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Die gefallenen Engel vom ADAC: Warum Wirtschaftsethik für Unternehmen wichtig ist!

Die Fassade einer weiteren, lange Zeit als vertrauenswürdig geschätzten Instanz beginnt zu bröckeln: Die Affäre um gefälschte Zahlen beim Autopreis „Gelber Engel“ hat nicht nur drastische Folgen für den ADAC-Club selbst, sondern lässt auch die Frage erneut aufkommen:

Büßt das Verfolgen wirtschaftstethischer Prinzipien seinen kompletten Geltungsanspruch ein? Welche Konsequenzen ziehen Verbraucher und Akteure aus diesem neuerlichen Vertrauensbruch? Und welchen Sinn hat es noch, Wirtschaftsethik nicht bloß als Studienfach, sondern als tragende und wichtige Unternehmenssäule anzusehen?

Das Negativbeispiel ADAC

Seit Bekanntwerden der jüngsten Entwicklungen hat der ADAC rund 15.000 Mitglieder verloren. So zumindest zeichnet sich eine Schätzung aus den bisher eingegangenen Kündigungen von 66.233 Personen im Januar ab. Im Vergleichsmonat des Jahres 2013 waren es nur 51.805.

Die Zeit berichtete über frisierte Zahlen bei der Wahl zum Lieblingsauto der Deutschen, Dienstreisen des Präsidiums mit den Rettungshubschraubern sowie Enthüllungen dubioser Geschäfte des Club-Vorstands und nun fallen auch die Gelben Engel selbst: Die vielerorts gelobten Pannenhelfer sollen sich auf dreiste Art und Weise Bonuszahlungen „erwirtschaftet“ haben, indem sie meist völlig unnötig ihren Kunden eigens für den ADAC angefertigte Auto-Batterien der Firma Varta verkauften haben, so der Stern.

Ein Manipulationsskandal und seine Folgen

Die Konsequenzen dieser moralisch fragwürdigen Praktiken kommen nun allmählich zum Tragen: Jahrelange Stammkundschaft wendet sich enttäuscht ab. So gingen bis Mitte Januar etwa 29.000 neue Mitgliedschaftsanfragen beim Auto Club Europa (ACE) ein. „Das ist für unsere Verhältnisse recht beachtlich“, meint ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner dazu. Die Marke der zuverlässigen „Engel“ wankt, der Imageverlust verheerend. Wir fragen uns nun: Wie konnte es soweit kommen?

Von Löwen und Lämmern: Die Wirkprinzipien des modernen Marktes

Ohne eine andere politische Debatte aufgreifen zu wollen, die jüngst höchste mediale Aufmerksamkeit genießt, zeigt sich ein immer deutlicheres Bild: Die Verbraucher verlieren zunehmend Vertrauen in moralische Vorbilder. Ob Banken, steuerhinterziehende Politiker oder nun der ADAC – ethische Leitlinien scheinen immer stärker in den Hintergrund zu rücken. Das wirft die Frage nach den strippenziehenden, den richtungsgebenden Wirkkräften auf. Was zeigt sich hier, in den moralischen Verfehlungen Einzelner und ganzer Institutionen?

Sind es am Ende nur die urmenschlichen Bedürfnisse nach Macht und Leistung, die uns in den neusten Enthüllungen präsentiert werden? Ich möchte an dieser Stelle keine Grundsatzdiskussion über das Wesen des Menschen oder die Überspitzung bestimmter Bestrebungen im „Homo oeconomicus“ beginnen. Uns geht es vor allem darum, noch einmal bewusst zu machen, dass die ökonomische Grundordnung und Balance ins Wanken gerät, wenn frohen Mutes weiter wirtschaftsethische Leitlinien über Bord geworfen werden.

Ethische Prinzipien bedeuten echten Mehrwert für Unternehmen

Es ist uns ein Anliegen, tiefgreifendes Bewusstsein für die Einhaltung der Grundideen des marktwirtschaftlichen Handelns zu wecken. Die Sinnhaftigkeit dessen misst sich dabei nicht nur menschlich, sondern auch betriebswirtschaftlich. Bereits im Dezember des vergangenen Jahres haben wir dazu einen mehrteiligen Artikel verfasst, in dem ganz unterschiedliche Vorteile für Unternehmen, aber auch für einzelne Mitarbeiter und Führungskräfte dargestellt wurden.

