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Stress in der Übernahmephase? So lässt der Senior los! (Teil IV)

Die turbulente Phase der Unternehmensnachfolge ist für ein Familienunternehmen nicht nur unternehmerisch eine Herausforderung. Sie kann mitunter auch gesundheitlich an die Substanz gehen und so zu langfristigen Krankheitsausfällen führen. Hier bedarf es einer Strategie, um den Stress zu minimieren und die Arbeitsfähigkeit aller Beteiligten wie Familienmitglieder, Führungskräfte und Mitarbeiter zu erhalten.

Als ein Bestandteil der Gesundheitsprävention wird die Beschäftigung mit dem Thema Stress immer wichtiger bei steigenden Anforderungen

  • in der Arbeitswelt,
  • den demographischen Herausforderungen und
  • dem Fachkräftemangel.

Wie kann der Senior Stress verhindern?

  • Was sind die größten Stressklippen?
  • Was können Sie als Senior dafür tun, um diese Klippen zu umschiffen?
  • Wie können Sie als gutes Vorbild für den Nachfolger und die Mitarbeiter im Umgang mit dem Thema Stress vorangehen?

Bis eine Unternehmensübergabe erfolgreich abgeschlossen ist, vergehen in der Regel drei bis fünf Jahre. In dieser Zeit sind viele Entscheidungen zu treffen und viele stressbeladenen Situationen zu durchleben. Es sind quasi viele Klippen zu umschiffen. Damit diese besondere Stressanhäufung nicht zur Belastung wird, ist es notwendig sich frühzeitig damit zu beschäftigen. Da jeder Stress ganz individuell erlebt, ist bei jedem die Schwelle, an der der Stress zur Belastung wird sehr verschieden.

Die Angst vor Veränderungen führt zu Aufschieberitis

Die Unternehmensnachfolge bringt für Sie als Senior eine Trennung von Ihrem bisherigen Leben mit sich. Als Unternehmer nimmt das Wohl der Firma einen großen Platz im eigenen Leben und dem der Familie ein.

Die Angst vor dieser großen Veränderung und den persönlichen Konsequenzen führt oft zu „Aufschieberitis“. Indem das Thema auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird, erhöhen Sie den Stressfaktor auf die anstehende Unternehmensnachfolge. Letztlich kann das bedeuten, dass die komplette Nachfolge in einem kürzeren Zeitraum erledigt werden muss.

Veränderung bringt viele Entscheidungen mit sich

Die Entscheidung ist gefällt. Sie haben Ihr Ruhestandsalter festgelegt. Diese Entscheidung setzt eine Flut von weiteren Entscheidungen in Gang, die ein hohes Stresspotential für alle Beteiligten beinhalten, was die Vorbereitung, Durchführung und Umsetzung betrifft.

Ein neuer Lebensabschnitt beginnt, akzeptieren Sie es!

Veränderungen brauchen Ihre Zeit bis sie zur Routine werden. Zu viele Veränderungen auf einmal sind ein zu hoher Stressfaktor, der mehr Schaden anrichten kann, wie er Gutes bringt.

Nach der Übergabe geht es darum, sich Schritt für Schritt im neuen Lebensabschnitt, der neuen Rolle und den veränderten Aufgaben zurechtzufinden und darin eine neue Zufriedenheit zu finden. Vielleicht bleiben Sie dem Unternehmen noch als Berater erhalten oder Sie widmen sich ganz neuen Aufgaben, die Sie mit Sinn erfüllen.

5 Strategien gegen den Stress in der Übernahmephase

1. Erkenntnis ist der erste Weg zur Besserung

Wie gestresst sind Sie wirklich?

Sich den Stress einzugestehen, fällt immer noch schwer, da Stress leider immer noch als Zeichen von Schwäche betrachtet wird.

„Wer Stress hat, organisiert sich schlecht“

oder

„Wer Stress hat, macht etwas falsch.“

Diese oder ähnliche Überzeugungen führen dazu, dass Stress nicht frühzeitig wahrgenommen wird, sondern erst wenn der Körper oder die Psyche deutliche Krankheitsanzeichen zeigen.

