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Ihrem Unternehmen droht eine Stagnation oder gar Krise als Turnaround-Manager haben Sie die Aufgabe, das Ruder wieder herumzureißen. Die Vorbereitungen sind bereits abgeschlossen; der Wille zu drastischen Veränderungen besteht, das nächste halbe Jahr lässt sich finanziell sicher überbrücken, und Sie haben sich einen ersten Überblick über die Lage verschafft. Nun ist es an der Zeit, die bestehenden Probleme aufzudecken.

Maßnahmen im Bereich Finanzen

In der Regel haben Unternehmen, die in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sind, ein gemeinsames Problem: Den zu geringen Einnahmen stehen zu hohe Ausgaben gegenüber. Deshalb sollten Sie zunächst alle überflüssigen bzw. überteuerten Ausgaben identifizieren: Setzen Sie vorübergehend alle Zahlungsvollmachten außer Kraft, leiten Sie alle Bestellungen und Rechnungen auf Ihren Schreibtisch, und lassen Sie sich deren Notwendigkeit vom zuständigen Mitarbeiter erklären.

Überprüfen Sie, ob die Ware immer pünktlich und in einwandfreier Qualität eintrifft, bevor Sie die Lieferanten bezahlen. Verschaffen Sie sich einen Überblick über die Außenstände, und stellen Sie sicher, dass alle Verbindlichkeiten – etwa Reklamationen und Folgeschäden sowie Rechtsverfahren – korrekt erfasst und realistisch bewertet sind. Kontrollieren Sie auch, ob die Bestände marktgerecht bewertet sind und ob es offensichtliche Überbestände oder veraltetes Material gibt.

Identifizieren Sie anschließend Produkte, Dienstleistungen und Kunden mit negativer Marge. Suchen Sie dabei auch nach nicht berechneten Transportkosten, Skonti, Sonderrabatten, Gutschriften etc., die Sie Geld kosten. Lassen Sie den Verantwortlichen einen Zeitplan, ein neues Preisniveau und einen Kostensenkungsplan aufstellen – und akzeptieren Sie keinerlei Ausreden: Kein Produkt wird unter den Vollkosten verkauft. Niemals. Schon gar nicht während eines Turnarounds.

Mittelfristig lässt sich häufig auch bei den Versicherungen Geld sparen; lassen Sie deshalb einen unabhängigen Makler Ihre Policen prüfen.

Maßnahmen im Bereich Vertrieb

Erfassen Sie alle vertraglichen Verpflichtungen und Haftungen – etwa ungewöhnlich lange Kündigungsfristen von Distributionsverträgen, die Zusage kostenloser Leistungen in Serviceverträgen oder Konventionalstrafen in Liefer- und Betriebsverträgen; so schützen Sie sich vor bösen Überraschungen.

Analysieren Sie dann den Kundenstamm:

  • Über wie viele Kontakte verfügen Sie?
  • Kennen Sie die Entscheidungsträger?
  • Wie viele potenzielle Kunden haben ein Angebot erhalten, wie viele haben tatsächlich bei Ihnen gekauft?
  • Wie groß ist das Verkaufspotenzial, wie hoch sind Angebotswert, Umsatz und Margen?

Finden Sie außerdem heraus, wie viele unzufriedene Kunden Ihr Unternehmen hat, welche Umsätze und Produkte an den Wettbewerb verloren gingen und wie Sie die Probleme kurzfristig in den Griff bekommen.

Machen Sie sich als nächstes bewusst, über welche Argumente Sie Ihre Produkte verkaufen – etwa über den Preis, die Qualität, kurze Lieferzeiten, Nachhaltigkeit, Innovationen oder besondere Dienstleistungen. Finden Sie heraus, ob Ihre Kunden diese Vorteile auch wahrnehmen, und ob sie bereit sind, dafür zu bezahlen.

Außerdem sollten Sie sich einen Überblick über die Effizienz des Vertriebs verschaffen:

  • Wie hoch ist die Auslastung der Mitarbeiter, bestehen freie Kapazitäten?
  • Womit verbringen die Mitarbeiter ihre Zeit?
  • Wer betreut wie viele (und welche) Kunden?
  • Wie hoch sind die Kosten?

Vielleicht stellen Sie fest, dass der Vertrieb reorganisiert werden muss; verschieben Sie diese Maßnahme auf einen späteren Zeitpunkt.

Maßnahmen im Bereich Operations

Überprüfen und bewerten Sie die Bestände:

  • Wie viel und nach welchen Regeln wurde abgeschrieben?
  • Befinden sich im Lager veraltete oder unverkäufliche Produkte – und wenn ja, werden sie in den Büchern zum tatsächlichen Wert oder zum Neuwert geführt?
  • Ist eventuell sogar eine Rückstellung für die Entsorgung erforderlich?

Dabei sollten Sie sich nicht nur auf vorhandene Daten verlassen; kontrollieren Sie die Bestände besser stichprobenartig direkt vor Ort.

Als nächstes stehen Rundgänge in der Produktion auf dem Programm. Identifizieren Sie den Anteil nicht wertschöpfender Tätigkeiten – also Zeiten, in denen Ihre Mitarbeiter beispielsweise nach Teilen und Werkzeugen suchen oder auf die Reparatur einer Maschine warten. Dieser Anteil lässt sich kurzfristig halbieren.

Maßnahmen im Bereich Personal

Auch im Bereich Personal sollten Sie sich möglichst schnell einen Überblick über die wesentlichen Verpflichtungen verschaffen, um Überraschungen zu vermeiden. Sehen Sie sich deshalb den Personalbestand, die Gehaltsstruktur, geplante Neueinstellungen und Abgänge sowie die bestehenden Verträge, Betriebsvereinbarungen und Sonderregelungen näher an.

Prüfen Sie zudem, ob Firmenwagen möglichst kostengünstig beschafft wurden und ob die geplanten Weiterbildungsmaßnahmen gesamtbetrieblich sinnvoll sind. Wurden in der Vergangenheit bestimmte Tätigkeiten aus Kapazitätsgründen ausgelagert, kann zudem ein „Backsourcing“ sinnvoll sein: Das Know-how befindet sich noch im Unternehmen, und Sie schaffen ein Beschäftigungspolster, das Sie später in der Wachstumsphase nutzen können.

Im nächsten Teil der Serie lesen Sie, wie Sie die entdeckten Missstände beseitigen und den Cash-Drain schnellstmöglich eindämmen.

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Ulrich Bühlmann

Ulrich Bühlmann ist als Turnaround-Manager CEO des Sondermotor-Herstellers CEDS Duradrive. Er verfügt über langjährige Erfahrung bei der Umsetzung von Wachstumsstrategien und dem Erschließen neuer Märkte in den Branchen Maschinenbau, Kunststoff und Konsumgüter in West- und Osteuropa sowie in den GUS-Staaten und China.

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