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Konflikte & Stress: Als Führungskraft richtig reagieren!Wer auch in Stresssituationen stets das Steuer in der Hand halten will, muss sich mit seinen inneren Verhaltensautomatismen und Glaubenssätzen befassen.

Warum es keine Alternative zur Selbstreflexion für diejenigen gibt, die ihren inneren Autopiloten abschalten wollen, wird im Folgenden erklärt.

Welche Führungskraft kennt es nicht: Der Erwartungsdruck der Geschäftsführung, Kollegen und Mitarbeiter ist immens, entsprechend groß ist der Stress in wichtigen Verhandlungen, Vorgesetzten- und Kundengesprächen.

Doch gerade in Stresssituationen kommt es zum berühmt-berüchtigten Tunnelblick.

  • Positiv daran ist, dass die Konzentration steigt.
  • Negativ indes wirkt sich der Effekt aus, dass das Gehirn unter Stress auf eingefahrene, meist wenig konstruktive Verhaltensmuster zurückgreift und innere Glaubenssätze unreflektiert das Handeln bestimmen.

Wenn ein Manager zum Beispiel in einer Verhandlungssituation denkt „Achtung, man versucht mal wieder, mich über den Tisch zu ziehen, ich komme zu kurz!“, wird dieser Gedanke sein weiteres Handeln beeinflussen. Möglicherweise wird er in der Folge

  • sein Misstrauen gegenüber dem Gesprächspartner ausdrücken,
  • dessen Vorschläge blockieren oder
  • die Verhandlung ganz platzen lassen.

Langjährige Kundenbeziehungen können so innerhalb von Sekunden schwer belastet, mitunter vollständig zerstört werden, da der Kunde massiv vergrault wird.

All dies kann normalerweise nicht im Interesse dieser Führungskraft sein. Daher kann man davon sprechen, dass sich diese Person in gewisser Weise selbst sabotiert. Denn aufgrund seines automatisierten Verhaltens verspielt der Manager Chancen, die er hätte nutzen können, wenn er nicht in diese Betriebsblindheit geraten wäre.

Selektive Wahrnehmung führt zu Konflikten

Noch komplizierter wird es, da auch beim Gesprächspartner innere Programme ablaufen. Sehr schnell entstehen Konstellationen, die zu andauernden Konflikten führen können. Denn Wahrnehmung ist sehr subjektiv. Jeder betrachtet sich selbst und die Welt so, dass es in das eigene Lebenskonzept passt.

Wer zum Beispiel den Glaubenssatz verinnerlicht hat „Ich komme zu kurz und muss mich deshalb wehren!“, nimmt in der fraglichen Situation nur das wahr, was zu seinen Überzeugungen passt und diese bestätigt. Alles andere wird ausgeblendet. Die eigene Sicht auf Menschen und Situationen wird eingefärbt und an die eigenen Überzeugungen angepasst. Dann aktiviert die betreffende Person meist eines dieser „Notprogramme“:

  • a) Übersteigerte Kontrolle, mehrmaliges wiederholtes Nachfragen. Der Person ist es nicht bewusst, dass sie das Gleiche bereits mehrmals gesagt hat. Sie
    hofft vielmehr, durch die Wiederholung endlich Gehör zu finden.
  • b) Fokussierung auf die geschehene Ungerechtigkeit. Der Fehler liegt zu 100 Prozent beim Gegenüber. Das erlittene Vergehen und Zuwiderhandlungen
    fordern Genugtuung.
  • c) Die Thematik wird versachlicht und die rationale Begründung rückt in den Vordergrund. Eigene Gefühle werden zurückgedrängt und als unwichtig
    abgetan. Die emotionale Distanzierung verschärft die Wortwahl.
  • d) Zynismus, Bagatellisieren und das Formulieren von Nebensächlichkeiten beschreiben das kommunikative Verhalten. Der Andere wird getäuscht
    durch die gewählten Worte. Taten statt Worte, das Gegenüber wird vor vollendete Handlungen gestellt.
  • e) Die Führungskraft sucht (und kämpft) für das eigene Recht. Drohstrategien werden eingesetzt, erste Vernichtungsschläge erfolgen.

