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Im sogenannten Manager-Speak zeitgemäßer Unternehmen kommt das Wort Führung schon kaum mehr vor. Da wird von Leadership und von Management gesprochen, zwei kontroverse Begriffe, die oft bedeutungsgleich verwendet werden. Das sind sie aber nicht. Denn Management hat mit Managen – und Leadership vor allem mit Führen zu tun. Die Vorbildfunktion und das „Mensch sein“ spielen gerade bei letzterem eine wichtige Rolle.

Die Aufgabenschwerpunkte einer Führungskraft – die in gewisser Weise auch als „Rollen“ bezeichnet werden können – sind folgende:

  • Führung
  • Manager/in
  • Fachkraft
  • Mitarbeiter/in
  • Repräsentant/in
  • Vorbild
  • Mensch

Jede Führungskraft hat Präferenzen im Denken und Handeln und kann daher nicht jede dieser Rollen gleich gut erfüllen. Sehen wir uns einige davon ein wenig genauer an.

1. Führen und Managen

Führung kümmert sich um Menschen, der Manager dagegen um alles, was sich Organisieren lässt: das Planen, Ummsetzen und Kontrollieren von Prozessen, Strukturen, Standards etc.

Das Führen hat implizit eine ethische – und das Managen vorrangig eine ökonomische Dimension. Führung entwickelt die Unternehmenskultur, das Management die Strategie.

Die Führungskraft benötigt vor allem soziale und der Manager insbesondere methodische Kompetenzen. Unnötig zu sagen, dass methodische Kompetenzen – wie sie sich etwa in Projekten und Aktionen manifestieren – leichter zu erwerben und zu steuern sind als Soft-Skills.

Schon allein deshalb kommen soziale Kompetenzen vielerorts immer noch zu kurz. Das heißt: In den meisten Unternehmen wird zu viel Management und zu wenig Leadership gelebt. Die Verteilung zwischen sachorientierter und beziehungsorientierter Herangehensweise liegt vielfach bei 80 zu 20. Was ein Fehler ist, denn unternehmerische Top-Performance braucht beides gleichermaßen: gute Führungskräfte und ein gutes Management. Wer nämlich etwas bewegen will, tut sich leichter, wenn er zunächst seine Mitarbeiter/innen zu „Fans“ macht, um sie dann auf Veränderungen einzustimmen. Einem Freund folgt man lieber als einem Feind.

Nicht selten wird jedoch, wenn eine Führungsposition zu besetzen ist, auch heute noch die beste Fachkraft zur Führungskraft gekürt. Solchen „Edelsachbearbeitern“ fehlt dann meist die Führungskompetenz, sie erledigen weiterhin alles selbst. Zwar ist Fachwissen für eine Führungsposition hilfreich, es tritt aber zunehmend an Bedeutung zurück. Ein guter Vorgesetzter orchestriert seine Mannschaft wie ein Dirigent. Dazu braucht er nicht der Beste an der Pauke zu sein. Das Solo wird den ausgewiesenen Experten im Team überlassen. Und die dürfen dafür auch den Applaus einheimsen.

2. Vorbild sein

Ob draußen oder drinnen im Unternehmen: Führungskräfte stehen unter ständiger Beobachtung – wie auf einer offenen Bühne. Daher gilt es, die Führungsrolle so perfekt wie möglich zu spielen, ausdauernd wie ein Schauspieler zu üben und sich nach jeder Performance zu fragen: Wie war ich? Denn das Verhalten der Oberen vervielfältigt sich insbesondere durch ihr Tun. „Es dauert keine 14 Tage“, hat der gute alte Sam Walton, Gründer von Wal-Mart, einmal gesagt, „dann behandeln die Mitarbeiter ihre Kunden genauso, wie sie selbst von ihrem Chef behandelt wurden.“ Bezeichnenderweise heißt es ja auch Vorbild und nicht Vorwort.

Vormachen funktioniert viel besser als vorschreiben.

Erst seit ein paar Jahren wissen wir, was dabei im Hirn passiert: Spiegelneurone werden aktiv. Im Jahr 1992 entdeckte ein Forschungsteam der Universität Parma unter Giacomo Rizzolatti bei Versuchen mit Affen eher zufällig dieses Phänomen. Später wurden Spiegelneurone in immer größerer Zahl auch bei Menschen entdeckt, sogar in unseren Schmerzzentren. Und so spüren wir die Pein wie auch die Freude der Anderen in uns selbst. Solches Mitfühlen, auch Empathie genannt, ist uns angeboren. Menschen übernehmen automatisch Gefühle voneinander, die Emotionen gleichen sich an. Der gesunde Menschenverstand weiß dies schon lange und spricht von gleicher Wellenlänge.

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Spiegelneurone, so der Psychoneuroimmunologe Joachim Bauer, sind „Nervenzellen, die im eigenen Körper ein bestimmtes Programm realisieren können, die aber auch dann aktiv werden, wenn man beobachtet oder auf andere Weise miterlebt, wie ein anderes Individuum dieses Programm in die Tat umsetzt.“ Das heißt, wir erleben, was andere fühlen, in einer inneren Simulation. Dies führt oft zu einer Art emotionaler Ansteckung, zu spontaner Imitation, zum Gleichschritt und zur Kopie von Duktus und Habitus.

