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Wertschätzung ist die beste Währung für Leistung. Aufrichtiges Loben, berufliche und persönliche Wertschätzung, gegenseitiger Respekt und situative Anerkennung sind maßgebliche Treiber für Mitarbeiter-Spitzenleistungen.

All dies verschafft nicht nur ein gutes Gefühl, sondern verhindert auch negative Formen von Aggression wie Mobbing und Verweigerung. Mitarbeiter wollen als Fachkraft und als Mensch wahrgenommen werden. Und sie verstärken Verhalten, für dass sie Anerkennung bekommen.

Dies muss allerdings immer wieder aufs Neue erfolgen, sonst erlischt der Effekt. Anerkennung ist somit eine permanente Führungsaufgabe. Sie drückt sich auf vielfältige Weise aus: durch den freundlichen Augenkontakt, ein interessiertes Hinhören, ein wohlwollendes Kopfnicken, ein anteilnehmendes Lächeln, ein achtsamer Dank, eine wissbegierige Frage, ein immer wieder neues Verstehen. Übrigens ist der Wunsch Nummer 1 der meisten Mitarbeiter an ihre Führungskraft: öfter mal ein ehrliches, wertschätzendes Lob zu bekommen.

Wertschätzung wirkt

Durch Tadel macht man die Menschen klein, durch Wertschätzung macht man sie groß. Selbst der Größte fühlt sich klein, wenn er nicht die Zuwendung anderer erhält. Staunende Beachtung, bewundernde Aufmerksamkeit und tobender Applaus sind wie reiner Sauerstoff. Sie lassen Leistungen katapultartig nach oben schnellen. Das Gegenteil von positiver Aufmerksamkeit?

Einschüchterung, Entwürdigung und Missachtung oder – schlimmer noch – manipulative Lobhudelei und verbal oder nonverbal gezeigte Verachtung. All dies erstickt jedes Wollen im Keim.

Hinwendung und Akzeptanz sind biologische Grundbedürfnisse. Im Grunde wollen wir stolz sein können auf das, was wir im Rahmen unserer Möglichkeiten zu leisten in der Lage sind. Anerkennung ist gerade das, was stille, zurückhaltende und weniger talentierte Menschen bräuchten, um Mut zu fassen, endlich mal auf volle Leistung hochzufahren. Denn ihre Eigenmotivation ist eher gering. Für den Chef, der ihre Leistungen würdigt, werden sie Großes vollbringen. Und für das Wohl der Kunden wachsen sie dann über sich selbst hinaus.

Wen wir am meisten schätzen, dessen Beachtung brauchen wir übrigens am dringendsten. Diese nicht zu bekommen, das tut besonders weh. So kann Bewunderung schließlich umschlagen in Hass. Oder wir rächen uns still und leise an denen, die uns die ersehnte Aufmerksamkeit verwehren: durch üble Nachrede zum Beispiel. Ist doch klar: Wer andere klein redet, macht damit sich selber groß. Und schon ist alles wieder im Lot. Jede Form von Wertschätzung ist übrigens ein Tauschgeschäft: Wir teilen Komplimente aus, in der Hoffnung, welche zu erhalten.

Wertschätzung ist einer unserer stärksten Motivatoren. Nach Wertschätzung als Mensch und als Profi – und nicht nach Geld – lechzen die meisten Mitarbeiter, vor allem aber die einsamen Manager an der Spitze. High-Performer, also die, die einen reichen Talente-Schatz und ein hohes Maß an Eigenmotivation mitbringen, heizen ihren Energiehaushalt durch Anerkennung von außen an. Warum sonst quälen sich Sportler, um vorderste Plätze zu belegen, warum drängen Promis in die Medien und Machtmenschen auf die Chefsessel. Sie wollen beklatscht, umjubelt und verehrt werden.

„Die Aufmerksamkeit anderer Menschen ist die unwiderstehlichste aller Drogen“, schreibt der Philosoph Georg Franck. „Ihr Bezug sticht jedes andere Einkommen aus. Darum steht der Ruhm über der Macht, darum verblasst der Reichtum neben der Prominenz.“ Bewunderung macht süchtig. Von daher sind Trophäen, Prämien und Incentives als sichtbare Anerkennungszeichen für besondere Leistungen vielen wichtig. Klug gemachte Anreizsysteme fokussieren dabei in ihrer Wirkung voll und ganz auf den loyalen Kunden – und nicht auf das flüchtige Neugeschäft.

