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Das simple 4-Schritte-Modell der Werbung „AIDA“ (für attention, interest, desire, action) wird noch heute manchmal auch als Vertriebsprozessmodel missbraucht. In diesem Fall kommt dem Verkäufer die Aufgabe zu, aufzuschrecken, Interesse zu wecken, Verlangen zu stimulieren und die Kaufhandlung einzufordern. Werbung ist oft auf nicht-interaktive „Berieselung“ des Konsumenten beschränkt. Daher mag dieser Ansatz in der Werbewelt noch seinen Platz haben. Im Verkauf ist er schon deshalb ungeeignet, weil für die wichtigste Person, den Kunden, hier keine aktive Rolle vorgesehen ist.

Dieser Ansatz passte in ein Paradigma, in dem der Kunde der passiv Leidende war. Die aktive Rolle im Prozess war dem Verkäufer zugedacht, der die Wunder seines Berufes wirkte und verkaufte.

Aber tatsächlich entscheidet der Kunde, ob ein Geschäft zustande kommt oder nicht – nicht der Verkäufer. Der Verkäufer kann diese Entscheidung begleiten, dabei helfen, diese erleichtern oder erschweren (sogar verhindern). Treffen kann er die Entscheidung aber nicht.

Genau genommen muss man also nicht vom Verkaufen, sondern vom Kaufen sprechen. Und über die Rolle des Verkäufers im Kaufprozess.

In seiner grundlegenden Form besteht der Kaufprozess aus 4 Schritten

Der potentielle Käufer fragt sich:

  • Traue ich dem Verkäufer?
  • Versteht der Verkäufer wirklich meine Wünsche?
  • Kann der Verkäufer diesen Wunsch/diese Wünsche erfüllen?
  • Und kauft, wenn alles passt.

Dem Verkäufer kommen dabei folgende Aufgaben zu:

  • Die Herstellung einer tragfähigen Beziehung durch Vertrauensaufbau
  • Die genaue Erkundung des Interessenten
  • Die Präsentation eines auf den zuvor ermittelten Kaufwünschen basierten Angebotes
  • Den Kunden kaufen lassen

Mit wenigen Ausnahmen finden wir diese 4 Schritte in jedem Kaufprozess an dem zwei oder mehr Menschen beteiligt sind. Je nach Situation mag das Modell komplexer werden und Schleifen oder Zwischenschritte können notwendig werden.

Warum ist die Kenntnis dieses Modells für Verkäufer wichtig?

Wer das Modell kennt, kann den Interessenten auf natürliche Art erfolgreich bis zum Kauf begleiten und unterstützen. Ein Verkäufer, der sich an diesem Modell orientiert und seine Aufgaben in der vom Kaufprozess vorgegebenen Folge wahrnimmt, steigert seine Erfolgsaussichten enorm.

Zudem kann er gut erkennen, wo sich eine Investition in ein Angebot nicht lohnt. Er kann den Kunden ruhigen Gewissens „ausqualifizieren“ und aus dem Prozess aussteigen. Anstatt freiwillig auszusteigen, werden Verkäufer aber immer wieder vom Interessenten „herausgeworfen“.

Wodurch verhindern Verkäufer im Verlauf des Kaufprozesses den Auftrag?

Viele scheitern schon am Beziehungsaufbau. Anstatt das Misstrauen des Interessenten abzubauen, verstärken Sie durch ihr Verhalten noch den „Fluchtimpuls“ indem sie den Interessenten bedrängen und Druck ausüben. Beim Kampf gegen die so provozierten Vorwände kann der Verkäufer nur noch verlieren.

Zu oft wird auch die nächste Stufe, das erKUNDEN, nicht oder nur unvollständig durchlaufen. Der Verkäufer präsentiert bereits seine Lösung, kennt aber das wahre Problem noch gar nicht. Dieses Verhalten provoziert nun die gefürchteten Einwände. Die Verteidigung der eigenen Position wird zum Kampf gegen den Kunden. Und diesen Kampf kann man nicht gewinnen, oder?

Wer nun bei der Präsentation des Angebotes nicht passgenau nur die für den Interessenten wichtigen Argumente vorbringt, kann einen ansonsten sicheren Kaufakt noch verhindern. Zum einen, weil der Kunde nicht zum handeln kommt, da der Verkäufer ständig agiert, zum anderen, weil mit neuen Aspekten neue Fragen und Verunsicherungen aufkommen. Das wiederum nimmt dem Kunden die Lust Kunde zu werden oder provoziert Einwände.

Von diesem Fehler abgesehen, werden sich in dieser Stufe auch Fehler aus den vorangegangenen Stufen rächen. Ist der Kaufprozess nicht bereits vorzeitig beendet worden, und man hat diese „Altlast“ bis in die letzte Stufe mitgeschleppt, so wird der Kunde bei diesem Verkäufer nicht kaufen.

Denn der Interessent fühlt, „Ich mag Ihn nicht.“, „Der versteht mich nicht.“, „Das brauche ich nicht.“ oder sogar alles zusammen. Wurde der Kaufwunsch dennoch stark genug gefördert oder nicht gänzlich erstickt, kauft der Kunde jetzt aber doch – bei einem anderen. Gerne auch teurer.

(Bild: © raven – Fotolia.com)

Bernd Haller

Nach jahrzehntelanger Praxis im Investitionsgütervertrieb gibt Bernd Haller heute sein Wissen als Vertriebstrainer weiter. Selbst technisch ausgebildet, konzentriert er sich dabei auf technische Vertriebe. Hier hilft er Vertriebsleitern bei der besseren Planbarkeit von Projekten, Key Account Teams beim systematischen Vorgehen und Vertriebsbeauftragten mit erfolgreichen Konzepten.

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