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Jeder Hersteller technischer Güter muss sich fragen: Wie verkaufe ich meine Produkte am besten – mit eigenen VerkäuferInnen direkt an meine KundInnen oder indirekt über VertriebspartnerInnen? Oder entscheide ich mich für eine Mischform? Also bediene ich zum Beispiel bestimmte Key Accounts selbst und die Breite des Marktes über den Handel. Die Antwort auf diese Grundsatzfrage hat Auswirkungen auf die Struktur und Organisation des Herstellers.

Partnerschaft oder „der Partner schafft“

Beim indirekten Vertrieb, zum Beispiel über Groß- oder FachhändlerInnen, spricht man oft von „Partnerschaft“. Hat jedoch eine Seite das Gefühl, einer ist der „Macher“ und der andere „lässt schaffen“, dann ist die Zusammenarbeit nicht von Dauer. Früher genügte oft ein guter Kontakt zu den InhaberInnen und EinkäuferInnen der VertriebspartnerInnen, um stabile und erfolgreiche Beziehungen aufzubauen. Heute sind jedoch die VerkaufsleiterInnen und die VerkäuferInnen der VertriebspartnerInnen der Schlüssel zum Erfolg.

Sie müssen als Unterstützer gewonnen werden – zum Beispiel:

  • durch eine aktive Teilnahme und Mitwirkung des Herstellers an den Verkäufer-Meetings der VertriebspartnerInnen,
  • durch motivierende, produktorientierte Verkaufsschulungen der Außen- und InnendienstmitarbeiterInnen der VertriebspartnerInnen (statt rein fachlich ausgerichteten Produktschulungen)
  • durch ein gemeinsames Akquirieren potenzieller KundInnen.

Partnerschafts- statt Händlerverträge

Wie können HerstellerInnen ihre VertriebspartnerInnen als engagierte PartnerInnen gewinnen? Die VertriebspartnerInnen sind selbstständige Unternehmen – mit berechtigten Eigeninteressen. Deshalb ist ein beidseitiger Partnerschafts- statt einem einseitigen Händlervertrag die richtige Startbasis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Ein solcher Partnerschaftsvertrag sollte in der Präambel zunächst die Grundsätze der gemeinsamen Marktbearbeitung und die generellen Ziele der Zusammenarbeit beschreiben.

Zudem sollten in ihm folgende Elemente fixiert sein:

  1. Generelle Maßnahmen zur gemeinsamen Marktbearbeitung: Zu welchen Unterstützungen verpflichten sich HerstellerInnen/VertriebspartnerInnen?
  2. Gemeinsame Marketing-Maßnahmen: Wozu verpflichten sich HerstellerInnen/VertriebspartnerInnen in den Bereichen Verkaufsförderung, Messen, Werbung, Marktauftritt usw.?
  3. Bevorratung und Logistik: Wozu verpflichten sich HerstellerInnen/VertriebspartnerInnen, um eine Wettbewerbsdifferenzierung durch optimale, vollständige und zeitnahe Lieferung sicher zu stellen?
  4. Serviceleistungen für KundInnen: Wozu verpflichten sich HerstellerInnen/VertriebspartnerInnen zum Beispiel bezüglich Erreichbarkeit, Ersatzteilversorgung, Instandhaltung?
  5. Menschen, Prozesse, Tools: Was unternehmen HerstellerInnen und VertriebspartnerInnen gemeinsam? Zum Beispiel Produkt- und Verkaufsschulungen für die MitarbeiterInnen der VertriebspartnerInnen, Regelung der Prozesse zur Auftragsabwicklung und Reklamationsbearbeitung, Nutzung von IT-Systemen für CRM, Angebotserstellung und Auftragsabwicklung.

Rechte, Pflichten, Leistung und Gegenleistung – das ist die Basis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit.

Aktive Beziehungspflege betreiben

Eine Kernfrage für die HerstellerInnen ist: Wie motiviere ich die Vertriebsorganisation meiner PartnerInnen? GroßhändlerInnen haben in der Regel ein breites Sortiment. Auch in der Produktgruppe des Herstellers führen sie im Normalfall Wettbewerbsprodukte. Also werden sie von vielen HerstellerInnen mit unzähligen Aktionen, Produktneueinführungen und anderen Aktivitäten „überladen“. Entsprechend wichtig ist es, dass sich HerstellerInnen klar als PartnerIn und nicht nur als LieferantIn positioniert.

Das bedeutet:

  • Beziehungen aufbauen
  • den Abverkaufsprozess unterstützen
  • die ChefInnen und MitarbeiterInnen der VertriebspartnerInnen fordern und fördern

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Eindeutig „Ja“ zum Partner sagen

Ist der/die HändlerIn der/die richtige PartnerIn? Diese Frage müssen der HerstellerInnen mit einem klaren „Ja“ beantworten. Denn bestehen diesbezüglich Zweifel, steht er/sie auch nur bedingt zu ihm/ihr. Das spürt der/die HändlerIn – weshalb zwischen den „Partnern“ keine emotionale Beziehung wächst.