Die Kündigungswelle beim ADAC bestätigt es sehr deutlich: Menschen erwarten wirkliche Integrität öffentlicher Instanzen und Unternehmen, denen sie sich materiell wie ideell verbunden fühlen. Nicht nur in monetärer Hinsicht, als entsprechende Gegenleistung für gezahlte Beiträge und Sonderkonditionen werden Vertrauen und Sicherheit vorausgesetzt. Zeichnet es sich weiter ab, dass Vorbilder dessen ungeachtet Vertrauen verspielen und sich auf Kosten der Verbraucher  bereichern, werden sich nicht wenige fragen: Weshalb soll ich dann noch moralisch handeln? Der resultierende Egoismus und Selbsterhaltungstrieb unter Konsumenten und Anbietern wird unnötig verschärft.

Es muss wieder klar werden, dass Wirtschaftsethik nicht nur eine „nette Theorie“ studierter Schöngeister ist, fernab des marktwirtschaftlichen Alltags. Wirtschaftsethische Ideale bieten direkten und nachhaltigen Mehrwert. Der Profit ist nicht nur sehr viel ehrlicher und konstanter erwirtschaftet, wenn man Ethik nicht als Ballast empfindet. Vertrauen, Sicherheit und ausbalanciertes, unverfälschtes Geben und Nehmen sind die Eckpfeiler einer stabilen Wirtschaftsordnung.

Soziale Züge geben unserer Wirtschaftsordnung eine Zukunft

Die momentanen Entwicklungen rund um Zahlenmanipulationen und Extraleistungen zeigen, wie automatisiert und ferngesteuert einzelne Marktführer teilweise agieren. Es werden Preise und Richtungen bestimmt, denen sich der oftmals ahnungslose Kunde ergeben muss. Für kleine und mittelständische Unternehmen ist es an dieser Stelle besonders schwer, gewinnbringenden Erfolg zu erzielen. Besonders dann, wenn sich nicht mit trügerischen Praktiken geholfen wird, sprich ethisch und moralisch integer gegenüber Kunden und Gesellschaft vermarktet wird.

Dem ADAC wird, laut einem Artikel der Zeit, vorgeworfen, Markenhersteller besonders zu bevorzugen, etwa wenn es um die jährlich durchgeführten Reifen-Tests geht. Auch ich habe mich auf die Zuverlässigkeit dieser Rankings verlassen. An welcher Stelle haben hier kleinere Unternehmen denn eine tatsächliche Chance, allein durch die Qualität ihrer Produkte aufzufallen? Wer kann uns jetzt zweifelsfrei garantieren, dass die vordersten Plätze auch tatsächlich von den besten Anbietern belegt werden und nicht nur von denen mit dem größten Budget?

Wem können Verbraucher noch vertrauen?

An diesem Beispiel lassen sich  die Folgen gebrochener Versprechen deutlich erkennen: Die Verbraucher zweifeln am Urteil des einst so standfest geglaubten ADAC-Clubs. Sie blicken in Richtung Konkurrenz und suchen vertrauenswürdigere Alternativen. Das Ausmaß dieses Image- und Geldverlusts bleibt in seiner ganzen Fülle noch abzuwarten.

Eines ist jedoch schon jetzt klar: Es wird in den Köpfen der Kunden verbleiben. Hier wurde der über Jahre aufgebauter Glaube an eine zuverlässige Instanz nachhaltig beschädigt. Um dieses zurückzugewinnen, bedarf es mehr als entschuldigender Worte und halbherziger Beschwichtigungsversuche. Die Menschen müssen wieder anfangen, einen Sinn und Mehrwert in ihren ideellen und materiellen Investitionen zu sehen.

Genau hier liegt das große Plus eines wirtschaftsethischen Leitbilds: Das Wissen, dass man sich auf den anderen verlassen kann und sein Geld (und Vertrauen) auch nachhaltig Früchte tragen wird. Bieten Unternehmen ihren Kunden solidarische, faire Produkte und nützliche Dienstleistungen mit Transparenz, können sie im Gegenzug auf einen stabilen Kundenstamm bauen, der auch in wirtschaftlichen Krisenzeiten zu ihnen halten wird: Weil sie dem Unternehmen vertrauen.

Quellen:

Oliver Marquardt

Oliver Marquardt ist studierter Kommunikationsdesigner. Er arbeitete als Texter in renommierten Werbeagenturen, bevor er sich als Marketing- und Kommunikationsberater für Großunternehmen selbstständig machte. Mittlerweile ist er gefragter Berater für Markenentwicklung im Mittelstand und Autor vieler Fachartikel. 2013 gründete er zusammen mit seiner Frau das Büro "Marquardt+Compagnie" für wertebasierte Markenentwicklung. Privat spielt Golf, produziert Musik und kocht gerne.

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