Kennen Sie Ihre eigene Arbeitsfähigkeit!

Eine fundierte Stress-Analyse ist das A und O, um das Stressausmaß zu verdeutlichen und das individuelle Stresserleben positiv zu verändern. Einen guten Überblick hierbei bietet der WAI – work ability index. Der kostenlose Fragebogen hilft dabei, sich ein Bild über die eigene Arbeitsfähigkeit insgesamt zu machen bzw. um das Thema im Unternehmen mit allen Mitarbeitern anzugehen.

Mit kostenlosen Fitness- und Gesundheits-Apps sowie einem Herzfrequenzmessgerät können Sie schwarz auf weiß sehen, wie sich stressige Situationen auf Ihren Körper insbesondere Ihren Herzrhythmus auswirken. Stellen Sie sich eine stressige Situation vor und messen während dieses Gedankenspiels Ihre Herzfrequenz.

Was sind für Sie Stresssituationen und Stressauslöser?

Nehmen Sie sich die Zeit und beobachten Sie sich selbst. Der Stress wird innerhalb von Sekundenbruchteilen ausgelöst und setzt den Verstand zunächst außer Kraft.

  • Was stresst Sie besonders?
  • Welches Ereignis hat den Stress als erstes ausgelöst?
  • Welche Stressauslöser wie Geräusche, Sätze, Verhaltensweisen von anderen, treffen bei Ihnen einen wunden Punkt und rufen eine belastende Reaktion oder Emotion hervor?
  • Ist der Stress mit einer bestimmten Person verbunden?
  • In welchen Situationen fühlen Sie sich gestresst?
  • Beginnt der Stress schon auf dem Weg zur Arbeit im Stau oder belasten Sie die Berge an Arbeit, die nicht kleiner werden, da ständig neue Fragen bezüglich der Nachfolge zu klären sind oder ist das Klima Zuhause bereits angespannt aufgrund der bohrenden Fragen des Partners/der Partnerin?

Wie reagiert Ihr Körper in Stresssituationen?

Versetzen Sie sich in eine stressig erlebte Situation und beschreiben Sie an welcher Stelle in Ihrem Körper sich dieser Stress manifestiert. Haben Sie beispielsweise ein mulmiges Gefühl im Bauch, Atemnot, verkrampfte Nackenmuskeln?

Sobald Sie sich gestresst fühlen, überfluten Emotionen unseren Verstand und übernehmen die Oberhand. Sie können sich vorstellen, dass eine Reaktion unter Stress heftiger ausfällt oder Sie aggressiver agieren lässt, als Sie das normalerweise tun würden. Unser Körper reagiert im Stress nach altbewährten Mustern quasi im Autopilot.

Welches ist Ihr Reaktionsmuster, Kampf oder Flucht?

Das Erkennen des eigenen Stresserlebens ist durchaus aufwendig, aber sehr lohnenswert. Eine komplette Bestandsaufnahme aus den einzelnen Erkenntnisteilen bringt viel Klarheit in den unbewusst verlaufenden Stress-Prozess. Dieses Bewusstwerden allein trägt schon zu einer Veränderung bei.

2. Die Positiv-Schatztruhe: Impulse für positive Gefühle

Die Positiv-Schatztruhe dient dazu, den Stress auszubalancieren. Was genau bedeutet das? Gefangen im Stress, neigt man dazu alles schwarz zu sehen und eine Lösung scheint unmöglich. Jetzt sind positive Impulse wichtig, die Licht in das Dunkel bringen, um sich Stück für Stück aus dieser Gefangenschaft zu befreien. Diese positiven Impulse können

  • Ihre zuvor ausgearbeiteten und notierten Stärken,
  • inspirierende Zitate,
  • Bilder,
  • Düfte,
  • Gegenstände oder Ähnliches sein,

die positive Gefühle bei Ihnen auslösen.