3. Über Vormacher und Nachmacher

Nur wenige Menschen sind Vormacher, die meisten sind Nachmacher. Wenn wir selbst nicht ganz sicher sind, dann folgen wir dem, der uns das Gefühl gibt, seiner Sache ganz sicher zu sein. Und das ist zum Beispiel der Chef. Sollten Mitarbeiter/innen erleben, dass ihr Vorgesetzter nicht ehrlich ist, weil er etwa einem Kunden eine falsche Wahrheit präsentiert, so darf damit gerechnet werden, dass die Mitarbeiter/innen sich bei nächster Gelegenheit ähnlich verhalten.

Ob also die Mitarbeiter/innen das positive in einer Kundenbeziehung sehen können, hat maßgeblich mit dem zu tun, was sie bei ihrer Führungskraft hören und beobachten. Macht diese immerzu den schwachen Markt, die Nachfrageverschiebungen, die Tücken der Konkurrenz oder die miese Performance anderer Abteilungen für Misserfolge verantwortlich, so werden die Mitarbeiter/innen schnell das gleiche tun. Wenn diese ständig Negativ-Geschichten über „schwierige“ Kunden, Nörgler und Querulanten hören, dann wird dies deren Einstellung färben. So entwickelt sich schließlich ein „Feindbild Kunde“.

Die Stimmung im Unternehmen breitet sich von oben nach unten aus.

Mitarbeiter/innen sind abhängig von der guten oder schlechten Laune ihres Vorgesetzten. Aus diesem Grunde wird jeden Morgen beobachtet, wie der Chef heute drauf ist. Seine Stimme, seine Gestik, seine Mimik: Alles wird interpretiert. Jedes noch so leicht dahingesagte Wort erhält Gewicht. Ist er gut gelaunt, dann wissen die Mitarbeiter und spüren die Kunden: Heute ist ein guter Tag. So schlägt sich die Stimmung des Chefs unmittelbar auf die Performance der Mitarbeiter/innen und schließlich auf die Ergebnisse nieder.

4. Mensch sein

Es ist immer wieder erstaunlich zu beobachten, wie cool und emotionslos Manager oft wirken wollen. Manche vergraben im Business ihre zwischenmenschlichen Gefühle wie Leichen im Keller. Als gäbe es im Berufsleben kein schlimmeres Vergehen, als sich so zu zeigen, wie man ist.

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Wenn ein Vorgesetzter seine Gefühle zeigt, kommt dies einer Einladung an seine Mitarbeiter/innen gleich, es ihm nachzutun. So erreicht man nicht nur den Kopf, sondern auch das Herz seiner Leute. Wird hingegen nie über Gefühle gesprochen, dann verlagern sich etwaige Konflikte im Team schnell auf die Sachebene. Stundenlang werden dabei Probleme diskutiert, ohne zu einer befriedigenden Lösung zu kommen. Energieblockaden, Ineffizienz und hohe Zeitverluste sind die Folge. Bei Besprechungen und Konferenzen ist dies besonders oft zu beobachten.

Emotionslosigkeit macht Menschen hölzern und steif. Hinter einer Maske distanzierter Kontrolliertheit verbergen sich oft Abgründe von Selbstzweifeln, Verletztheit und Einsamkeit. Gefühle sind die vermeintliche Achillesferse des klassischen Managers. Und ja, es stimmt: Gefühle zu zeigen macht verwundbar – es macht aber auch frei. Erst der bewusste Umgang mit seinen Gefühlen sorgt für Authentizität, und dies wiederum ist die Voraussetzung für Souveränität und Charisma.

Wer den Mut hat, seine Gefühle auszusprechen, der weckt Sympathie.

Und genau auf diese Weise schafft er es schließlich, zu bewegen und zu überzeugen. Komm also raus aus der Black-Box deiner fragwürdigen emotionalen Neutralität und erlaube dir, Gefühle zu zeigen. Man erreicht andere dann am besten, wenn man von sich selbst etwas preisgibt.

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Anne M. Schüller

Anne M. Schüller ist Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Sie zählt zu den gefragtesten Rednern im deutschsprachigen Raum. 2015 wurde sie in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Ihre jüngsten Bücher heißen „Die Orbit-Organisation“ und „Querdenker verzweifelt gesucht“.

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2 Comments

  • Pumpernickel sagt:

    Schön beschrieben! Jetzt geht es nur noch darum, wie man als Mitarbeiter dies seinem Vorgesetzten beibringt :-)

    • Tamara Tamara Todorovic sagt:

      Es freut uns, dass dir der Artikel so gut gefallen hat. Da du dich auch für die MitarbeiterInnen-Seite interessierst: Passend dazu haben wir eine Buchrezension veröffentlicht, aus der du bestimmt einiges mitnehmen kannst.

      Herzliche Grüße
      Tamara von unternehmer.de

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