Neben Marktzugang und -potenzial sind Indikatoren dafür:

  • Lassen sich seine VerkäuferInnen für die Produkte der HerstellerInnen begeistern?
  • Sind HändlerInnen bereit, ihre MitarbeiterInnen gezielt für den Verkauf der Produkte der HerstellerInnen schulen zu lassen?
  • Sind VerkäuferInnen dazu bereit, mit den Außendienst-MitarbeiterInnen der HerstellerInnen ZielkundInnen zu besuchen?
  • Sind HändlerInnen offen für das gemeinsame Erstellen und Realisieren von Konzepten zum Erschließen bestimmter ZielkundInnen/Marktsegmente?
  • Sind VertriebspartnerInnen zuverlässig, loyal und halten Vereinbarungen ein?

Regelmäßig kommunizieren und gemeinsam planen

Beim Beantworten der vorgenannten Fragen tauchen in der alltäglichen Zusammenarbeit der HerstellerInnen mit ihren PartnerInnen immer wieder Meinungsunterschiede auf – schließlich haben die Beteiligten teils unterschiedliche Interessen. Deshalb sind, um die emotionale Beziehung der Partner stabil zu halten und eine allmähliche Entfremdung zu vermeiden, regelmäßige, zum Beispiel quartalsweise Review-Gespräche nötig, um die Zusammenarbeit und den Stand der Umsetzung der gemeinsam in den Jahresgesprächen verabschiedeten Ziele zu evaluieren.

Planung bis zum Ende durchdenken

In diesen Jahresgesprächen gilt es nicht nur den Absatz und die Umsätze, also das Ergebnis, sondern auch das wie zu planen – also die Marktbearbeitungs- und Verkaufsprozesse, die zu den gewünschten Ergebnissen führen. Die Kernfrage lautet: Wie können wir gemeinsam den Markt für beide Seiten gewinnbringend bearbeiten? Wichtig ist dabei, dass die PartnerInnen die hiermit verbundenen Prozesse und Aktivitäten konsequent zu Ende denken.

Ein Beispiel aus der Praxis

Bei der Einführung eines neuen Produkts arbeiten die ProduktmanagerInnen der HerstellerInnen oft alle technischen Details hervorragend auf. Die Prospekte erklären das Produkt in allen Farben und die MitarbeiterInnen der HändlerInnen werden mit allen technischen Raffinessen vertraut gemacht. Doch leider befasst sich das Produktmanagement kaum mit der verkäuferischen Umsetzung. Das heißt, die HändlerInnen und ihre MitarbeiterInnen erhalten wenig Informationen zum Markt und Marktumfeld:

  • Welche Zielgruppe ist die geeignete?
  • Zu welchen Anwendungen passt das neue Produkt am besten?
  • Wie sieht das Wettbewerbsumfeld aus?
  • Wie sieht für die Kunden das Preis-Nutzen-Verhältnis im Vergleich zu den Wettbewerberlösungen aus?
  • Wie kann das Produkt in Systemlösungen integriert werden?
  • Welcher Mehrwert wird hierdurch generiert?

Die Partnerschaft pro-aktiv gestalten und leben

Das Beispiel zeigt: Eine Vertriebspartnerschaft muss von beiden Seiten pro-aktiv gelebt werden, damit alle Beteiligten erfolgreich und somit zufrieden sind und uneingeschränkt „Ja“ zur Partnerschaft sagen. Um frühzeitig die Richtlinien der Zusammenarbeit zwischen HerstellerInnen und seinen VertriebspartnerInnen abzustimmen und nicht einseitig festzulegen, ist das Implementieren eines Händlerbeirates sinnvoll.

Regelmäßiger Austausch im Händlerbeirat

Dieser Beirat, bestehend aus InhaberInnen, GeschäftsführerInnen oder auch VerkaufsleiterInnen der VertriebspartnerInnen, trifft sich regelmäßig mit der Geschäftsleitung der HerstellerInnen. In diesen Meetings können strategische Fragen diskutiert und beantwortet werden. So werden Missverständnisse vermieden und die Weichen für eine ertragreiche Zusammenarbeit gestellt.

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Walter Poss

Walter Poss arbeitet als Berater für das auf den Vertrieb von Industriegütern und -dienstleistungen spezialisierte Beratungsunternehmen Peter Schreiber & Partner. Er war 15 Jahre Geschäftsführer bei mehreren marktführenden, mittelständischen Unternehmen. Zuvor sammelte Walter Poss Praxiserfahrung im Direktvertrieb sowie im mehrstufigen Vertrieb von technischen Produkten – als Verkäufer im Außendienst, Key-Account-Manager und Vertriebsleiter. Kontakt: E-Mail: "zentrale@schreiber-training.de"

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