In Wertschätzung steckt Schatz. Zeigen Sie den Menschen, welchen Wert, ja welchen Schatz sie darstellen. Wertschätzung sich selbst und anderen gegenüber ist der Schlüssel zur Führung. Wer Wertschätzung erhält, verändert sich. Und wer Wertschätzung gibt, führt die Menschen überall hin. Wenn die Wertschätzung für Kunden und Mitarbeiter bei Ihnen ganz oben auf der Werte-Skala steht, haben Sie die Basis für den unternehmerischen Erfolg schon in der Tasche.

Herstellung von Verbundenheit

Seitdem wir Menschen uns von den Bäumen herunter schwangen und aufrechten Gangs die Welt eroberten, dreht sich bei uns alles um das Leben in kleinen Gruppen. Wir sind Herdentiere und brauchen die Akzeptanz einer schützenden Gemeinschaft. Ausgestoßen zu werden ist das Schlimmste, was uns passieren kann. Allein in der Wüste: der sichere Tod. In vielen Kulturen wird eine Frau, die allein unterwegs ist, immer noch aus Freiwild betrachtet. Genau aus diesem Grund verursacht Mobbing bei vielen Frauen so massive existentielle Ängste. Frauen brauchen Schutzzonen.

Allein sind wir schwach, zusammen sind wir stark. Ein wertvolles und geachtetes Mitglied der Gruppe zu sein: Das gibt uns Sicherheit und Geborgenheit. Soziale Isolation ist eine der schlimmsten Strafen. Sie macht uns aggressiv – oder depressiv. Sie führt übrigens zu einem Absenken des Gelassenheitshormons Serotonin und schließlich zu einem Kollaps celebraler Funktionen. Säuglinge sterben daran.

Verbundenheit entsteht durch Zuneigung und gemeinsames Handeln. Damit geht  ein Gefühl einher, das wir Vertrauen nennen. Begleitet werden diese Prozesse durch einen körpereigenen Botenstoff namens Oxytocin. Das auch gerne Kuschelhormon genannte Oxytocin erhöht unser Glücks- und Genusspotenzial. Es ist neurochemischer Balsam für unsere Seele. Es wirkt entspannend und gesundheitsfördernd – und lässt sogar Wunden schneller heilen. Es wird dann verstärkt hergestellt, wenn es zu einer Begegnung kommt, die feste Bindungen einleiten soll. Es erhöht die Bereitschaft, Vertrauen zu schenken. Gleichzeitig stabilisiert es Beziehungen, die zu seiner Ausschüttung geführt haben. Es belohnt also positive soziale Kontakte und Geselligkeit.

„Bewusst oder unbewusst tendieren wir dazu, unser Verhalten so zu organisieren, dass es in uns zu einer Ausschüttung dieser Substanz kommen möge“, so der Hirnforscher Joachim Bauer, und weiter: „Personen, die durch ihre Zuwendung, durch ihre Anerkennung oder Liebe unsere Oxytocin-Produktion stimuliert haben, werden zusammen mit der Erinnerung an die mit ihnen erlebten guten Gefühle in den Emotionszentren unseres Gehirns abgespeichert.“ Deshalb freuen wir uns, wenn wir gute Freunde und angenehme Kollegen sehen – und diese freuen sich auf uns. Und deshalb gehen wir für geliebte Chefs durchs Feuer – und den ungeliebten laufen wir davon.

Menschen, die eine für sie wichtige Beziehung gefährdet sehen, die abgelehnt oder ausgeschlossen werden, reagieren darauf mit einem Anstieg von Aggressionshormonen. Dies lässt sich übrigens bei Männern verstärkt messen. Die Reaktion darauf ist offen oder verdeckt, gegen andere oder gegen sich selbst gerichtet: Kampf, Zorn, Zerstörung, Verleumdung, Trauer, Depression, je nachdem. Verbietet es sich, die Aggression gegen den eigentlichen Täter, also etwa den Chef zu wenden, dann muss eine dritte Person dafür herhalten: zum Beispiel der Kunde. So führt schlechte Mitarbeiterführung schließlich auch zu Kundenschwund.