Tipp: Betriebsblindheit aufheben & Distanz schaffen

Damit es nicht soweit kommt, sollte das individuelle Denken und Handeln bewusst gemacht und reflektiert werden. Dabei wird häufig deutlich, dass manche Menschen schon im „Normalmodus“, in dem wir uns in der Regel souverän bewegen, dazu neigen, sich vornehmlich ihrer Schwächen bewusst zu sein und diese im Alltag aktiv zu pflegen.

Verstärkt wird diese negative Sichtweise in Stresssituationen, in denen wir nur das wahrnehmen, was wir wahrnehmen wollen – auch wenn diese tendenziöse Sichtweise des eigenen Lebensstilkonzepts die Gedanken und Handlungsfreiräume einengt, etwa durch innere Glaubenssätze wie „Ich muss es alleine schaffen, denn auf die anderen ist wieder einmal kein Verlass“ oder „Erst die Arbeit erledigen – ausruhen kann ich mich, wenn ich tot bin.“

Im Laufe der Zeit erkennt die Führungskraft, in welchen Situationen sie immer gleich reagiert und welche inneren Antreiber ihr Handeln bestimmen. Rechtzeitig wahrzunehmen, was in einer Stresssituation passiert, kann nachhaltig Schaden verhindern. Der innere Beobachter meldet dann: „Ah, das nehme ich persönlich. Ich habe das Gefühl, da ist jemand über meine Grenzen gegangen.“ Dann heißt es, Distanz schaffen zum Geschehen.

Zum Beispiel empfiehlt es sich, sich einen Schlüsselsatz für heikle Situationen zuzulegen, etwa:

  • „Erst einmal ruhig bleiben.“
  • „Zähle langsam bis drei!“
  • „Es gibt für jedes Problem eine Lösung.“

Das klingt zwar banal, doch eine derartige Selbstinstruktion ermöglicht es, sich zu sammeln und sich von einer brenzligen Situation zu distanzieren.

Entscheidend: Dadurch wird der innere Autopilot abgeschaltet. Und diese Distanzierung ist Voraussetzung dafür, dass eine Wahlfreiheit hinsichtlich des eigenen Handelns entsteht. Wer erkennt, dass er keineswegs unbewussten Verhaltensweisen hilflos ausgeliefert ist, behält auch in beruflichen wie privaten Stresssituationen das Steuer in der Hand. Und darauf kommt es an.

Achtung: Energieverlust durch Selbstsabotage!

Viele Führungskräfte schaffen es, wenn sie die Balance im Leben verlieren, immer wieder, sich selbst zu sabotieren. Denn sie schwächen sich selbst, indem sie in brisanten Situationen falsch entscheiden und handeln. Dadurch verlieren sie unnötig Kraft und Energie, die sie in Stress- oder Konfliktsituation benötigen würden.

Die Selbstgespräche und Handlungsmuster in solchen Situationen funktionieren sehr effektiv: Der Mensch fühlt sich unbeholfen, schuldig, unsicher, ungerecht behandelt etc.. Er verbraucht alle zur Verfügung stehende Energie in der Beschäftigung mit sich selbst, um seine Minusgefühle für sich wieder auf eine gute Ebene zu bringen. Koste es, was es wolle.

Die wirkliche Endrechnung, die Realisierung von Verlusten und Selbstschädigung – sei es auf Geschäftseben oder in einer privaten Beziehung – kommt immer erst viel später. Die Selbstsabotage ist perfekt!

Das Buch zum Artikel können Sie auf Amazon bestellen: „Ich bin mein eigener Coach – Wie Sie innere Gegensätze in Autonomie verwandeln“

Urs R. Bärtschi

Urs R. Bärtschi ist Gründer, Inhaber und Leiter der Coachingplus GmbH in Kloten/Schweiz. Er ist seit fast 20 Jahren als Coach und Berater tätig. Als Ausbildungsleiter unterrichtet er den 10-tägigen Studiengang für angewandtes Coaching, eine der meistbesuchten Coaching-Ausbildungen in der Schweiz. Die Ausbildung fokussiert sich auf die Schwerpunkte Persönlichkeitsentwicklung, Laufbahnberatung, Führungstraining und Konfliktmanagement.

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