarbeiter diskutieren, was sie tun, was sie hoffen zu erreichen und mit welchen Herausforderungen sie konfrontiert sein könnten. Jede Information ist wie ein Mosaikstein, der in Form eines Post-its gesammelt wird. Darauf werden die Aufgaben erfasst, aber auch weitere Handlungsschritte gezeigt und so die Ideen für alle Beteiligten sichtbar gemacht. Dieser Ansatz unterstützt die Entscheidungsfindung, denn die Teammitglieder können jederzeit einfach durch den Raum spazieren und dabei ihre Fragen beantworten, eine Entscheidung treffen und vorwärtskommen.

4. Schnelles Handeln: Rapid Prototyping

Ein Produkt oder einen Service auf den Markt zu bringen, sollte auf schnellem Lernen durch Rapid Prototyping, häufigen Iterationen und Anpassungen basieren und echtes Kundenfeedback einbauen. Und bitte, …

Traut euch, nicht perfekt zu sein!

In einer Design Thinking-Kultur sind Unternehmen gefordert, mit Produkten auf den Markt zu gehen, die noch nicht vollkommen ausgereift sind. Wenn Bill Gates so lange an Windows getüftelt hätte, bis es wirklich vollkommen gewesen wäre, hätten wir heute vielleicht ganz andere Betriebssysteme auf unseren Rechnern. Er hat den entscheidenden Schritt gewagt und ist mit einem minimal lebensfähigen Produkt direkt zu seinen Kunden gegangen – um aus deren Feedback zu lernen, dieses zu integrieren und so die nächste Version zu erstellen und freizugeben. Rapid Prototyping ist entscheidend für echtes Kunden-Feedback und hilft, kostspielige Fehler zu vermeiden. Nach unserer Erfahrung können fortschrittliche Unternehmen Prototypen und Produkte bereits in weniger als 16 Wochen einführen.

Fazit: Am Ende lohnt es sich!

Die Umwandlung Ihres Unternehmens in eine Kultur, die von Design Thinking dominiert wird, erfordert vor allem eines: Zeit und ein wenig Geduld. Die Kunden von heute erwarten zunehmend Produkte und Dienstleistungen, die auf ihre individuellen Bedürfnisse abgestimmt sind und sie begeistern. Unternehmen, die diese Bedürfnisse erfüllen, werden mit Treue und höheren Gewinnen belohnt.

 

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Ingrid Gerstbach

Ingrid Gerstbach ist Expertin für Design Thinking und Innovationsmanagement, Wirtschaftspsychologin und Unternehmensberaterin. Sie sieht sich als Entwicklungshelferin für Unternehmen, um Innovationen, neue Erfolgspotenziale und nachhaltige Wertschöpfung zu ermöglichen.

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