Communities: moderne Formen des Herdentriebs

Wir sind lieber eingebettet in die Gemeinschaft eines gut geführten, renommierten Unternehmens, als ständig ‚auf der Flucht‘. Klar, in uns allen steckt der Wunsch nach Abwechslung, vielfach gar der unbändige Drang, zu neuen Ufern aufzubrechen. Und die neue Arbeitswelt macht für viele das ‚nomadische Jobben‘ unumgänglich. Aber gleichzeitig teilen wir das tiefe Bedürfnis nach Zugehörigkeit zu einer Gruppe Gleichgesinnter. Die Massenattraktivität populärer Fußballclubs ist ein sichtbares Zeichen dafür.

Die Sippen und Stammesverbände von früher, das sind die Communities von heute und morgen. Netzwerke sind nichts anderes als moderne Formen des Herdentriebs. In Zeiten der Vereinzelung, der schleichenden Vereinsamung und des sozialen Autismus können Unternehmen und Teams die früheren Kollektive und auseinander brechenden Familienstrukturen ersetzen und den Menschen eine neue Heimat geben. Gerade die junge Generation, in der es erstmals so viele Schlüsselkinder gibt, sucht nach neuen Formen der Verbundenheit. Die Handy- und Internet-Sucht ist der beste Beweis hierfür.

Führungskräfte tun also gut daran, Gemeinschaft und Zusammenhalt unternehmensweit zu fördern. Dazu gibt es unendlich viele Möglichkeiten. Bei Google zum Beispiel treffen sich freitags um 16 Uhr die Mitarbeiter zum ‚Thank-God-its-Friday-Get-Together‘. So kann man die Woche nochmal Revue passieren lassen, Pläne für die Folgewoche machen, etwaig aufgestaute Probleme klären und mit einem Gläschen Prosecco Erfolge feiern. ‚Alle Googler lieben den TGIF, weil es ein toller, gemeinschaftlicher Wochenabschluss ist und wir dann wirklich mit guter Laune ins Wochenende gehen‘, meint Andreas Kobilke, Account Manager bei Google in Hamburg.

Nähe sorgt für Verbundenheit. Wer oft miteinander zu tun hat, sollte daher nicht nur im gleichen Gebäude, sondern möglichst auch im gleichen Stockwerk arbeiten. Wir suchen unsere Mitmenschen am ehesten auf gleicher Ebene auf. Dies ist wohl ein Relikt aus unserer Urzeit als Savannenbewohner. Zu achten ist ferner auf sinnvolle Laufwege, auf einladende offizielle wie informelle Kommunikationsinseln – und auch auf Plauschpausen. Und dort, wo Präsenzarbeitsplätze vom Aussterben bedroht sind, muss virtuelles Plauschen möglich sein: firmeninterne Foren, Blogs und Wikis schaffen das so notwendige Gefühl des Dazugehörens.

Verbundenheit entsteht am ehesten in kleinen Einheiten, Großorganisationen hingegen entfremden. Ein starkes ‚Wir-Gefühl‘ entwickelt sich vor allem aber durch gemeinsam erzielte Ergebnisse und durch Stolz auf die Firma. Dies trägt der Mitarbeiter durch positive Erzählungen schließlich nach draußen. So können die Mitarbeiter zu Loyalitätsmachern im Kundenkreis werden. Mitarbeiter- und Kundenloyalität korrelieren. Wer keine loyalen Mitarbeiter hat, hat auch bald keine loyalen Kunden mehr. Denn Menschen pflegen Beziehungen zu Menschen und nicht zu Unternehmen. Weitere Infos: www.kundenfokussierte-unternehmensfuehrung.com

Weitere Artikel dieser Serie:

Kundenfokussierte Mitarbeiterführung – Wie Lust auf Spitzenleistungen entsteht (Teil I)

(Buchtipp: Anne M. Schüller: Kundennähe in der Chefetage)

(Bild: © ioannis kounadeas – Fotolia.de)

Anne M. Schüller

Anne M. Schüller ist Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Sie zählt zu den gefragtesten Rednern im deutschsprachigen Raum. 2015 wurde sie in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Ihre jüngsten Bücher heißen „Die Orbit-Organisation“ und „Querdenker verzweifelt gesucht“.

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