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Mindestlohn ja, Mindestlohn nein, was sagen Sie eigentlich dazu? Diffiziles Thema? Yep! Isses! Also erst mal ein paar Grundlagen aus unserem liebsten Lexikon, Wikipedia:

“ […] Einen allgemeinen, für alle Arbeitsverhältnisse gültigen und durch Gesetz verordneten Mindestlohn gibt es [in Deutschland] bisher nicht, […]. Ein gewisser Mindestschutz hinsichtlich der Höhe des Arbeitsentgelts ergibt sich aus dem Verbot sittenwidriger Löhne […]. Als sittenwidrig werden Löhne jedenfalls dann betrachtet, wenn sie mindestens ein Drittel unterhalb eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns liegen.“

STOP! Sittenwirdrig! Ich liebe ja diesen Begriff! „Sittenstrolch“, „Sittenverfall“, „die guten Sitten“ … was zur Hölle sind „gute Sitten“? Wikipedia, übernehmen Sie:

„Gute Sitten ist der positive moralische Wert der Sitte. Der Begriff umfasst das Gerechtigkeits- und Anstandsgefühl aller moralisch und gerecht Denkenden (Erwachsenen) in der Gesellschaft und entspricht folglich der vorherrschenden Rechts- und Sozialmoral“.

Hui! Das „Gerechtigkeits- und Anstandsgefühl aller moralisch und gerecht Denkenden in der Gesellschaft“… klingt wie in Stein gemeißelt, wie der erste Satz einer freiheitlichen Unabhängigkeitserklärung, man ist gerührt, kurz davor, das Taschentuch zu zücken, um in stiller Andacht eine verhaltene Träne aufzufangen.

Haarsträubend!

Zurück in die Realität! Der Tariflohn für Friseure in Sachsen liegt zwischen vier und sechs Euro pro Stunde (etwa 600 bis 900 Euro Monatslohn). Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber mit meinem „Gerechtigkeits- und Anstandsgefühl als moralisch und gerecht denkender Erwachsener“ lässt sich das nicht mehr vereinbaren!

Moment! Der haarverkürzenden Zunft darf man keinen Cent extra zahlen! Behaupten jedenfalls manche:

„Laut einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle und des Ifo-Instituts birgt das Instrument des Mindestlohns die Gefahr, dass die dadurch gestiegenen Einkommen zu Arbeitsplatzverlusten bei Geringverdienern führen könnten“, heißt es bei Wikipedia.

Also lieber mit Job hungern als ohne Job komplett brotlos? Oder wie jetzt?

Fragen wir die Experten!

Der „Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ resümierte laut Wikipedia anno 2006:

„Als Fazit ergibt sich, dass keines der Argumente für die Einführung eines Mindestlohns wirklich zu überzeugen vermag. […]. Anders als in der Diskussion teils suggeriert, dürfte ein gesetzlicher Mindestlohn in Deutschland durchaus negative Beschäftigungseffekte nach sich ziehen. […]. In Verbindung mit den internationalen Erfahrungen ist daher im Hinblick auf die zu erwartenden Beschäftigungseffekte ausdrücklich vor der Einführung eines Mindestlohns in Deutschland zu warnen.“

Lieber Gott! Ein gar vernichtendes Urteil! Doch Moment! Ein Renegat inmitten der Reihen des Sachverständigenrats! Ein Robin Hood des 21. Jahrhunderts? Oder wie jetzt? Klartext, bitte:

„Ein Mitglied […], Peter Bofinger, vertritt eine abweichende Meinung und schlägt einen Mindestlohn von 5 Euro vor. Seiner Ansicht nach wäre die Einführung eines Mindestlohns nicht mit negativen Beschäftigungsfolgen verbunden“

Exorbitante 5 Euro pro Stunde! Macht bei einer 40-Stunden-Woche 200 Euro, im Monat fette 800 Euro! Brutto!

Zu den Taschenrechnern! Einem unverheirateten 40-jährigen Mann (Steuerklasse 1), der keine Kirchensteuer zahlt, in NRW lebt, gesetzlich krankenversichert ist und keine Kinder hat, bleiben dann netto noch gigantische und an spätrömische Dekadenz erinnernde … 636 Euro und 21 Cent!

Logik, bitte!

Versuchen wir uns der Frage „Mindestlohn – ja oder nein?“ ganz logisch mittels des gesunden Menschenverstandes zu nähern:

„Der Ausdruck gesunder Menschenverstand bezieht sich gewöhnlich auf Plausibilitäten, die auch dem Nichtfachmann einsichtig zu machen sind“, sagt Wikipedia.

  • These 1: Ganz plausibel und eigentlich auch dem Nichtfachmann einleuchtend: Wer 40 Stunden in der Woche arbeitet, sollte von dem Geld, dass er damit verdient, leben können.
  • These 2: Die Armutsgrenze ist eine Einkommensgrenze, unterhalb derer der Erwerb aller lebensnotwendigen Ressourcen nicht mehr möglich ist. Die Armutsgefährdungsgrenze, ab der eine Person im Jahr 2007 als armutsgefährdet galt, lag laut statistischem Bundesamt bei einem Äquivalenzeinkommen von weniger als 913 Euro monatlich.
  • These 3: 636 Euro und 21 Cent sind weniger als 913 Euro.
  • Conclusio: Ein Mindestlohn von fünf Euro/Stunde entspricht nicht dem gesunden Menschenverstand!

Ihre Meinung ist gefragt! Helfen Sie mir auf die Sprünge:

  • Soll es einen gesetzlich vorgeschriebenen, allgemeingültigen Mindestlohn in Deutschland geben?
  • Wenn nein: Warum nicht?
  • Wenn ja: Wie hoch soll er sein?
  • Oder wie jetzt?

(Bild: © Salmon – Fotolia.com)

Der Unternehmer

Der Unternehmer spricht Tacheles! Schonungslos kommentiert er aktuelle Geschehnisse des deutschen Wirtschaftslebens und er will Ihre Meinung dazu hören! Seine Kolumne "Prime Time Tacheles" lesen Sie regelmäßig und exklusiv auf Unternehmer.de!

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