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BarcampsAus der IT-Branche kommend etablierten sich Barcamps in den letzten Jahren in zahlreichen Themenbereichen. Bei dieser jungen Eventform, die sich als Alternative zur klassischen Konferenz versteht, gibt es nur Teilnehmer aber keine vorab festgelegten Redner.

Wie funktioniert das genau? Und welche Chancen bieten sich für Unternehmer? Türe auf, wir betreten einen Sessionraum während eines Barcamps: Vorne steht der Referent, der morgens spontan ein Thema vorgeschlagen hat, und erläutert Verhandlungsstrategien. Die Teilnehmer hören gespannt zu. Immer wieder unterbrechen sie den Referenten, um Fragen zu stellen.

Aber auch um eigene Erfahrungen und Beispiele einzubringen, die das soeben Gesagte ergänzen. Zwischen ihnen und dem Referenten entsteht ein lebhafter Dialog. „Jan“ steht auf meinem Namensschild. Alle duzen sich und begegnen sich in einer offenen Atmosphäre. Jeder bringt sich ein, jeder redet mit jedem. „Ich finde schön, dass sich Menschen auf Augenhöhe begegnen. Es geht nicht um Titel, sondern darum, was jeder beitragen kann und was jeder mitnehmen kann“, sagt Meike Schneider, eine Unternehmerin aus Stuttgart. „Man wird mit Themen konfrontiert, die ich nicht erwartet habe, die meinen Horizont erweitern und mich inspirieren.“

Andauernde Kaffeepause

Manch einer kennt eine solche Stimmung nur von den Kaffeepausen auf klassischen Konferenzen – bei Barcamps wird sie zum Prinzip. Um das besser zu verstehen, spulen wir zurück zum Start und schauen uns den typischen Ablauf eines Barcamps von Beginn an. Daran sind die Besonderheiten dieses Eventformats und seinen Vorteilen am besten zu verstehen.

Die meisten Barcamps dauern zwei Tage, oftmals über ein Wochenende. Dabei treffen sich die Teilnehmer am ersten Tag zum Frühstück, kommen ins Gespräch und können erste Kontakte knüpfen. Nach einer kurzen Begrüßung folgt meistens eine Vorstellungsrunde, bei der sich alle mit Name und drei Stichworten vorstellen. Daran schließt sich die Planung der Workshops, hier Sessions genannt, an.

Dabei haben alle Teilnehmer die Möglichkeit, eine Session anzubieten. Das können kleine Präsentationen, praktische Workshops, Diskussionsrunden oder auch offene Fragerunden sein. Wer etwas beitragen möchte, stellt sein Thema mit einem kurzen Pitch auf der Bühne vor und erfragt das Interesse unter den Anwesenden. Abhängig hiervon werden ein Raum und eine Uhrzeit festgelegt, zu der diese Session stattfindet. Durch die verschiedenen Beiträge entsteht so in kurzer Zeit ein Tagesprogramm, bei dem zahlreiche Themen jeweils parallel angeboten werden.

Dauert ein Barcamp zwei Tage, wird diese Sessionplanung am zweiten Tag wiederholt. Dabei können neue Sessions angeboten oder solche vom Vortag vertieft werden. Tagsüber gibt es in den Pausen gemeinsame Mahlzeiten, sodass die Teilnehmer in Kontakt und im Austausch bleiben.

Ein Barcamp lässt sich also am besten als spontane Konferenz beschreiben, bei der am Veranstaltungstag die Workshops morgens von den Teilnehmern gemeinsam festgelegt werden. Dass es aber viel mehr als das ist, erfährt man, wenn man das erste Mal die Stimmung auf einem Barcamp erlebt hat.

Aktuelles Wissen trifft Networking und Spaß

Ein klarer Vorteil ist die Aktualität des Programms. Was gestern passiert ist, kann heute bereits in einer Session aufgegriffen werden. Vor allem in Branchen mit einem kurzen Innovationszyklus ist dies ein entscheidender Unterschied gegenüber klassischen Konferenzen.

Barcamps fordern Teilnehmer auf, sich zu engagieren und ihre eigenen Inhalte, Fragen und Wissen einzubringen. Man kann dieses Prinzip mit Wikipedia vergleichen, wo verschiedene Personen Wissen zusammenführen und ein umfangreiches Gesamtwerk entsteht. Dazu müssen nicht alle eigene Sessions anbieten. Man kann sich ebenso in anderen Sessions mit Fragen, Ergänzungen und Erfahrungen einbringen. Ebenfalls ähnlich zu Wikipedia, wo man keine neuen Artikel anlegen muss, sondern bestehende editieren kann, um etwas beizutragen.

Die Praxis vieler hundert Barcamps weltweit zeigt, dass diese offene Begegnung auf Augenhöhe einen sehr effizienten Wissensaustausch ermöglicht. Gordon Geisler, Coach und Unternehmer aus Karlsruhe, formulierte das im Nachgang des LifeWorkCamps mit den Worten: „Es ist schön zu sehen, dass alle etwas hineingeben und dabei jeder mehr bekommt, als er gegeben hat.“ Barcamps sind aber auch ideale Networkingplattformen. Durch das aktive Einbringen aller, können die Teilnehmer neue Kontakte schnell einschätzen und ihre Kompetenz sowie Erfahrung erkennen.

Jeder, der bereits Barcamps besucht hat, wird bestätigen, dass es unglaublich viel Spaß macht. Gerade in den Abendstunden werden oft lockere Sessions mit Spielen oder Filmen angeboten, sodass man sich nochmal auf einer anderen Ebene kennen lernen kann.Lassen Sie sich in diesem Zusammenhang bitte nicht vom Begriff „Barcamp“ abschrecken. Der hat nichts mit einer Cocktailbar zu tun, sondern ist ein Wortspiel aus der IT-Welt. Es lehnt sich an das „FooCamp“, das der Vorläufer von Barcamps war, an.

(Illustration: © mediendesign)

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Jan Theofel

Jan Theofel hat seit 2007 über 50 Barcamps besucht. Er ist Organisator zahlreicher Barcamps, u. a. des etablierten Barcamps in Stuttgart. Er arbeitet als Coach und Barcamp-Organisator. www.theofel.com

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