Nehmen Sie sich die Zeit und schaffen sich davon einen Vorrat an. Umgeben Sie sich damit beispielsweise mit einem Foto in Ihrem Geldbeutel, einem Bild an Ihrem Arbeitsplatz oder einem besonderen Stein in Ihrer Hosentasche, damit Sie in Stresssituationen positive Erinnerungen hervorrufen.

3. Einfach und überall umsetzbar: Die Herzatmung

Die Atmung hilft Ihnen dabei auch in stressigen Zeiten die Ruhe zu bewahren bzw. wieder zur Gelassenheit zurückzufinden. Besonders zu empfehlen ist die Herzatmung. Setzen Sie sich dazu bequem hin und legen die Hände übereinander auf das Herz. Stellen Sie sich beim Einatmen vor, diesen Atem mit einem Lächeln zum Herzen zu senden und beim Ausatmen, all das loszulassen, das Sie belastet. Wiederholen Sie den Atemvorgang mindestens drei Mal und vertauschen dann Ihre Hände. Die Hand, die unter der anderen lag, wird jetzt über die andere auf das Herz gelegt. Atmen Sie erneut mindestens drei Mal zum Herzen und von dort wieder aus.

4. Reflektieren Sie sich und Stresssituationen

Eine Veränderung kann immer nur von Ihnen selbst ausgehen. Es geht um Ihre persönliche Sicht einer stressbelastenden Situation. Stellen Sie sich einen vertrauten Berater vor, der Ihre Stresssituation mit anderen Augen sieht und eine andere Beurteilung der Situation ermöglicht.

  • Welche Wahrnehmung der Stresssituation könnte es noch geben?
  • Wie sieht ein Unbeteiligter die Situation oder eine Person des anderen Geschlechts?

Indem Sie andere mögliche Erklärungen finden, lernen Sie eine Position von außen einzunehmen, offen für andere Möglichkeiten zu werden und dadurch nicht zwangsweise dem Stress ausgeliefert zu sein.

5. So schulen Sie Ihr Wahrnehmungslevel

Bei regelmäßiger Analyse von Stresssituation lernen Sie Ihre

  • persönlichen Stresssituationen, -auslöser,
  • Körperreaktionen,
  • Emotions- und Verhaltensmuster

besser kennen. Durch jede dieser Erkenntnisse können Sie schneller erkennen, zu welchem Zeitpunkt Sie sich im Stressmodus befinden und können bestimmte wiederkehrende Auslöser, sogenannte Trigger herausfiltern. Die Herzatmung hilft Ihnen sich aus den emotionalen Verstrickungen zu lösen und die Ruhe immer wieder zurückzugewinnen.

Umgang mit Stress bewusst lernen und zukünftig meistern

Mit diesem Wissen sind Sie auf den Stress vorbereitet und lernen durch regelmäßige und gezielte Betrachtung von Stresssituationen als Beobachter und nicht mehr als Betroffener zu agieren. Versuchen Sie es und Sie werden merken, wie sich Ihr Stresserleben mit der Zeit verändert.

Bis zu Ihrem endgültigen Abschied sind Sie immer noch Vorbild für den Nachfolger und die Mitarbeiter, auch im Umgang mit Stress. Sie haben das Ruder in der Hand und bestimmen den Kurs, auch nach der Übergabe in ihrem neuen Aufgabengebiet.

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Monika Tröppner

ist Trainerin und Business-Coach. Lange war Sie Führungskraft im Personalbereich. Sie begleitet Unternehmer, die ihre Potentiale gezielt einsetzen möchten. Dabei legt sie großes Augenmerk auf die Gesundheitsprävention und die Work-Life-Balance insbesondere im Umgang mit Stress und Konflikten. Ihre Zertifizierung als 9levels Trainerin kommt ihr dabei zugute. Monika Tröppner ist stellv. Leiterin der BDVT Fachgruppe Unternehmensnachfolge. Nähere Infos erhalten Sie unter www.life-potential.de.

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